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Studierende aus Sachsen-Amhalt sprechen über ihr Studium während Corona.

Do 13.01.2022 15:47Uhr 01:04 min

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Zwischen Online-Vorlesung und Party-Absagen Studieren in der Corona-Pandemie: "Das Sozialleben geht den Bach runter"

14. Januar 2022, 18:04 Uhr

Die Corona-Pandemie beherrscht schon so lange das gesellschaftliche Leben, dass manche Studierende ein Studium ohne Corona-Einfluss gar nicht kennen. Für sie gehört es zum Alltag, oft nicht zu wissen, ob die Vorlesung morgen im Hörsaal oder in der WG-Küche am Laptop stattfindet. Partys fallen aus, soziale Kontakte gibt es teils nur per E-Mail, Freundeskreise lösen sich auf. MDR SACHSEN-ANHALT hat mit Studierenden in Magdeburg über ihre Erfahrungen in den vergangenen zwei Jahren gesprochen.

Fabian Frenzel
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  • Nach zwei Jahren Corona-Pandemie zehren die Corona-Maßnahmen rund um das Studium an den Nerven der Studierenden. Auch Freundeskreise und das studentische Leben leiden unter der Pandemie.
  • Online-Vorlesungen sind das Mittel der Wahl, um die Lehre aufrecht zu erhalten. Doch unkreative Videokonferenzen, der immer selbe Schreibtisch und fehlende Eigenmotivation erschweren das Online-Studieren.
  • Die Studierenden wollen von den Lehrenden mehr miteinbezogen werden, um das Studieren in Corona-Zeiten zu verbessern.

Das sagen Studierende über ...

... zwei Jahre studieren mit der Corona-Pandemie

Alissar, Informatik-Studentin an der Otto-von-Guericke-Universität: "Je länger es geht, desto schwieriger wird es. Am Anfang war es super angenehm. Selbst studieren und die Prüfungen waren super einfach. Jetzt gehen die ganzen Privilegien und Streicheleinheiten weg. Es wird alles so gemacht, als würden wir in Präsenz sein."

Alicia, Studentin der Umwelt- und Energie-Prozesstechnik an der Otto-von-Guericke-Universität: "Ich mag es nicht, dass wir so viele Online-Veranstaltungen haben. Allerdings finde ich es auch nicht gut, dass wir jetzt bei den hohen Corona-Zahlen wieder in die Uni gehen müssen – teilweise auch bei den Prüfungen. Schwierig, wenn man dann da zum Beispiel mit 300 Leuten sitzt."

Maximilian, Student der Mensch-Technik-Interaktion an der Hochschule Magdeburg-Stendal: "Ich muss sagen, es ist schon anstrengender, weil man sich zu Hause mehr motivieren muss. Es kommt auch darauf an, wie viele Profs auch mitziehen bei den Online-Vorlesungen, die sich jetzt sehr verändern. Es gibt Profs, die gehen mit und versuchen sich anzupassen und das auch attraktiv zu gestalten. Dann macht es natürlich Spaß. Aber andere lassen einen auch ziemlich alleine. Dann ist es natürlich ziemlich uninteressant."

... fehlendes Sozialleben rund um den Uni-Alltag

Alissar, Informatik-Studentin an der Otto-von-Guericke-Universität: "Das Sozialleben geht auf jeden Fall komplett den Bach runter. Vor knapp drei Jahren haben wir angefangen und da waren wir eine große Freundesgruppe. Aber seit Corona ist alles komplett auseinandergebröckelt. Die neuen Erstis, die wir eigentlich auch immer mit aufgenommen haben, die wir eingeführt haben, die kennen wir teilweise gar nicht mehr."

Martin, Student der Mechatronischen Systemtechnik an der Hochschule Magdeburg-Stendal: "Gerade als es auf die Prüfungen zuging, war es ein träges Vorankommen. Das war am Schluss eine sehr graue Angelegenheit. Da hatte man nur mit einem kleinen Teil der Kommilitonen den Austausch."

Daniel, studiert Culture Engineering an der Otto-von-Guericke-Universität: "Viele Leute fühlen sich sehr einsam, denn die sitzen die ganze Zeit in der Wohnung."

Flavio, studiert Medienbildung an der Otto-von-Guericke-Universität: "Ich dachte, ich komme hier her und bin der klassische Student, wohne in der WG und gehe zur Uni. Dieses klassische Unileben eben. Aber Pustekuchen. Wegen Corona. Die, die mit mir angefangen haben, habe ich erst ein Jahr später kennengelernt, als Präsenz-Unterricht war beziehungsweise kannte ich sie nur vom Bild in den Online-Veranstaltungen.

Ich dachte, ich komme hier her und bin der klassische Student, wohne in der WG und gehe zur Uni. Dieses klassische Unileben eben. Aber Pustekuchen.

