Ehrenamtliches Engagement Kinderklinikkonzerte: Magdeburger Verein bringt bekannte Musiker zu kranken Kindern
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12. März 2023, 17:15 Uhr
Ein Aufenthalt im Krankenhaus ist nie schön. Für Kinder erst recht nicht. Für die Kleinsten ist der Alltag aus Operationen und Untersuchungen oft anstrengend, die Geborgenheit von zu Hause fehlt. Der Magdeburger Verein "Kinderklinikkonzerte" hat es sich zur Aufgabe gemacht, Kindern im Krankenhaus neue Glücksmomente zu bescheren. Die beiden Gründerinnen bringen deshalb deutsche Bands und Musiker auf die Kinderstationen im ganzen Land.
- Der Verein "Kinderklinikkonzerte" aus Magdeburg veranstaltet mit deutschen Bands und Musikern Konzerte auf Kinderkrankenstationen.
- Das Konzept kommt sowohl bei den Kindern als auch bei den Künstlern selbst an. Mittlerweile ist der Verein in der Musikbranche eine feste Größe.
- Für ehrenamtliche Arbeit brauche es einen langen Atem und den Glauben an das Projekt, erzählt Gründerin Nicole John.
Revolverheld, Silbermond, Max Giesinger: Sie alle waren schon auf den Kinderstationen in Deutschlands Kliniken unterwegs. Ermöglicht hat das der Magdeburger Verein "Kinderklinikkonzerte", der von Nicole John und Nadja Benndorf gegründet wurde. Die jungen Frauen wollen Abwechslung in den oft eintönig Krankenhausalltag der jüngsten Patienten bringen.
Die Idee dazu kam ihnen direkt im Rettungswagen. Nicole John arbeitete zuvor als Notfallsanitäterin und begann darüber nachzudenken, was es für ein Kind bedeutet, wenn es von einer Minute auf die andere aus seinem Kinderzimmer hinausgerissen wird. Was dann in solchen Situationen helfen könnte. Die 31-Jährige ist selbst passionierte Konzertgängerin und kam so auf die Idee, Musik ins Krankenhaus zu bringen.
Was als ehrenamtliches Projekt in der Freizeit begann, ist mittlerweile zu einem Verein geworden, indem Nicole John hauptberuflich aktiv ist. 2011 gab es das erste Kinderklinikkonzert in Dresden. Drei Jahre später bewarben sich die Gründerinnen mit ihrem Projekt beim Jugendengagementpreis der Freiwilligen-Agentur Halle und überzeugten die Jury.
Revolverheld als Türöffner für das Projekt
"Wir sind dann aufgeregt durch Magdeburg gelaufen und haben gesagt: 'Jetzt erwarten die Leute was von uns'. Wir fanden Revolverheld als Band selbst ganz toll und dachten, wir fragen die Jungs an." Gesagt, getan. Nur 20 Minuten später erhielten sie eine Rückmeldung. Und dann ging alles Schlag auf Schlag. Nach Revolverheld folgten Konzerte mit Bands und Musikern wie Wincent Weiss, Tonbandgerät, Johannes Oerding, Max Giesinger, Jupiter Jones, Joris, Madeleine Juno, Nico Santos oder Silbermond.
"Revolverheld waren für uns ein Türöffner. Nach dem Konzert haben die Jungs uns immer wieder wissen lassen, wie toll sie das fanden", erinnert sich Nicole John. Durch Revolverheld kamen wiederum die Kontakte zu anderen Musikern zustande. "Wenn man dann so viele bekannte Bands, Künstler und Künstlerinnen bei sich hat, spricht sich das auch in der Musikbranche rum."
Revolverheld waren für uns ein Türöffner. Nach dem Konzert haben die Jungs uns immer wieder wissen lassen, wie toll sie das fanden.
Musik soll bei der Genesung helfen
Es ist bewiesen, dass Musik bei vielen Erkrankungen die Genesung begünstigen kann. Für die Kinder bedeuten die Konzerte aber noch viel mehr: Die Auftritte werden zu Erinnerungen, die den Krankenhausaufenthalt erträglicher machen und aus dem sie neue Kraft schöpfen können. Und auch das Feedback der Künstler ist durchweg positiv, erzählt Nicole John. Denn oft entstehen bei den kleinen Privatkonzerten ganz besondere Wundermomente.
