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Kosten viel Geld: Reinräume wie sie für Intel's Chip-Fabriken in Magdeburg gebaut werden müssen Bildrechte: Intel Corporation/dpa

European Chips ActIntel-Ansiedlung: Sachsen-Anhalt will bei EU-Staaten für Milliarden-Hilfen werben

15. Juli 2022, 18:58 Uhr

Für seine Fabrikpläne in Magdeburg baut Intel auf großzügige staatliche Hilfen. Deutschland hat dafür bereits 6,8 Milliarden Euro bereitgestellt, ein notwendiges Gesetz auf EU-Ebene lässt allerdings auf sich warten. Sachsen-Anhalts Landesregierung will nun helfen.

Ein 43 Milliarden Euro schweres Investitionsprogramm für Europas Chipindustrie stößt im EU-Parlament auf Kritik. Deutlich wurde das am Donnerstag bei einer Anhörung des zuständigen Ausschusses für Industrie, Forschung und Energie. Abgeordnete verschiedener Länder und Fraktionen bemängelten unter anderem, dass die Gelder in der derzeitigen Planung der EU-Kommission weder fair noch effizient verteilt seien. Für Sachsen-Anhalt ist das von besonderer Relevanz: An dem European Chips Act genannten Paket hängen auch die Milliarden-Subventionen für die Intel-Ansiedlung in Magdeburg.

Der MDR-Schwerpunkt

Zwar hat der Bundestag bereits Anfang Juni insgesamt 6,8 Milliarden Euro für den Bau von zwei Fabriken im Süden der Stadt bereitgestellt. Damit das Geld es in den nächsten zweieinhalb Jahren aber auch fließen kann, braucht es eine Änderung des EU-Beihilferechts. Diese ist Bestandteil des Chips Act. Intel will EU-weit insgesamt 33 Milliarden Euro investieren, knapp die Hälfte davon ist für Magdeburg bestimmt. Ohne staatliche Hilfen geht das allerdings nicht, hieß es bislang vom US-Konzern.

Intel und Wirtschaftsminister Schulze werben für Investitionen

Intel-Cheflobbyist für Europa, Hendrik Bourgeois, verwies im Industrieausschuss auf die ehrgeizigen Ziele der EU. Bis 2030 will die EU-Kommission den Anteil der heimischen Chipindustrie am Weltmarkt auf 20 Prozent steigern. Aktuell sind es weniger als zehn. "Diese Herausforderung kann Europa nicht alleine lösen", sagte Bourgeois. "Es braucht den Zugang zu führenden Technologie-Herstellern." Intel stünde als verlässlicher Partner bereit. Der Konzern könne zugleich als Brücke in die USA dienen, die aktuell vor ähnlichen Problemen stünden.

Sachsen-Anhalts Wirtschaftminister Sven Schulze (CDU) verfolgte die Anhörung am Donnerstag vor Ort. Schulze war mit einer gemeinsamen Delegation von Land und Intel zu Gesprächen nach Brüssel gereist.

Beide Seiten gingen aktuell davon aus, dass der Chips Act bis Ende dieses Jahres verabschiedet wird, sagte Schulze anschließend MDR SACHSEN-ANHALT. Bis dahin könnten die Landesregierung und die Stadt Magdeburg auch noch vieles für den Baustart organisieren. "Wir brauchen allerdings relativ schnell ein Zeichen, dass wir starten können", so Schulze weiter.

Intel will 2023 mit dem Bau der Fabriken beginnen. Frühestens ab 2026 würde dann in Magdeburg produziert. Sollte sich der Chips Act auch nur um einige Monate verzögern, könnte das laut Schulze Auswirkungen auf den gesamten Bau haben.

Chips Act dürfte dennoch erst 2023 Realität werden

An dieser Stelle bremst Henrike Hahn die Erwartungen. Die grüne Europaabgeordnete begleitet das Gesetzgebungsverfahren im Industrieausschuss. Und nach der bisherigen Planung, so Hahn, soll der Chips Act erst Anfang 2023 abschließend im Industrieausschuss beraten werden. Im Anschluss stünden dann noch die Abstimmung im Parlament und die Verhandlungen mit dem Europäischen Rat und der EU-Kommission an.

Vor allem aber muss der bisherige Plan überarbeitet werden. Im Parlament scheine es dafür "ein parteiübergreifendes Einvernehmen" geben, sagte Hahn. Strittig sei vor allem, dass ein Großteil der EU-Gelder keine neuen Mittel sind, sondern bereits bestehende Töpfe dafür umgewidmet würden. Bislang würden die Mitgliedsstaaten zusammen 30 Milliarden Euro für das Programm geben, die EU selbst weitere 13 Milliarden.

Für Hahn ist die generelle Ausrichtung dennoch klar: "Wir müssen unsere bereits starken Forschungs- und Entwicklungskapazitäten ausbauen und auf Chipdesign und Engineering setzen."

Eine andere Frage ist, ob alle Länder gleichermaßen von dem Maßnahmenpaket profitieren würden. Im Industrieausschuss argumentieren einige Abgeordnete, das bislang vor allem Länder mit einer bereits bestehenden Halbleiterindustrie Vorteile hätten. Dazu zählt auch Deutschland.

Sachsen-Anhalt plant Lobbyabend für Kritiker in Brüssel

Hier will Sachsen-Anhalts Landesregierung aktiv werden. Laut Wirtschaftsminister Sven Schulze will man zögerliche Mitgliedsstaaten bei einem Parlamentarischen Abend in Brüssel überzeugen. "Der Chips Act hilft der Wettbewerbsfähigkeit der gesamten EU", sagte Schulze. Auch Länder, die keine Halbleiter- wohl aber eine Autoindustrie besitzen, würden von einer besseren Versorgungslage mit Chips profitieren.

Auch in Sachsen drängt man auf eine schnelle Verabschiedung. Im Mai verlegte Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) extra eine Kabinettsitzung nach Brüssel. Sächsische Standorte hatten im Rennen um die Intel-Ansiedlung zwar das Nachsehen gehabt, Dresden gehört europaweit aber zu den größten Produktionsstandorten für Chips.

Europas Chipindustrie hängt im internationalen Vergleich hinterher. Andere Wirtschaftszweige wie die Autoindustrie sind auf Halbleiter aus China oder Taiwan angewiesen. Kommt es zu Versorgungsengpässen, etwa weil gerade eine globale Pandemie ausgebrochen ist, stehen schnell die Bänder still. So geschehen im vergangenen Jahr. Der European Chips Act entstand auch in Reaktion auf diese Krise.

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MDR (Thomas Vorreyer)

Dieses Thema im Programm:MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 15. Juli 2022 | 21:00 Uhr

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