Chiphersteller Neues Intel-Werk: Was für den Standort Magdeburg spricht

15. März 2022, 16:40 Uhr

In Sachsen-Anhalt steht eine Großansiedlung des Chipherstellers Intel kurz bevor. Lange galt Dresden als Favorit auf die neue Megafabrik für Europa. Womit Magdeburg am Ende überzeugen konnte.

Ein harter Konkurrenzkampf mit anderen Standorten, geheime Besuchstermine und Gespräche in Berliner Edel-Adressen, eine lange Checkliste vom Investor für die Politik: So liefen vor einiger Zeit die Verhandlungen zwischen dem Autohersteller Tesla und dem Land Brandenburg. Der Deal hat deutlich gemacht, wie heutzutage eine Großansiedlung an bzw. ins Land gezogen wird. Mit 5,8 Milliarden Euro ist die Fabrik in Grünheide das größte Investitionsvorhaben in Deutschland. Bislang.

Intel scoutete in Europa

Der US-amerikanische Chiphersteller Intel will in Europa rund 85 Milliarden Euro in neue Produktionsstätten investieren. 17 Milliarden davon fließen nach Deutschland, genauer gesagt nach Magdeburg.

Intel-Chef Patrick Gelsinger reiste letztes Jahr durch Europa, informierte sich bei den Regierungen verschiedener Staaten. Für einen Fabrikstandort sind am Ende mehrere deutsche Orte mit in der engeren Auswahl: Dresden, Schwerin, das westliche Oberbayern und eben Magdeburg.

Dass hier alle Beteiligten, von der Landes- bis zur Kommunalpolitik und Verwaltung, an einem Strang ziehen, verdeutlicht allein die Tatsache, dass bis heute niemand sich öffentlich äußern will. Das gleiche gilt für Intel selbst.

Nur einmal hat Magdeburgs Oberbürgermeister Lutz Trümper (SPD) mehr als halb angedeutet, dass die Stadt um einen großen Investor aus dem Ausland buhlt. Im Stadtrat sagte er: "Magdeburg is well prepared. Eulenberg wait for you." (sic)

Viel Platz in Magdeburgs Süden

Eulenberg heißt das Gelände im Südwesten der Stadt, ein Börde-Acker direkt an der A14 gelegen. Seit 2020 verfolgt der Magdeburger Stadtrat seine Industrialisierung. Schon vor 20 Jahren war der Standort für eine BMW-Fabrik im Gespräch. Der Autobauer ging dann nach Sachsen. Auch VW zog es mit seiner Batterie-Produktion nicht nach Magdeburg.

So steht das einmalige Gelände bis heute frei. 350 Hektar zusammenhängende, unverbaute Fläche seien "in der heutigen Zeit weltweit eine Seltenheit", zitiert die "Volksstimme" Sandra Yvonne Stieger (CDU). Magdeburgs Wirtschaftsbeigeordnete stellte den Plan für ein Industriegebiet Anfang Juli gemeinsam mit ihrem Entwicklungskollegen Jörg Rehbaum (SPD) interessierten Anwohnern vor. Da gab es hinter den Kulissen bereits den Kontakt zu Intel.

Mittlerweile soll das Gebiet um weitere entsprechend große Flächen im Sülzetal südlich des Eulenbergs ergänzt worden sein. Der Seltenheitswert steigerte sich nochmal. Magdeburg war im Rennen gegenüber Dresden, Schwerin und Oberbayern im Vorteil.

Denn Intel braucht Platz. Die sogenannten Megafabriken, die der Konzern etwa in den USA baut, bestehen aus gleich mehreren Fabriken, Zulieferbetrieben und einer großen Wasseraufbereitungsanlage.

Geld aus vielen Töpfen

Praktisch alle jüngeren Großinvestitionen in einem ostdeutschen Bundesland zeichnen sich durch die hohe Förderbereitschaft der jeweiligen Landespolitik aus. Im Fall von Intel gibt es entsprechende Willensbekundungen auch vom Bund: SPD, Grüne und FDP wollen Deutschland zum "globalen Standort der Halbleiterindustrie" machen. So steht es im Koalitionsvertrag, der jetzt mit Leben gefüllt werden dürfte. Es ist eine Lehre aus der Corona-Pandemie, als plötzlich die Chips aus Asien und den USA knapp wurden.

Aus der EU kommt Unterstützung. Anfang Februar eröffnete die Europäische Kommission das Verfahren für ein europäisches Chip-Gesetz. Das soll die EU unabhängiger vom Weltmarkt machen. 43 Milliarden Euro sind an Investitionen vorgesehen. Das Geld käme teils aus der Industrie, teils von der EU selbst.

Hinzu kommt: Die politische Lage in Deutschland und Sachsen-Anhalt ist stabil. Im Magdeburger Stadtrat steht eine breite Mehrheit hinter dem Projekt. Und nicht nur Politik und Wirtschaft gaben Intel das Gefühl, hier willkommen zu sein. Das Gerücht vom Chip-Riesen auf dem wertvollen Börde-Acker regte bislang keinen Protest – anders als in Oberbayern.

Fachkräfte vor Ort

Die Uni Magdeburg und die Hochschule Magdeburg-Stendal bilden junge Menschen in Elektro-, Informations- und Systemtechnik sowie in Informatik und Physik aus. Schon jetzt gibt es einen hohen Anteil ausländischer Studierender. Forschung zu Halbleitern wird ebenfalls betrieben.

Und Fachkräfte sind schwer umworben. Dass in Dresden bereits ein ganzes Netzwerk an Halbleiter-Produzenten besteht, scheint der Stadt eher zum Nachteil gewesen sein. Dort kämpfen die Firmen gegenseitig um die besten Leute. In Magdeburg droht das nicht.

Neue Jobs rund um Chiphersteller-Ansiedlung

Gleichzeitig hat ein Konzern wie Intel in Magdeburg noch viele Gestaltungsmöglichkeiten. Im Vergleich zu westdeutschen Pendants haben Hochschule und Uni beispielsweise wenige Wirtschaftskooperationen.

Mehr zum Thema: Intel in Magdeburg

MDR (Thomas Vorreyer)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT | 15. März 2022 | 17:00 Uhr

13 Kommentare

ElBuffo am 15.03.2022

Wassermangel auf einer Insel. Man fasst es nicht. Wird das Wasser eigentlich ver- oder nur gebraucht? Vielleicht war Wasser nur so billig, dass man damit nicht sparsam umgehen musste.

Hossa am 15.03.2022

Also ich bin für eine Firma tätig die Wafer in verschiedenen Spezifikationen für die Halbleiterhersteller produziert.
Es gibt nicht nur eine Konkurrenz um die besten Köpfe sondern auch um die Menschen die bereit sind in der Nacht an Feiertagen und am Wochenende tätig zusein.

nilux am 15.03.2022

Die US-Demokratie hat einen riesigen Vorteil: Präsidenten bekommen maximal 2 Amtszeiten.

Investitionen dieser Größenordnung erfordern einen Zeithorizont weit über 2 x 4 Jahre. Sie sollten sich also nicht all zu sehr den Kopf über die Entscheidungen großer amerikanischer Konzerne wie Intel zerbrechen.

Im Übrigen: Auch in Dresden war zunächst AMD der große Name. Mit Globalfoundries und einigen Anderen ist vom Standort immerhin noch soviel "übrig" geblieben, dass die Gewerbeflächen nicht mehr ausreichen.

Insofern: Welcome!

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