Mehr Familienfreundlichkeit geplant Stadtrat beschließt neues Tourismuskonzept für Magdeburg – trotz Kritik

20. Februar 2020, 19:17 Uhr

Magdeburg soll für Familien mit Kindern ein attraktiveres Reiseziel werden. Das geht aus dem neuen Tourismuskonzept hervor, das der Stadtrat beschlossen hat. Das Papier beschreibt an vielen Punkten allerdings eher den Ist-Zustand und muss überarbeitet werden.

Die Elbe in Magdeburg mit Blick auf den Strombrückenzug und den Dom
Die meisten Magdeburg-Besucher kommen aus Sachsen-Anhalt oder aus den angrenzenden Bundesländern (Archivbild). Bildrechte: MDR/Hanns-Georg Unger

Ein neues Tourismuskonzept soll dafür sorgen, dass künftig noch mehr Urlauber nach Magdeburg kommen. Der Stadtrat hat das gut 90 Seiten starke Papier am Donnerstag beschlossen. Allerdings gab es viel Kritik: Das Wirtschaftsdezernat und die Magdeburger Tourismusgesellschaft MMKT müssen nachlegen und erklären, welche Schritte nun konkret umgesetzt werden. Denn das fehlt nach Meinung von Kritikern bislang an vielen Stellen.

Stadtrat Urs Liebau von den Grünen bezeichnete das Papier als "Bestandsaufnahme ohne Konsequenzen". Es handele sich um ein Konzept ohne Visionen. Oliver Müller von der Linken sagte, es sei zwar gut, dass es nach 20 Jahren ein neues Konzept gebe. Es sei allerdings "mal eben zusammengeschrieben" worden.

Sein Parteikollege René Hempel kritisierte die Arbeit des Wirtschaftdezernats noch weitergehend. Man bekomme aus dem Dezernat nicht das Beste. Er bezog sich damit auch auf Diskussionen um die Zukunft des Innenstadthandels in der Stadtratssitzung vom Dezember.

CDU-Mann Wigbert Schwenke sagte, man müsse das Papier "nicht schlechter reden, als es ist". Es sei eine gute Basis, um darauf aufzubauen.

Konzept muss vorliegen, um Fördergelder zu erhalten

Der Wirtschaftsbeigeordnete Rainer Nitsche (CDU) selbst hatte zu Beginn der Diskussion erklärt, dass das neue Tourismuskonzept eigentlich erst 2021 beschlossen werden sollte. Man habe sich nun aber beeilen müssen, um für einige Projekte noch rechtzeitig Fördergelder zu erhalten. Konkret gehe es dabei um die Sanierung der Stadthalle und die Weiterentwicklung des Elbauenparks. Die Vorhaben müssen demnach im Tourismuskonzept erwähnt werden, damit die Gelder fließen können.

Nitsche bezeichnete das Papier als "Momentaufnahme". Man habe von Anfang an gewusst, dass Dinge fehlen. In einem nächsten Schritt wird das Konzept demnach im Kulturausschuss vorgestellt. Er war bisher nicht einbezogen worden. Spätestens Anfang 2021 solle es dann erneut ein neues – und dann umfassendes – Konzept geben.

So viele Touristen kommen nach Magdeburg

In den vergangenen Jahren ist die Zahl der Übernachtungen von Touristen in Magdeburg kontinuierlich gestiegen. Eine Ausnahme war das Hochwasserjahr 2013. Für die Zukunft wird erwartet, dass die Zahl der Übernachtungen auf 800.000 pro Jahr steigt.

Bislang kommen die meisten Magdeburg-Touristen aus Sachsen-Anhalt und den Nachbar-Bundesländern. Etwa jeder zehnte Übernachtungsgast stammt aus dem Ausland, die meisten davon aus den Niederlanden.

Familienfreundlichkeit soll gesteigert werden

Im neuen Tourismuskonzept wird beschrieben, auf welche Gäste Magdeburg künftig verstärkt hofft und wie sie angesprochen werden sollen. Ein Ziel ist, dass noch mehr Familien mit Kindern nach Magdeburg reisen. Bei der Vermarktung der Stadt soll insgesamt vor allem auf diese Bereiche gesetzt werden:

  • Familientourismus: Um Eltern und jüngere Menschen besser zu erreichen, sollen künftig stärker Facebook und Instagram genutzt werden. Außerdem wurden zum Beispiel ein für Kinder gedachter Stadtplan und ein Spielplatzfinder erstellt.
  • Kulturtourismus: Kulturtourismus spielt für die Stadt eine entscheidende Rolle, heißt es im Tourismusbericht. Es gebe für Kulturinteressierte speziell zugeschnittene Angebote. Zum Beispiel würden Hotelübernachtungen mit Stadtrundgängen und Führungen verbunden.
  • Aktivtourismus: Auch für Aktivurlauber gibt es Kombi-Angebote, bei denen Übernachtungen zusammen mit Ausflügen vermarktet werden.
  • Genusstourismus: Die Marketing-Gesellschaft plant, regionales bzw. ortstypisches Essen bekannter zu machen. Konzepte dazu gebe es bereits, in diesem Jahr solle die Umsetzung beginnen.

