Ein kahler Baum steht am Rande eines Feldes
Die Fabrik des Chipherstellers Intel soll in der Nähe von Magdeburg entstehen. Ökonomen kritisieren unter anderem, dass dafür Arbeitskräfte und Infrastruktur fehlen. Bildrechte: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Klaus-Dietmar Gabbert

Chipfabrik in Magdeburg Ökonomen kritisieren Intel-Ansiedlung: "Niemand steht Schlange, um in Sachsen-Anhalt arbeiten zu dürfen"

20. März 2023, 12:14 Uhr

Die geplante Ansiedlung von Intel in Magdeburg sorgt bei Ökonomen in Halle für Zweifel. Die Wissenschaftler kritisieren unter anderem, dass die Subventionen zu hoch seien, während der Region die Arbeitskräfte und Infrastruktur für das geplante Großprojekt fehlen. Aufgrund der im Osten verbreiteten Ausländerfeindlichkeit würden nur wenige Zuwanderer kommen. Die Kritik der Ökonomen sorgt erneut für Streit.

Ökonomen des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung (IWH) in Halle haben erneut die Umstände für die geplante Ansiedlung des US-Chipherstellers Intel in Magdeburg kritisiert. Der stellvertretende Präsident des Instituts, Oliver Holtemöller, sagte dem Nachrichtenmagazin "Spiegel" (€), der Standort sei nicht attraktiv genug, um die nötige Zuwanderung zu erreichen. "Niemand steht Schlange, um in Sachsen-Anhalt arbeiten zu dürfen", sagte Holtemöller. Grund sei auch die "verbreitete Ausländerfeindlichkeit" im Osten der Bundesrepublik. Die Ministerpräsidenten würden diesen Standortnachteil "ignorieren und leugnen".

Holtemöller: Magdeburg fehlen Infrastruktur und Fachkräfte

Nachholbedarf gebe es auch bei der Infrastruktur am künftigen Intel-Standort. Magdeburg sei zwar nicht strukturschwach, aber die Strukturen reichten für das Projekt nicht aus, betonte Holtemöller. Warum sollten Fachkräfte aus aller Welt kommen, wenn es keine regelmäßige ICE-Verbindung gebe, fragt Holtemöller. Auch das Werksgelände müsse schnell und gut erreichbar sein. Außerdem fehle es an Schulen (auch mit Englischunterricht), Wohnraum und Freizeitangeboten für die Mitarbeiter.

Kritik an Subventionen

Bereits Ende Februar hatte IWH-Präsident Reint Gropp die geplanten Subventionen für Intel kritisiert. "Das Geld wird zum Fenster hinausgeworfen", sagte Gropp im aktuellen "Spiegel"-Artikel. Es sei nicht einzusehen, warum man profitablen Unternehmen Geld geben solle. Intel wollte zuletzt 10 Milliarden Euro vom Bund für den Bau der neuen Fabrik. Der Baubeginn wurde wegen der unklaren Lage auf 2024 verschoben.

Die Chipproduktion mit hohen Subventionen nach Europa zu holen, hält Gropp für die falsche Strategie. "Ich glaube, die richtige Strategie wäre, Forschung und Entwicklung stärker zu fördern. Das Geld, das wir für Chipfabriken ausgeben, könnten wir auch in Forschung und Entwicklung stecken", sagte Gropp in einem Interview mit MDR AKTUELL.

Konkurrenz mit China

Statt in die Produktion von "Produkten, die am Ende wahrscheinlich woanders billiger hergestellt werden können", solle mehr in Technologien für die Energiewende investiert werden, sagte Gropp mit Blick auf China. "Ich glaube nicht, dass wir diesen Subventionswettlauf wirklich gewinnen können." Vieles werde ohnehin woanders produziert.

Streit mit Haseloff, Kritik von Trümper

Wegen der geäußerten Kritik hatte sich Ministerpräsident Haseloff im Landtag zuletzt unzufrieden über die Forschungsleistung des Instituts geäußert. Sachsen-Anhalts Wissenschaftsminister Armin Willingmann (SPD) betonte daraufhin die Unabhängigkeit der Forschungseinrichtungen.

Nach der erneuten Kritik der IWH-Ökonomen wies unter anderem der frühere Oberbürgermeister und derzeitige Intel-Berater von Magdeburg, Lutz Trümper, die Vorwürfe zurück. Sie seien absurd und hätten nichts mit wissenschaftlicher Expertise zu tun. Auch aus den Reihen der CDU wurde Kritik an den Äußerungen der Wissenschaftler laut.

Transparenz-Hinweis: Reint Gropp war in den vergangenen beiden Jahren regelmäßig Gesprächspartner in einem MDR-Podcast über Wirtschaft.

MDR (Moritz Arand, Maren Wilczek) | Zuerst veröffentlicht am 19.03.2023

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 21. März 2023 | 08:00 Uhr

137 Kommentare

EOM am 21.03.2023

Gibt genug wissenschaftliche Studien, die das belegen. Und die rechtsextremen Straftaten, die im Osten höher sind, belegen das nur noch mehr. Also statt Tatsachen zu leugnen, solltest du mal der Wahrheit ins Auge schauen

THOMAS H am 21.03.2023

"Die Ausländerfeindlichkeit, welche ich auch nicht möchte, ..."

"Ausländerfeindlichkeit ist dabei jedoch nicht die Problemlösung."

Das, @Mediator, sind zwei Auszüge aus meinen Kommentaren, so daß sich die Frage stellt: Wie kommen Sie zu Ihren Ausführungen, das ich Ausländerfeind und Rassist sei?

"Mal ganz abgesehen davon, dass der Westen nichts dazu konnte, dass die DDR Wirtschaft Schrott und nach der Wiedervereinigung nicht mehr wirtschaftlich weiter betrieben werden konnte."

Der Westen konnte sehr viel dafür, das vielen Betrieben nach der Einverleibung der Garaus gemacht wurde und der sogenannte Schrott, den damaligen angeblichen Investoren noch viel Geld gebracht hat und wahrscheinlich heute noch zur Herstellung von Produkten genutzt wird.

nilux am 20.03.2023

Das wissenschaftliche Renommee des IWH ist schon seit langem angekratzt. Sachsen-Anhalt und deren Bürger müssen sich darauf fokussieren, was nützlich ist. Das IWH gehört definitiv nicht dazu. Also möglichst bald keinen Cent mehr dafür ausgeben.

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