Interview Anschlag in Magdeburg: Experte kritisiert Zufahrtsschutz des Weihnachtsmarktes
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23. Dezember 2024, 08:54 Uhr
Zwei Tage nach dem Anschlag in Magdeburg kritisiert der Experte Christian Schneider die Absicherung des Weihnachtsmarktes. Der Zufahrtsschutz habe nicht den allgemein anerkannten Regeln entsprochen. Im Interview erklärt er, eine bessere Absicherung sei problemlos möglich gewesen.
Christian Schneider ist Sachverständiger für Zufahrtsschutz und hat zahlreiche Veranstaltungen und Gebäude abgesichert. Im Interview mit MDR SACHSEN-ANHALT kritisiert er nach dem Anschlag den Zufahrtsschutz für den Weihnachtsmarkt in Magdeburg. Er sagte, dieser habe nicht den allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprochen.
MDR SACHSEN-ANHALT: Wie sieht die Regelung denn aus?
Christian Schneider: Die Regelung sieht so aus, dass alle offenen Stellen, also alle möglichen Angriffsrouten, so geschützt werden müssen, dass eine unautorisierte Einfahrt gar nicht möglich ist. Wenn wir jetzt über offene oder nicht offene oder teilweise offene Rettungswege sprechen: das ist ein zentraler Teil eines Zufahrtsschutzkonzeptes, das nach allgemein anerkannten Regeln der Technik durchgeführt wird. Wenn man da jetzt überhaupt drüber reden muss, dann ist offensichtlich die Regelung nicht eingehalten worden.
Das heißt: Sie sagen, es ist schon möglich, beides in Einklang zu bringen?
Selbstverständlich. [...] Wir reden ja jetzt von Flucht- und Rettungswegen. Ich nehme mal an, damit meint man eigentlich die Zufahrten für die Rettungsfahrzeuge. [...] Diese Zufahrten kann man mit baulichen Maßnahmen so ausführen, dass eben eine Fahrzeugkontrolle vor der Einfahrt möglich ist. Und dann macht man – wie Sie es von der Tiefgarage auch kennen – ein Tor auf, dann fährt der berechtigte Verkehr durch und dann macht man das Tor wieder zu. Also jetzt zu behaupten und zu sagen "Wir haben da große Löcher lassen müssen, damit die Rettungsfahrzeuge reinfahren können", das ist falsch. [...]
Anmerkung der Redaktion: Wie die Bild-Zeitung am Sonntagabend berichtete, sah das Sicherheitskonzept in Magdeburg vor, dass ein Fahrzeug der Polizei im Breiten Weg hätte quer stehen sollen. Dies sei allerdings nicht der Fall gewesen.
Haben Sie ein positives Beispiel von einem Weihnachtsmarkt in Deutschland?
Da kann ich Ihnen den Weihnachtsmarkt in Mainz nennen und dann kann ich Ihnen den Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz beispielsweise nennen. Da sind dann entsprechende aktive Maßnahmen da. Da sind Poller, die dann zur Seite fahren beispielsweise oder die geöffnet werden oder wo eine Schranke existiert. In jedem Fall existiert eine abgesicherte Zufahrt. Dann kann man dort hineinfahren, wenn man berechtigt ist. Und wenn man nicht berechtigt ist, kann man nicht hineinfahren.
Sie hatten das Beispiel Mainz gesagt. Haben die Leute dort trotzdem Spaß auf dem Weihnachtsmarkt?
Ja! Das sage ich Ihnen sofort, ja! [...] Es ist ein Vorurteil, das unterdessen widerlegt wurde, dass sichtbare, gut ausgeführte Maßnahmen zu einer Festung oder zu einem Beklemmungsgefühl der Besucher führen würden. Genau das Gegenteil ist der Fall.
Die Fragen stellte Marcel Roth.
MDR (Marcel Roth, Leonard Schubert)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 22. Dezember 2024 | 17:00 Uhr