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Weil in Sachsen-Anhalt die Unterrichtsversorgung erneut gesunken ist, wurde in Magdeburgs Stadtrat über einen Brandbrief an das Bildungsministerium diskutiert. Bildrechte: picture alliance/dpa | Caroline SeidSeidel-Dißmannel

Kritik am LandLehrermangel: Dramatischer Appell Thema im Stadtrat Magdeburg

08. Dezember 2022, 09:42 Uhr

In Sachsen-Anhalt fällt immer mehr Unterricht aus. Aktuell gelten nur noch 93,5 Prozent der Unterrichtsversorgung als abgedeckt. In der Kommunalpolitik wird die Kritik an der Landesregierung deshalb lauter. In Magdeburg hat der Stadtrat nun einen Brandbrief verabschiedet, der im Vorfeld von vielen Beteiligten unterzeichnet wurde.

In Magdeburg hat der Stadtrat am Donnerstag einen Brandbrief beschlossen. Hintergrund ist die sinkende Unterrichtsversorgung in Schulen. Erst vorige Woche wurde bekannt, dass der Wert im Land weiter abgerutscht ist. Nach aktuellen Zahlen des Bildungsministeriums liegt die Unterrichtsversorgung nun nur noch bei 93,5 Prozent.

Die sogenannte "Magdeburger Erklärung" umfasst insgesamt zehn Forderungen, gerichtet an die Landesregierung. Es heißt: "Mit dieser Erklärung fordern Kommunalpolitiker und Elternvertreter sowie die Wirtschaft der Stadt Magdeburg eine zügige und lösungsorientierte Auseinandersetzung mit den akuten Problemen in der Unterrichtsversorgung".

Die Magdeburger Industrie- und Handelskammer, die Magdeburger Handwerkskammer, die Otto-von-Guericke-Universität und der Stadtelternrat haben das Schreiben bereits unterzeichnet.

Digitale Angebote ausbauen

Da sich der Lehrermangel und damit einhergehend auch die Unterrichtsversorgung in den kommenden Jahren durch eine Vielzahl von Renteneintritten zu verschlimmern droht, besteht laut Erklärung sofortiger Druck zu handeln. Darin werden deshalb unter anderem digitale Lernangebote angesprochen.

Das bedeutet UnterrichtsversorgungDie Unterrichtsversorgung in Sachsen-Anhalt liegt bei 93,5 Prozent. 100 Prozent würde heißen, dass es ausreichend Lehrkräfte gibt, um alle Inhalte des Lehrplans umzusetzen. Die Landesregierung plant mit noch mehr: Eine Unterrichtsversorgung von 103 Prozent. Die drei Prozent sind ein Puffer. Er soll dafür sorgen, dass auch bei Wegfall einer Lehrkraft wegen Krankheit oder Elternzeit, genügend andere Lehrer zu Verfügung stehen, damit der Unterricht nicht ausfallen muss.

Der Bildungsserver des Landes soll "schnellstmöglich um pädagogisch und didaktisch fachkompetent erstellte, digitale Bildungsinhalte erweitert werden", heißt es in dem Papier. Die Angebote sollten strukturierter und um Kontrollmechanismen erweitert werden.

Auch die Einrichtung, Wartung und der Zugriff auf die digitalen Lernangebote soll den Autoren zufolge stärker von externen Kräften unterstützt werden. Sogenannte Digitalassistenten sollten für jede Schule zur Verfügung stehen, um Lehrer zu entlasten.

Schulsozialarbeiter und Mentorenprogramm

Ähnlich gelagert ist die Forderung nach einer Verstetigung der Schulsozialarbeit. Jeder Schule solle demnach mindestens ein Schulsozialarbeiter zur Verfügung stehen.

Um dem Lehrermangel mittelfristig entgegenzuwirken, fordert die "Magdeburger Erklärung" zudem ein Mentorenprogramm und zunächst weniger Unterrichsstunden für Seiteneinsteiger im Lehrerberuf. So soll der hohen Abbrecherquote entgegengewirkt werden. Der Seiteneinstieg soll zudem stärker beworben werden.

In der Erklärung werden auch konkrete Pläne zur besseren Bezahlung von Grundschullehrern und eine wissenschaftliche Analyse zum zukünftigen Lehrerbedarf sowie der prognostizierten Schülerzahl gefordert. Mehr Lehrer sollen zudem wieder in Sachsen-Anhalt ausgebildet werden. Die Otto-von-Guericke-Universität sieht laut der Erklärung noch Potenzial und fordert mehr Geld dafür.

Der Rektor der Magdeburger Uni, Jens Strackeljan, sagte MDR SACHSEN-ANHALT, junge Leute wendeten sich bundesweit derzeit stark von Studiengängen ab, die das Profil der Magdeburger Uni ausmachten. "Die Ingenieursdisziplinen gehen sehr stark zurück. Da müssen wir uns Gedanken darüber machen: Was kann denn in der Schule Interesse wecken?" Wenn der Unterricht in den Fächern Mathematik, Physik oder Chemie nicht stattfinde, sei das nicht förderlich, so Strackeljan. "Im Gegenteil – da muss etwas passieren", sagte Strackeljan.

IHK: Kinder und Jugendliche müssen besser vorbereitet werden

Auch der Hauptgeschäftsführer der Magdeburger Industrie und Handelskammer André Rummel hat den Brandbrief unterzeichnet. Er begründet das mit dem Arbeits- und Fachkräftemangel. Rummel sagte MDR SACHSEN-ANHALT: "Mit Blick auf den Lehrermangel ist die Ausbildungsreife in der Breite nicht mehr gegeben." Deshalb müssten in der Schule die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, dass Kinder und Jugendlichen für eine Berufsausbildung oder ein Studium vorbereitet werden könnten.

Burghard Grupe, der Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Magdeburg, sagte: "Wir haben eine der höchsten Schulabbrecherquoten bundesweit und von den Schülern mit Abschluss bringen immer weniger die Fähigkeiten für eine Ausbildung mit. Das können wir uns in Zeiten, in denen die Babyboomer massenweise in Rente gehen, nicht länger leisten. Hier müssen wir massiv gegensteuern."

Blankenburger Eltern fordern ebenfalls Verbesserungen

Ganz neu sind die Vorschläge aus Magdeburg allerdings nicht. Erst kürzlich hatten sich Eltern aus Blankenburg, sowie Harzer Wirtschaft und Kommunalpolitiker mit ähnlichen Forderungen an die Landesregierung gewandt.

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MDR (Thomas Tasler, Max Hensch)

Dieses Thema im Programm:MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 08. Dezember 2022 | 06:30 Uhr

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