Neue Rektorin Manuela Schwartz Wie die Hochschule Magdeburg-Stendal bunter und nachhaltiger werden soll

28. Oktober 2022, 18:44 Uhr

Seit mehr als 20 Jahren lehrt Manuela Schwartz an der Hochschule Magdeburg-Stendal, in diesem Jahr wurde sie zur neuen Rektorin gewählt. Im Gespräch mit MDR SACHSEN-ANHALT erzählt sie, welche Herausforderungen in den ersten Monaten im Amt deutlich geworden sind, welche Ziele sie hat – und warum sie sich weder als "Wessi" noch als "Ossi" identifiziert.

MDR AKTUELL Mitarbeiter Felix Fahnert
Bildrechte: MDR/punctum.Fotografie/Alexander Schmidt

Dass sie es schon nach wenigen Monaten vermisst, regelmäßig als Dozentin vor Studierenden zu stehen, daraus macht Manuela Schwartz keinen Hehl. "Das fehlt natürlich", gibt die neue Rektorin zu. Der Austausch mit jungen Menschen, das sei eigentlich das Wichtigste an der Arbeit als Hochschullehrerin – um herauszufinden, was sie bewegt, welche Visionen sie haben, wie sie sprechen. "Die müssen wir ja unterrichten!“, betont Schwartz. Allerdings: Genau das übernehmen an der Hochschule Magdeburg-Stendal jetzt eher andere.

Ein knappes halbes Jahr ist es her, dass die Musikwissenschaftlerin Hörsaal und Seminarräume quasi gegen das Rektorat getauscht hat. Haus 3, zweite Etage – von hier aus leitet und verantwortet Manuela Schwartz als neue Rektorin die Geschicke der Hochschule, das grüne Campusgelände gut im Blick. Und auch wenn der Austausch mit Studierenden bleiben soll: Es war ein Schritt weg von der geliebten Lehre und Forschung hin zur Verwaltungsarbeit, zu einem Repräsentationsjob, und natürlich zu mehr Verantwortung.

Ich mache auch die gleichen Fehler.

Rektorin Manuela Schwartz

Schwartz, zuvor Dekanin des Fachbereichs "Soziale Arbeit, Gesundheit und Medien" und seit 1998 an der Hochschule, betont: "Es fühlte sich ganz natürlich an." Die Kolleginnen im Rektorat hätten sie wunderbar aufgenommen – und sie selbst bleibe ja dieselbe. "Ich mache auch die gleichen Fehler", sagt sie schmunzelnd, und gibt sich selbstkritisch: Manchmal etwas zu viel Kommunikation, zu viel Einmischen in andere Prozesse, da müsse sie sich noch etwas sortieren.

Stimmung an der Hochschule soll sich verbessern

Im März hatte der Senat der Hochschule die gebürtige Rheinland-Pfälzerin für vier Jahre zur neuen Rektorin gewählt, seit Mai ist sie im Amt. Schwartz – verheiratet, zwei Kinder – hat sich viel vorgenommen für ihre Amtszeit: die Hochschule grüner und nachhaltiger machen, etwa durch Photovoltaikanlagen auf den Dächern, mit Wildblumenwiesen und mit überdachten Fahrradplätzen, perspektivisch soll die Hochschule sogar klimaneutral werden. Zudem will Schwartz die fünf Fachbereiche erhalten, die Studierendenzahlen erhöhen, und möglichst stark von der Intel-Ansiedlung profitieren. "Wir müssen als Hochschule definitiv sichtbarer werden."

Doch es geht Schwartz zugleich um die Atmosphäre auf dem Campus. "Ziel ist auch, dass sich die Stimmung an der Hochschule insgesamt verbessert." Welche Probleme es womöglich gibt, will sie nicht sagen, doch es müssten alle gern vor Ort studieren, arbeiten, und sich mit der Einrichtung identifizieren.

Diversität: Fokus auch auf Barrierefreiheit und Teilhabe

Dass die Hochschule diverser, also bunter und vielfältiger werden soll, das fordert Schwartz gleich auf mehreren Ebenen: Da geht es etwa darum, für männerlastige Fachbereiche mehr Frauen zu gewinnen – und umgekehrt. Zudem soll der Anteil ausländischer Studierender erhöht werden, die aktuell sieben bis acht Prozent sind Schwartz entschieden zu wenig.

