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Affäre "Stabsstelle Intel"Ermittler der Justiz prüft Vorgänge im Bildungsministeriumvon Lars Frohmüller, MDR SACHSEN-ANHALT

23. November 2023, 21:33 Uhr

Eine Stelle unter dem Weihnachtsbaum, das versprach eine vielsagende WhatsApp-Nachricht an einen Schulleiter in Barleben. Der Absender: Ein Referatsleiter aus dem Bildungsministerium. Hat der Mitarbeiter Vetternwirtschaft begangen? Oder war das Ministerium involviert? Jetzt soll ein Experte des Justizministeriums die Sache aufklären.

von Lars Frohmüller, MDR SACHSEN-ANHALT

Es ist eine prestigeträchtige Stelle und gut dotiert obendrein: Zwischen Weihnachten und Neujahr veröffentlichte das Bildungsministerium eine Stellenausschreibung für eine Stabstelle zur Ansiedlung von Intel. Angeblich wäre gerade zwischen den Jahren die beste Zeit, sich beruflich neu zu orientieren, begründete das Ministerium damals den Zeitraum. Auch wenn eine Anfrage von MDR Sachsen-Anhalt wenig später zeigte, dass der Zeitpunkt für die übrigen Ministerien eher ungewöhnlich ist, blieb das Haus bei dieser Darstellung.

Wenig später veröffentlichte ein Bewerber Chats zwischen ihm und einem Ministeriumsmitarbeiter, die suggerierten: Die Ausschreibung könnte fingiert gewesen sein. Der Mitarbeiter versprach hier dem Bewerber "den Vertrag dann unterm Weihnachtsbaum". Am Ende musste darüber der Staatssekretär sein Amt räumen. Der Mitarbeiter wurde versetzt. Wie es im Haus heißt, auf eine Wunschposition.

Aufklärung mit Salamitaktik

Scheibchenweise gibt das Ministerium Informationen an den zuständigen Bildungsausschuss preis. Zunächst hieß es in einer Sitzung des Ausschusses im Juni: Es werden alle Mitglieder des Ausschusses umfassend informiert. Das Ministerium würde alle Informationen zur Verfügung stellen. In späteren Ausschüssen und Landtagssitzungen darauf angesprochen gab die Ministerin an, die Abgeordneten hätten nicht nachgefragt, aber jetzt würde man die Unterlagen zur Verfügung stellen.

Das Papier das dann kam, stellt jedoch Susann Sziborra-Seidlitz, die für die Grünen im Bildungsausschuss sitzt, nicht zufrieden: "Entweder uns fehlen Akten und wir haben nicht das gesamte Bild bekommen, oder der Staatssekretär hätte nicht gehen müssen, weil offenbar alles korrekt gelaufen ist." Insbesondere die nachgefragten Chats über die Diensttelefone wurden nicht nachgereicht. Auch fehlt eine Antwort, inwieweit die "Stabsstelle Intel" im Kabinett besprochen wurde. "Wir werden aus diesem Grund erneut in die Akten sehen wollen, auch wenn das Ministerium beim letzten Mal schmallippig antwortete: Zum Ausschreibungsverfahren bekommen wir keine Akten mehr, weil es keine mehr gibt."

Aufklärung nun mit dem Justizministerium

Bereits im September hieß es aus dem Bildungsministerium: Das mögliche Agieren des Mitarbeiters bei der Vergabe der Stabsstelle Intel würde intern disziplinarrechtlich aufgearbeitet. Mehrfach fragten Ausschussmitglieder über den Stand der "Ermittlungen" nach, doch jetzt, Ende November, kam im Ausschuss eine Antwort des Ministeriums: Das Verfahren wird nun mit Amtshilfe des Justizministeriums geführt. Dies bestätigte das Bildungsministerium auch auf MDR SACHSEN-ANHALT-Nachfrage: "Das Ministerium für Justiz und Verbraucherschutz wurde im Wege der Amtshilfe gebeten, einen Ermittlungsführer zu benennen. Das Ermittlungsverfahren ist noch nicht abgeschlossen. Aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes werden während des laufenden Verfahrens keine weiteren Auskünfte erteilt."

Richter oder Staatsanwalt könnte Ermittlungen leiten

Wie MDR SACHSEN-ANHALT erfahren hat, könnte nun ein Richter oder Staatsanwalt die Ermittlungen leiten. Dabei würden dem Juristen Zugang zu den Akten gewährt werden und dieser könnte auch Gespräche mit Beteiligten führen. Damit würde auch der Mitarbeiter seine Sicht schildern können. Diese Sichtweise fehlt auch den Ausschussmitgliedern. Im Anschluss würde in einem Abschlussbericht dem Ministerium eine Empfehlung zum Umgang mit den möglichen festgestellten Vergehen unterbreitet werden.

Für den Mitarbeiter könnte dies im schlimmsten Falle ein Verlust der Position und eine Kürzung der Bezüge bedeuten, wenn sich herausstellt, dass er eigenmächtig ohne Anweisung der Hausleitung gehandelt hat. Auf der anderen Seite könnte der Mitarbeiter jedoch auch die Hausleitung belasten, sollte diese doch von den Vorgängen umfangreicher als bisher bekannt gewusst haben.

Für Sziborra-Seidlitz ist klar: "Alles was man im Moment aus dem Bildungsministerium zu sehen bekommt, lässt nicht darauf schließen, dass es da eine konsequente und transparente Aufarbeitung um die Besetzung der Intel Stelle gibt." Die Grünen wollen nun auch Akteneinsicht zum Disziplinarverfahren.

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MDR (Lars Frohmüller)

MDR SACHSEN-ANHALT

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