Sanierung oder NachbauDebatte um Pferdetor in Magdeburg
Der Pferdetor in Magdeburg gehört zu den beliebtesten Fotomotiven der Stadt. Vom Architekten Albin Müller entworfen, war es 1927 Teil der Deutschen Theaterausstellung in Magdeburg. Doch es ist inzwischen nicht mehr standsicher und muss rückgebaut werden. Für den Wiederaufbau gibt es enge Grenzen, denn 2027, zum 100. Jubiläum der Theaterausstellung, soll das Pferdetor wieder stehen. Droht da ein billiger Nachbau?
- Der drohende Abriss des Pferdetores in Magdeburg wurde in den sozialen Medien heiß diskutiert.
- Von den originalen Klinkern des Pferdetors sind nur noch wenige nutzbar, die neuen sollen andere Größen haben.
- Für das Baudenkmal wird eine städtebaulich funktionierende Nutzung gesucht.
Das Areal der ehemaligen Theaterausstellung im Magdeburger Rothehornpark ist eine der Großbaustellen der Stadt. Die Stadthalle, im Krieg schwer zerstört und später dann eher geflickt als wiederaufgebaut, wird aufwändig saniert. Die Hoffnung ist, dass zum einhundertjährigen Jubiläum der Halle die Kräne und Bagger abgezogen sind.
Das Pferdetor in unmittelbarer Nähe zur Stadthalle ist ebenfalls hinter Bauzäunen verschwunden, doch für eine Sanierung ist es wohl zu spät. Es wird abgerissen.
Abriss-Nachricht geht viral
In den sozialen Medien sorgte die Mitteilung vom drohenden Abriss für Aufregung. Denn in einer Stadt, die so schwer im Krieg zerstört wurde wie Magdeburg, spielt der drohende Verlust historischer Bausubstanz immer eine große Rolle.
Einer der kurzentschlossen aktiv wurde, ist der Magdeburger Dirk Wellborn. Er startete eine Spendenaktion. Zur Erläuterung sagt er: "Als gebürtiger Magdeburger habe ich mit der Stadthalle und dem Pferdeturm eine gewisse Verbindung. Es gibt ein altes Video von meinem Opa, wie ich als Fünfjähriger an dem Tor hin und her laufe, das gucke ich mir im Moment fast täglich an."
Auch wenn inzwischen klar ist, dass der Abriss nicht endgültig ist, hält Wellborn an seinem Spendenaufruf fest. Denn Geld wird auch für den Wiederaufbau gebraucht.
Der kleine Unterschied
Von den originalen Klinkern des Pferdetors sind jedoch nur noch rund zehn Prozent nutzbar. Errichtet wurden das Tor seinerzeit mit Ziegeln im Oldenburger Format. Moderne Ziegel sind hingegen ein paar Zentimeter größer – vor allem aber deutlich billiger als die historischen Steine.
Der Magdeburger Stadtrat entschied sich nach engagierter Debatte für die kostengünstigere Variante. Statt rund 1,5 Millionen Euro werden aktuell nur noch rund eine Million Euro für den Wiederaufbau des Pferdetors veranschlagt.
Zeit zu knapp für Fördermittelanträge
Auch Magdeburgs parteilose Oberbürgermeisterin Simone Borris unterstützt diese Entscheidung: "Man muss eben berücksichtigen, dass wir auch andere Projekte haben, in die wir investieren müssen. Und wir wollen ja 2027, zum Jubiläum der Theaterausstellung, alles fertig haben."
Auch deshalb wird die Stadt Magdeburg beim Wiederaufbau des Pferdetors wohl weitestgehend auf Fördermittel verzichten, so Borris: "Für dieses Jahr sind die Antragsfristen schon verstrichen. Man kann also erst im nächsten Jahr beantragen. Ob und wann Geld fließt, weiß allerdings niemand." Ein halbfertiges Pferdetor zur Jubiläumsfeier will aber niemand riskieren.
Nutzung gesucht
Dass ein so markantes Bauwerk der Stadt plötzlich einzustürzen droht, verwundert. Über eine Sanierung ist zwar schon länger debattiert worden, nicht aber über einen Abriss.
Für Norbert Pohlmann vom Magdeburger Forum Gestaltung zeigt sich darin jedoch nicht nur ein finanzielles Problem. Zwar stehe das Pferdetor seit fast einhundert Jahren, es fehle aber das städtebauliche Verständnis für die gesamte Anlage. "Zu DDR-Zeiten war dieses Tor eine Parkplatzbegrenzung – und das hat gezeigt, wie begrenzt die Fantasie war, in Bezug auf dieses Areal", so Pohlmann. Auch der Beschluss zum Wiederaufbau ändert aus seiner Sicht daran nichts.
Moderne neu denken
Im Forum Gestaltung wird vor allem an die Zwanziger Jahre erinnert, als Magdeburg sich als Stadt der Moderne präsentierte.
Vor einhundert Jahren gab es Visionen für die Stadt, die Pohlmann nun vermisst: "Magdeburg hat eine Reputation wiederzuerobern, als Ausstellung 'Stadt und Ort der Moderne'. Und insofern geht mir die Diskussion zu kurz, was wohl wie teuer wird." Ursprünglich war das Pferdetor Teil der Ausstellungsarchitektur und gliederte das Gelände. In den vergangenen Jahrzehnten war es jedoch allenfalls ein Fotomotiv.
Allerdings hat die aktuelle Debatte zumindest bei Denkmalaktivist Wellborn bereits etwas angeregt: "Mir war dieses Jubiläum gar nicht bewusst. Ich habe mich jetzt erst damit beschäftigt. Es wäre schön, wenn es dann größere Aktionen geben könnte." An seinem Spendenaufruf hält Wellborn fest. Auch der Pferdetor-Architekt Albin Müller setzte seinerzeit auf Spenden für das Bauwerk – denn auch 1927 waren die Mittel knapp.
Quelle: MDR KULTUR (Uli Wittstock)
Redaktionelle Bearbeitung: op, bh
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Dieses Thema im Programm:MDR KULTUR - Das Radio | 08. Juli 2024 | 08:40 Uhr