Steigende Energiekosten Wie Magdeburg Strom und Wärme sparen will

29. September 2022, 05:00 Uhr

Um in Magdeburg Energie zu sparen und die hohen Kosten einzudämmen, sollen zunächst die Temperaturen in öffentlichen Gebäuden gesenkt und Beleuchtungen reduziert oder umgestellt werden. Schließungen sollen laut Oberbürgermeisterin Simone Borris möglichst vermieden werden. Auch Weihnachtsmarkt und Lichterwelt sollen stattfinden. Laut Borris ist die Stadt trotz Einsparungen auf Unterstützung des Bundes angewiesen. Für die Sorgen der Menschen äußerte sie Verständnis.

Seit Wochen wird Sachsen-Anhalt durch ein Thema beherrscht: Die steigenden Energiepreise, die vielen Menschen große Sorgen bereiten. Erst kürzlich hat der Bundesrat einer Energiesparverordnung des Bundes zugestimmt, um eine Mangelversorgung mit Energie zu verhindern und Kosten zu sparen. Insgesamt will die Bundesregierung den Gasverbrauch um 20 Prozent senken, die Energiesparverordnung soll einen Beitrag dazu leisten.

An die daran enthaltenen Bestimmungen muss sich auch Magdeburg halten. Oberbürgermeisterin Simone Borris erklärte MDR SACHSEN-ANHALT, wie die Stadt Magdeburg die geforderten Einsparungen umsetzen wolle.

Das Energiesparkonzept Magdeburgs sieht demnach mehrere Stufen vor. In der ersten Stufe sollen Strom und Wärme gespart werden, in dem etwa die Temperaturen in städtischen Gebäuden gesenkt werden. In Schwimmbädern gingen die Temperaturen schon um ein Grad runter, in Sporthallen sollen nur noch auf 15 bis 17 Grad geheizt werden, in den Verwaltungsgebäuden wie etwa dem Rathaus auf 19 Grad. Die Heizzeiten und Öffnungszeiten sollen teilweise reduziert werden, vom 27. Dezember bis zum fünften Januar sollen die Verwaltungsgebäude ganz schließen.

Zudem soll Strom gespart werden, indem unter anderem Außenbeleuchtung heruntergefahren wird, wo dies nicht für die Sicherheit erforderlich ist. Nicht benötigte Geräte sollen konsequent ausgeschaltet werden und keine unnötigen Lichter in den Gebäuden brennen. Dazu werden die Mitarbeitenden in einem höflichen Schreiben aufgefordert, sich an die Maßnahmen zu halten.

Schließungen sollen vermieden werden

Sollten die getroffenen Maßnahmen nicht ausreichen, müsse man notgedrungen darüber nachdenken, in "Stufe zwei" überzuleiten und bestimmte Einrichtungen übergangsweise zu schließen, so Borris. Dies solle aber so lange wie möglich verhindert werden. Zudem sollen laut Borris die Hilfsangebote wie Wärmeräume und Organisationen in den einzelnen Stadtteilen finanziell unterstützt werden.

Die Menschen brauchen ja irgendwo nach über zwei Jahren Corona auch ein gewisses Maß an sozialen Begegnungen, an sportlicher Betätigung und so weiter.

Simone Borris, Oberbürgermeisterin Magdeburg

Weihnachtsmarkt und Lichterwelt sollen stattfinden

Aus ähnlichen Gründen sollen laut Borris nach Möglichkeit auch der Weihnachtsmarkt und die Lichterwelt stattfinden, wenn auch möglicherweise in leicht reduzierter Form. Sie sagte MDR SACHSEN-ANHALT, die Lichterwelt habe einen relativ geringen Energieverbrauch durch die Nutzung von LED-Beleuchtung, so dass der positive Nutzen höher einzustufen sei, als das Einsparpotenzial.

Anders sieht das die die Deutsche Umwelthilfe. Die hatte kürzlich gefordert, in diesem Jahr auf Weihnachtsbeleuchtung in den Städten zu verzichten, um Energie zu sparen. Weihnachtsmarktchef Paul-Gerhard Stieger reagierte auf die Forderungen mit Unverständnis. Laut Angaben des Weihnachtsmarktes hatte die Lichterwelt im Jahr 2020 knapp 35.000 Kilowattstunden Strom verbraucht.

Hilfe vom Bund benötigt, Sparkurse befürchtet

Trotz der Energiesparpläne sind laut Simone Borris erhebliche Belastungen für den Magdeburger Haushalt erwartbar. Neben den direkten Energiekosten für die Stadt seien steigende Kostenübernahmen für Unterkünfte und Empfänger von Hilfsleistungen zu erwarten. Gleichzeitig sei zu befürchten, dass durch die gestiegenen Produktionskosten Betriebe schließen und die Arbeitslosenzahlen steigen würden. Alleine seien diese Kosten für die Kommune im Grunde nicht tragbar.

Ich habe die große Hoffnung, dass es Ausgleichsleistungen auch vom Bund und vom Land geben wird. Die muss es einfach geben.

Simone Borris, Oberbürgermeisterin

Auch wenn es Ausgleichsleistungen geben sollte, befürchtet Borris, im nächsten Jahr an einigen Stellen den Sparstift ansetzen zu müssen. Selbstverständlich werde alles dafür getan, um die Auswirkungen so gering wie möglich zu halten.