"Bei einem Konzert mit Gregor Hägele gab es ein Kind, das nicht laufen konnte. Man probierte herauszufinden, warum. Gregor saß bei den Kindern auf einer Matte, spielte Gitarre und sagte dann: 'Jetzt stehen wir alle mal auf'. Das Mädchen streckte ihm dann eine Hand entgegen und Gregor zog sie hoch. Plötzlich machte sie die ersten Schritte, nur aus dem Impuls heraus, weil sie an der Musik teilhaben wollte. Da waren die Therapeuten zu Tränen gerührt."
Nicole John kann viele solcher Geschichten erzählen. Die Konzerte bedeuten den Kindern auf der Station viel, bringen sie zum Lachen und manchmal auch zum Tanzen. Doch auch Eltern und Geschwisterkinder können so die Sorgen des Alltags für kurze Zeit vergessen.
Finanzierung und Bürokratie macht es gemeinnützigen Vereinen oft schwer
Mittlerweile ist der Manager von Max Giesinger einer der Mentoren des Vereins und steht den beiden Gründerinnen mit Rat und Tat zur Seite. Denn Hürden gebe es immer, sei es bei der Bürokratie oder beim Thema Finanzierung, sagt Nicole John. Die Künstler treten ohne Gage auf. Für Transportkosten, Verpflegung oder Versicherung wird aber trotzdem Geld benötigt.
Auch die Ehrenamtlichen bei der Stange zu halten – besonders in Zeiten, wenn keine Konzerte geplant sind –, sei oft eine Herausforderung, so John. Der Verein habe mittlerweile 39 aktive Mitglieder und finanziert sich durch Spenden. Zusätzlich zu den Klinikkonzerten organisieren sie seit 2019 auch Deutschlandtouren. Die musikalischen Besuche sind dabei ein kostenloses Angebot für die Krankenhäuser.
Dass wir mit unserem kleinen Projekt schaffen, die Welt für viele Menschen im Krankenhaus besser zu machen, ist ein ganz großes Geschenk.
Für ehrenamtliche Projekte braucht es Durchhaltevermögen
Das Team des Vereins ist jung und engagiert. "Ich kenne die Wahrnehmung in der Öffentlichkeit, dass man sagt: 'Jugendliche hängen nur am Handy'. Das ist etwas, was ich überhaupt nicht bestätigen kann", meint Nicole John. Die Arbeit für den Verein erfülle sie mit einem tiefen Glücksgefühl, erzählt die 31-Jährige weiter. "Dass wir mit unserem kleinen Projekt schaffen, die Welt für viele Menschen im Krankenhaus besser zu machen, ist ein ganz großes Geschenk."
Die vergangenen Jahre hätten ihr gezeigt, dass der Aufwand, an sein Herzensprojekt zu glauben, sich lohne. Trotzdem brauche man auch einen langen Atem, denn Ehrenamt passiert eben oft nach Feierabend, zusätzlich zu Job oder Studium. "Das, was man zurückbekommt, überwiegt aber den Aufwand und den Stress", sagt John.
Sie selbst wolle das niemals mehr missen wollen.
Über Sarah-Maria Köpf
Sarah-Maria Köpf arbeitet seit Mai 2021 für MDR SACHSEN-ANHALT. Sie ist in Leipzig aufgewachsen und hat dort Kommunikations- und Medienwissenschaft studiert, bevor es sie für den Master in "Multimedia & Autorschaft" nach Halle zog.
Neben dem Studium arbeitete sie für den Radiosender Mephisto 97.6, die Leipziger Volkszeitung und das Grazia Magazin. Ihr Schwerpunkt liegt im Bereich Social Media.
Über Engin Haupt
Engin Haupt arbeitet seit Februar 2021 im Politikressort von MDR SACHSEN-ANHALT. Geboren und aufgewachsen in Rheinland-Pfalz, hat ihn das Journalismus-Studium nach Magdeburg gebracht.
In seiner Freizeit spielt er unter anderem American Football und kommentiert die Fußballspiele des 1. FC Magdeburg für blinde Menschen.
MDR (Sarah-Maria Köpf)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT HEUTE | 12. März 2023 | 19:00 Uhr
Peter am 12.03.2023
Für diese großartige Initiative gilt: Machen! Nicht meckern.
Ein herzliches Dankeschön an Frau John und deren Mitstreiter.