Analyse der OB-Wahl in Magdeburg Ende einer Ära: Nach 30 Jahren SPD zieht mit Borris eine Parteilose ins Rathaus
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30 Jahre lang war klar: Das Stadtoberhaupt von Magdeburg ist SPD-Mitglied. Mit Simone Borris ist jetzt erstmals eine Parteilose und eine Frau an die Spitze der Landeshauptstadt gewählt worden. Ganz ohne Parteienunterstützung geht es aber auch bei ihr nicht.

Die Wahllokale sind erst seit knapp einer halben Stunde geschlossen, da wird Simone Borris bereits ein Blumenstrauß überreicht. Schon früh ist klar: Die parteilose Kandidatin wird neue Chefin im Rathaus. Schnell pendelt sich das Wahlergebnis auf rund 65 Prozent der Stimmen für die 59-jährige Borris ein.
Erste Parteilose und erste Frau als Magdeburgs OB
Nach und nach gratulieren ihr die Vertreter der Parteien im Magdeburger Stadtrat. Borris wischt sich eine Träne aus dem Auge. Als ihr jemand bei der Umarmung zuraunt, dass nach mehr als 1.200 Jahren jetzt erstmals eine Frau Stadtoberhaupt von Magdeburg sei, antwortet sie ihm lächelnd: "Es ist ein Mädchen."
Es ist Simone Borris anzumerken, dass der Wahlkampf anstrengend war. Und dass sie erleichtert ist, es geschafft zu haben. "Mir geht’s wahnsinnig gut, ich bin überglücklich", sagt sie. Zügig gratuliert auch der in der Stichwahl unterlegene SPD-Kandidat Jens Rösler (35,2 Prozent der Stimmen). Seit der Wende kam der Oberbürgermeister von Magdeburg immer aus der SPD. Damit ist jetzt Schluss.
Parteilose übernehmen in immer mehr Rathäusern in Deutschland
"Es ist schon so, dass die Leute parteimüde sind", sagt Borris MDR SACHSEN-ANHALT. Das hätten ihr auch an den Wahlkampfständen viele Magdeburgerinnen und Magdeburger gesagt.
Damit liegt Magdeburg im Trend, denn in immer mehr Städten und Kommunen stehen parteilose Bürgermeister an der Spitze. Im benachbarten Niedersachsen ist es jeder Dritte, in Mecklenburg-Vorpommern sind es sogar mehr als 60 Prozent. In den Großstädten – zu denen Magdeburg gehört – sind es zwar nur etwa elf Prozent, aber auch dort ist die Tendenz steigend.
Moderatorin zwischen Verwaltung, Stadtrat und Bürgern
"Man ist ja Verwaltungschefin", erklärt Borris. Da gehe es um die Sache. "Ich will gerne Moderatorin sein zwischen der Verwaltung, dem Stadtrat und den Menschen in der Stadt." Für eigene Projekte und Ideen muss sie also im Stadtrat Mehrheiten organisieren. Dass sie aber entsprechende Rückendeckung hat, zeigte ihre Wahl zur Stellvertreterin von Oberbürgermeister Lutz Trümper (SPD) im vergangenen Oktober. Damals bekam sie über die Fraktionsgrenzen hinweg 44 von 51 Stimmen.
Ganz ohne Partei-Unterstützung ist aber auch Borris nicht in die OB-Wahl gegangen. Die drei Parteien FDP, Future! und die Tierschutzpartei haben sie von Anfang an unterstützt. Zudem gilt sie als enge Vertraute des scheidenden Oberbürgermeisters Lutz Trümper (SPD).
Erste Schritte: Verwaltung effizienter machen
Ihr Amt wird Simone Borris am 1. Juli antreten. Eines ihrer ersten Ziele sei es, die Verwaltung effizienter zu gestalten, sagt sie. Zudem wolle sie sich um ein überarbeitetes Verkehrskonzept kümmern. Mit der Ansiedlung des US-Chipherstellers Intel steht Magdeburg vor großen Herausforderungen, besonders in Hinblick auf Infrastruktur, Schulen, Kitas und Wohnen.
Nachzuholen habe sie noch im Wirtschaftsbereich, gesteht Borris, die seit Jahren Sozialbeigeordnete der Stadt ist und im Sozialdezernat unter anderem für das Management der Coronakrise und die Unterbringung von Flüchtlingen in der Stadt verantwortlich ist. Da werde sie demnächst viele Gespräche mit Unternehmen und Wirtschaftsverbänden führen.
Dann wird sich auch zeigen, wie sehr sie ihrem Wahlkampfspruch treu bleibt: "Unabhängig für Magdeburg."
MDR (Simon Kremer, Hannes Leonard)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 08. Mai 2022 | 21:00 Uhr
Rotti vor 13 Wochen
Man sollte dieser Frau die Chance lassen, sich zu beweisen, statt an ihr jetzt schon herum zu schäbigen oder sie in einen pseudo-FDP-Spendensumpf zu ziehen.
Thommi Tulpe vor 13 Wochen
Gratulation an diese Frau Borris.
Wahlbeteiligung im ersten Wahlgang: Knapp über 40 Prozent.
Wahlbeteiligung bei der Stichwahl: Knapp über 30 Prozent.
Auch ich war nicht "stichwählen".
Mein Auftrag war mit dem ersten Wahlgang erfüllt. Und dieser Auftrag hieß einzig: Verhinderung eines Rechtsaußen-OB.
Dan vor 13 Wochen
Naja, wer mal mit ihr zusammen arbeiten musste kann Magdeburg nur die Daumen drücken.
Aber manchmal wachsen ja die Mesnchen mit ihren AUfgaben über sich hinaus.
Viel Glück Magdeburg! Schade das Herr Trümper nicht mehr da ist.