Außerdem sollen folgende Projekte dafür sorgen, dass Magdeburg künftig mehr Gäste anzieht:

Sanierung der Stadthalle

Die Stadthalle soll modernisiert und ausgebaut werden, damit künftig neue Veranstaltungen angeboten werden können. Vorgesehen ist, dass vorhandene Räume flexibler genutzt werden. Zudem sind unter anderem zusätzliche Tagungsräume geplant. Auch Lichtkonzept, Sichtachsen und Akustik des Saals sollen überarbeitet werden.

Weil mit mehr Besuchern gerechnet wird, sollen außerdem zusätzliche Parkplätze und Fahrradständer geschaffen werden.

Weiterentwicklung des Elbauenparks

300.000 Besucher kommen pro Jahr in den Elbauenpark. Er ist damit eines der wichtigsten Freizeitangebote Sachsen-Anhalts, heißt es im Tourismuskonzept. Das Gelände und die Angebote sollen nun modernisiert werden. Vorgesehen ist, dass der Park neu aufgeteilt wird, um kurze Wege für Familien mit Kindern und wenig mobile Gäste zu schaffen.

Folgende Schwerpunkte sind geplant:
– Familien- und Naturpark am Kleinen Cracauer Anger
– Veranstaltungen und Events am Großen Cracauer Anger (Festwiese und Seebühne)
– Sport- und Natur-Erlebnisareal am Angerhügel

Festungsradweg

Der geplante Festungsradweg soll Radfahrer ansprechen. Die Idee ist, dass Elberadweg-Touristen ihren Aufenthalt in der Stadt verlängern. Der Festungsradweg soll entlang der Festungsanlagen verlaufen. Sehenswürdigkeiten sollen weiterentwickelt werden. Außerdem sind Beleuchtung, Fahrradboxen und Haltepunkte angedacht.

Mehr Online-Angebote

Die Stadt will auch ihr digitales Angebot ausbauen. Das heißt: Künftig soll es häufiger möglich sein, Übernachtungen, Stadtrundfahrten und Co. online zu buchen. Bereits jetzt gibt es zudem mehrere freie WLAN-Netzwerke in der Stadt, etwa in den großen Parks und am Dom. Künftig soll es noch weitere solcher Hotspots geben. Außerdem soll das WLAN in Gaststätten und Hotels verbessert werden.

Aktuell wird zudem an einer App ("Future History") gearbeitet, mit der Nutzer eine virtuelle Zeitreise durch Magdeburg unternehmen können. Geplant ist, dass man aktuelle Stadtbilder mit historischen vergleichen kann.

Besucherzentrum am Wasserstraßenkreuz

Das Wasserstraßenkreuz nördlich von Magdeburg soll durch ein neues Besucherinformationszentrum besser vermarktet werden. Das Zentrum ist bereits seit 2016 geplant. In ihm soll anschaulich über das Wasserstraßenkreuz mit seiner Trogbrücke bei Hohenwarthe und das Schiffshebewerk informiert werden.

Magdeburg bleibt "Ottostadt"

Seit 2010 wirbt Magdeburg als "Ottostadt" für sich – in Anspielung auf Kaiser Otto den Großen und Otto von Guericke. Laut einer Umfrage der Magdeburg Marketing Kongress und Tourismus GmbH verbinden inzwischen zwei Drittel der Besucher Magdeburg mit dem Begriff "Ottostadt". Die Kampagne soll fortgesetzt und weiterentwickelt werden. Details dazu wurden nicht genannt.

Ökumenische Höfe

Der Bereich zwischen Sankt-Petri-Kirche und der Wallonerkirche am Schleinufer soll neu erschlossen werden. Die Bauarbeiten für ein neues Kloster laufen bereits. Auch der zum Areal gehörende Lutherturm soll neu erschlossen werden. Es wird darüber nachgedacht, einen öffentlichen Informations- und Aussichtspunkt zu errichten. Auf dem Gelände soll es außerdem einen evangelischen Klosterladen und mehrere Gärten geben.