Doch die neue Rektorin verweist bei der Diversität nicht nur auf Geschlechter oder die Herkunft, sondern auch auf Teilhabe und Barrierefreiheit: So müssten verstärkt Menschen mit anderen Bildungswegen an der Hochschule lernen können, "ohne natürlich die Qualität der Lehre abzusenken", sagt Schwartz. Auch für Rollstuhlfahrerinnen und -fahrer, für Blinde und Gehörlose müsse die Hochschule attraktiver werden. "Wir haben den Studiengang Gebärdensprachdolmetschen und auch gehörlose Mitarbeiter und einen gehörlosen Professor, aber wir haben beispielsweise noch keinen gehörlosen Studenten." Auch das könne Diversität bedeuten, sagt Schwartz – damit der Campus bunter und vielfältiger wird.

Arbeitstage dauern bis in den Abend hinein

Wenn die Rektorin ihre ersten Monate im Amt Revue passieren lässt, dann sind es vor allem die neuen Verpflichtungen außerhalb des klassischen Hochschulbetriebs, die herausfordernd sind: die ständige Arbeit mit Ministerien und Parlamentariern, die Reden und Grußworte, oder das schlichte Beherrschen der vielen Abkürzungen in Politik und Verwaltung. "Ich dachte, das würde etwas langsamer beginnen." Doch das tat es nicht – umso steiler ist seither die Lernkurve. "Kein Tag ist wie der andere, und ich muss jeden Tag viel dazu lernen." Doch der neue Job kostet auch Zeit: Nicht selten endet der Arbeitstag nach Veranstaltungen am Abend nun erst um 21 oder 22 Uhr.

Schwartz hat in Mainz studiert und in Berlin promoviert, hatte Gast- und Honorarprofessuren in Städten wie Paris oder Montréal. Was genau macht da eigentlich den Reiz von Magdeburg aus? Für die Musikwissenschaftlerin sind es die Kulturangebote. "Die kulturelle Vielfalt gibt es hier auch", sagt Schwartz. "Magdeburg entwickelt sich und ist in der Lage, die positiven Seiten und seine Vielfalt besser herauszustellen." Mit Blick auf den Wissenschaftsstandort sei bei der Außenwirkung noch Potenzial, Schwartz will mithelfen, das zu verbessern. Mit der Art von "regionalkultureller Vielfalt" vor Ort fühle sie sich aber sehr wohl – und verweist auf Oper, Orchester, Theater und Puppentheater sowie kleinere Projekte in der Stadt. "In Magdeburg gibt’s ‘ne gute Lebenssituation." Dankbar sei die dabei auch, viele Wege entspannt mit dem Fahrrad erledigen zu können.

Identifikation weder als "Wessi" noch als "Ossi"

Dass Magdeburg sowohl eine Universität als auch eine Hochschule hat, sieht Schwartz nicht als Gefahr – vielmehr betont sie etwa die Kooperation im Studiengang Sicherheit und Gefahrenabwehr. "Nichtsdestotrotz gibt es natürlich Konkurrenz, zum Beispiel im Bereich Maschinenbau." Und auch bei der Psychotherapie wünsche sie sich, dass man "zu einer gemeinsamen Entwicklung" komme – man sei dazu im Gespräch, erklärt Schwartz diplomatisch. "Und da könnten sehr gute Lösungen am Ende dabei rauskommen."

Als Ostdeutsche identifiziert sie sich nach all den Jahren Arbeit in Magdeburg übrigens nicht. "Das ist das Einzige, was mich tatsächlich überrascht, dass ich immer noch relativ oft hier gefragt werde, woher ich komme", sagt Schwartz. Je nachdem, woher das Gegenüber kommt, führe das manchmal zu einer Art von Bewertung. "Ich würde eher sagen, ich fühle mich weder als Wessi noch als Ossi, sondern in allererster Linie als Deutsche." Eine Vorfahrin von ihr sei Französin, ihr Mann komme aus Finnland. "Da ist so viel Internationalität und Reflektion über das Deutschsein dabei, aber definitiv nicht über die Frage, ob ich ein Ossi oder ein Wessi bin – oder eine Ossi beziehungsweise eine Wessi", sagt sie lachend.

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MDR (Felix Fahnert)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 19. September 2022 | 16:00 Uhr

2 Kommentare

jackblack am 29.10.2022

Mittlerweile sind bunt und vielfältig WICHTIGER als Wissen und Kompetenz !!!

Atheist am 29.10.2022

Oh je, hört sich nach noch mehr Innninnen und Buntheit an.

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