Tatsächlich hat die Ampelkoalition vor kurzem ein drittes Entlastungspaket in Höhe von 65 Milliarden Euro vorgeschlagen. Von dem würden laut Experten eher als die Kommunen die Bürgerinnen und Bürger direkt profitieren. Derzeit streiten Bund und Länder aber darüber, wer die Kosten übernehmen soll. Den Ländern ist der Anteil, den sie bezahlen sollen, zu hoch.

"Energiewende nicht verschlafen"

Trotz der schwierigen akuten Lagen glaubt Simone Borris nicht, dass die Stadt die Energiewende bislang verschlafen habe, um sich von fossilen Energieträgern unabhängiger zu machen. Schon jetzt würden durch die Stadtwerke hohe Anteile Fernwärme durch Müllverbrennung produziert und zunehmend grüner Strom über Photovoltaikanlagen erzeugt.

Durch die um überwiegende Umstellung auf Fernwärme durch Müllverbrennung als Energieträger glaube ich, dass wir gut unterwegs sind.

Simone Borris, Oberbürgermeisterin der Stadt Magdeburg

Besser ginge es laut Borris natürlich immer, aber durch den Masterplan Klimaschutz der Stadt würden viele weitere Projekte umgesetzt, um Energie zu sparen und klimafreundlicher zu werden. Dazu gehörten zum Beispiel auch der Ausbau von ÖPNV und Fahrradwegen oder das Pflanzen neuer Bäume.

Bis 2050 will die Stadt Magdeburg 95 Prozent der eigenen Treibhausgasemissionen im Vergleich zu 1990 einsparen und den Anteil erneuerbarer Energien von fünf auf 25 Prozent steigern. Die Stadtverwaltung hatte im letzten Jahr etwa 60 Prozent Ökostromanteil. Kritikern wie etwa der Fridays for Future Bewegung geht der Ausbau erneuerbarer Energien nicht schnell genug und forderte kürzlich massive Investitionen in den Klimaschutz.

Verständnis für Sorgen der Menschen

Angesichts der hohen Energiekosten kommt es in den letzten Wochen neben vielen anderen Städten auch in Magdeburg immer wieder zu Protesten. Simone Borris sagte, sie könne nachvollziehen, dass Menschen sich mit lauter Stimme zunächst einmal an die Kommunen wendeten.

Wir müssen das ganze Prozedere und müssen die ganzen Ängste und Sorgen der Menschen teilen und ertragen.

Sie betonte, im Rathaus versuche man "alles uns Mögliche umzusetzen, damit es nicht so hart kommt und wir alle Hilfen, die umsetzbar sind, anbieten können". Der nächste Schritt werde es sein, mit der Stadtgesellschaft ins Gespräch zu kommen und nach Lösungen zu suchen.

Gleichzeitig appellierte sie an den Zusammenhalt in der Stadt. "Wir werden das nur schaffen, wenn wir als Stadtgesellschaft hier auch wirklich zusammenhalten und nach gemeinsamen Lösungen suchen und nicht versuchen, die Schuld oder die Verantwortung nur an eine Stelle zu schieben."

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MDR (Leonard Schubert)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 29. September 2022 | 06:00 Uhr

3 Kommentare

Wagner am 29.09.2022

Etwas falsch formuliert : man muss die Sorgen teilen und ertragen. Ertragen ist hier das Unwort. Es ist nicht alles eitel Sonnenschein und da gehört das „Ertragen“mit dazu. Ein Gemeinwesen hat ausgedient,wenn es nicht erträgt.Der Reichtum wird ja auch „ertragen“. Wir haben die Schönwetterperiode verlassen und es scheint ganz allgemein,dass die Politik immer noch im Schönwettermodus existiert,da nicht rauskommt. Das wird noch eine schwierige Sache werden ,in der neuen Zeit anzukommen.

Shantuma am 29.09.2022

Man hört von Gasumlagen, von Gasspeicherumlagen, man hört vom Anmieten von LNG-Terminals und den Bau jener.

Doch mal ehrlich ... brauchen wir nicht andere Maßnahmen?
Wo sind Maßnahmen zum Ausbau von Photovoltaik? Wo sind Maßnahmen zum Ausbau von Windenergie?
Wo sind Maßnahmen zum Speichern von überflüssiger Energie? Achja, die soll ja mit dem Schiff nach Deutschland transportiert werden und da dann wieder verstromt werden.

Der Umgang der Regierung mit der derzeitigen Situation ist ... schäbig.
Man investiert nicht wirklich in die Zukunft die man der Bevölkerung verspricht und auf die auch die Medien stets hinweisen.

Das man zu sowas in den ersten 3 Monaten nichts liefern kann ist noch verständlich. Doch es sind über 6 Monate nun vergangen und solche Pläne, wenn auch alte, liegen im Schubfach.

Die Regierung spielt nicht offen und dies zermürbt das Vertrauen in die kläglichen Reste der Demokratie.

Feldmaus am 29.09.2022

Warum will man diese pompoese Lichterschau auf dem Domplatz veranstalten.Ich fand die ganze Sache eh zu viel auf einmal,etwas weniger wäre schöner.In der momentale Lage,wo der Bürger tgl.ans sparen erinnert wird, Betriebe unter der Energiekriese leiden,unsere Wirtschaft auf talfahrt ist,da will man dieses Spektakel trotzdem machen. Ich glaube nicht,das man damit den Bürger beruhigen kann. Lichtspektakel in der Stadt,aber Temperaturen in den Schulen auf ein Minimum,Menschen bei Kerzenschein am Abend.

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