Magdalenenkapelle, Wallonerkirche und die Sankt-Petri-Kirche in Magdeburg, 2008
Die Magdalenenkapelle, Wallonerkirche und die Sankt-Petri-Kirche liegen in Elbnähe (Archivbild). Bildrechte: imago images / Olaf Döring

Neue Tourismus-Wegweiser

2006 sind in der Stadt Schilder aufgestellt worden, die Touristen helfen, sich zu orientieren. Sie sind veraltet und sollen grundlegend erneuert werden.

Über die Autorin Kalina Bunk arbeitet seit 2015 für MDR SACHSEN-ANHALT – in der Online- und in der Hörfunkredaktion. Sie schreibt für mdrsachsenanhalt.de, verfasst und spricht die Nachrichten im Radio und ist als Reporterin im Land unterwegs. Aufgewachsen ist sie in Bremen. Dort und in Madrid studierte sie Kulturwissenschaft und Germanistik. Danach war sie für mehrere private Radiosender in Bremen und Berlin tätig. An der Arbeit als Redakteurin fasziniert sie, dass jeder Arbeitstag anders aussieht und dass man täglich etwas Neues dazu lernt.

Quelle: MDR/kb

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 20. Februar 2020 | 08:30 Uhr

2 Kommentare

Grosser Klaus am 21.02.2020

Geld ist nicht alles, was fehlt, ist ein Blick über den Magdeburger Tellerrand. Offenbar hat man in Magdeburg noch nichts vom nachhaltigem Tourismus gehört und das ein Tourismuskonzept in eine Stadtentwicklungskonzeption eingebettet sein muss.
Eine auf Grundsätzen für Stadtentwicklung beruhende Stadtentwicklungskonzeption existiert aber nicht.
Stadtentwicklungspolitik macht man eben nicht, mit den drei großen Magdeburger Grundsätzen:
1. Größenwahn,
2. Überheblichkeit,
3. Größe Klappe und nichts dahinter.

Harka2 am 20.02.2020

Ich war vor ein paar Jahren zum letzten mal als Tourist in Magdeburg. Parkplatzprobleme gab es nicht. Im Gegenteil, überall gab es kostengünstige Parkmöglichkeiten. Wir entschieden uns für ein fast leeres Parkhaus gegenüber dem Hundertwasserhaus. Da Grund dafür war nur, dass unser Auto so nicht in der Sonne stehen würde. Es gab reichlich kostenlose Parkmöglichkeiten an der Straße. Das Problem Magdeburgs ist, das es außer dem Hundertwasserhaus und dem Dom nichts mehr gibt, was einen Besuch wert wäre. Ja, ok, die Elbterassen sind nett, aber nur wenige hundert Meter lang. Ok, die schon lange aufgegebene Johanniskirche vermittelt auf den ersten Blick einen großartigen Eindruck, sie ist aber nur noch ein Tagungsraum. Ihre Türme sind nur noch Aussichtspunkte auf die Reste einer Stadt mit einer großartigen Geschichte, welche die aber nicht ausstrahlt. Kein Hinweis auf die weltgeschichtlichen Dinge der Hansestadt im Binnenland, kein Hinweis auf die Magdeburger Halbkugeln ...

Mehr aus Magdeburg, Börde, Salzland und Harz

Hintereingang zum Universitätsklinikum Magdeburg.
Hohe Kosten durch dezentrale Lage und schlechten Brandschutz: Das Universitätsklinikum in Magdeburg muss dringend saniert werden. Bildrechte: imago/Christian Schroedter

Mehr aus Sachsen-Anhalt

Hintereingang zum Universitätsklinikum Magdeburg.
Hohe Kosten durch dezentrale Lage und schlechten Brandschutz: Das Universitätsklinikum in Magdeburg muss dringend saniert werden. Bildrechte: imago/Christian Schroedter
Eine Collage aus AfD Politiker Björn Höcke und dem SCM Torhüter Nikola Portner. 2 min
Bildrechte: dpa/imago
2 min 23.04.2024 | 18:05 Uhr

Prozess gegen Höcke, Ermittlungen gegen SCM-Torhüter, Frostige Obsternte: die drei wichtigsten Themen vom 23. April aus Sachsen-Anhalt kurz und knapp in nur 90 Sekunden. Präsentiert von MDR-Redakteurin Viktoria Schackow.

MDR S-ANHALT Di 23.04.2024 18:00Uhr 01:50 min

https://www.mdr.de/nachrichten/sachsen-anhalt/video-nachrichten-aktuell-dreiundzwanzigster-april-100.html

Rechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Video