Student Flavio

Hilfe für einsame Studierende

Die Hochschule Magdeburg-Stendal bietet über die Psychosoziale Studienberatung Hilfe an. Auch die Otto-von-Guericke-Universität bietet eine solche Beratung an. Außerdem gibt es an der Uni ein Angebot von Studierenden für Studierende, bei dem sich vertraulich über Probleme im Uni-Alltag ausgetauscht werden kann.

... die Vor- und Nachteile von Online-Vorlesungen und -Prüfungen

Ruth, studiert Wasserwirtschaft an der Hochschule Magdeburg-Stendal: "Ich schätze Präsenz-Vorlesungen sehr, weil ich viel einfacher Rückfragen stellen kann und ich nicht Sorge haben muss, dass das Internet ausfällt oder irgendwie überlastet ist. Wir sind zu dritt in einer WG und wenn alle drei eine Vorlesung haben, dann kann das auch mal schwierig werden. Und es fehlt halt in den Pausen das Gespräch mit den Kommilitonen. Da geht, glaube ich, ganz viel zwischenmenschlich flöten. Online habe ich zwar den Inhalt vom Studium, aber irgendwie nichts mehr drumherum."

Tsvetelina, studiert Umwelt- und Energie-Prozesstechnik an der Otto-von-Guericke-Universität: "Die Online-Prüfungen waren schwieriger gemacht, damit man keine Möglichkeit hat, abzuschreiben. Aber man konnte gar nicht denken, da es so viel Zeitdruck und so viele Fragen gab. Zum Beispiel 40 Fragen in 70 Minuten und dann nicht Multiple-Choice, sondern Schreiben und Zeichnen. Das war sehr anstrengend."

Martin, Student der Mechatronischen Systemtechnik an der Hochschule Magdeburg-Stendal: "Ich habe durch Online-Vorlesungen weniger Stoff mitgenommen. Das wird von Fach zu Fach verschieden gut umgesetzt. Ich persönlich komme nicht gut klar mit aufgezeichneten Videos. Es war schwierig für mich, mich aufzuraffen und sich so ein Video anzusehen. Allein fürs Gruppengefühl bevorzuge ich die Live-Variante."

Flavio, studiert Medienbildung an der Otto-von-Guericke-Universität: "Online ist natürlich bequem und ich habe am Anfang gedacht, ich kann dadurch gut ankommen in der WG und in der Stadt, weil ich gar nicht erst groß zur Uni gehen muss. Aber nach wenigen Monaten ist es schon ätzend, wenn man wirklich nur zu Hause vor dem PC sitzt und immer die gleiche Umgebung hat.

Bei Vorlesungen um 7 Uhr war ich schon dankbar, wenn die online stattfanden. Aber um 13 Uhr ist man ausgeschlafen – auch als Student. Da kann man auch mal zur Uni gehen.

Student Flavio

So wurde im vergangenen Jahr an der Otto-von-Guericke-Universität studiert:

... das Hin und Her zwischen Präsenz- und Online-Veranstaltungen

Martin, Student der Mechatronischen Systemtechnik an der Hochschule Magdeburg-Stendal: "Wenn Präsenz notwendig ist, darf der Unterricht innerhalb der Hochschule stattfinden. Wo die 'Notwendigkeit' liegt, ist aber jedem Professor selbst überlassen. Das ist ein Problem, weil man nicht so richtig einschätzen kann, wo es tatsächlich notwendig ist und wo nicht. Die Professoren gehen aber auf die Studierenden ein und wir können im Prinzip abstimmen, wie wir es gerne hätten. Aber das ist auch nicht so einfach, weil es unter den Studierenden unterschiedliche Meinungen dazu gibt."

Ruth, studiert Wasserwirtschaft an der Hochschule Magdeburg-Stendal: "Am Anfang war schlecht kommuniziert, was passiert, wenn wir nicht mehr in Präsenz Vorlesungen haben. Und irgendwann kam halt der Tag, an dem es so weit war. Und dann war es so ein Hin und Her und Suchen, wo man die Infos herkriegt. Welcher Dozent hat wo welche Infos hingestellt? Es wird aber besser. Ich weiß jetzt, wo ich die Infos herbekomme."

.. Ablenkungen und Motivation im Home-Office

Flavio, studiert Medienbildung an der Otto-von-Guericke-Universität: "Ich hatte zum Beispiel einen Vortrag und habe eine Diskussionsfrage gestellt und dachte, meine Kommilitonen antworten mir jetzt. Aber es hat sich keiner gemeldet. Das ist ein bisschen schade. Ich kann das aber verstehen und bin da auch so. Ich sage auch nicht immer was in Online-Veranstaltungen.

Ich habe eigentlich mein Handy dabei auch die ganze Zeit in meiner Hand. Das kann ich offen zugeben. Das würde in Präsenz wahrscheinlich deutlich weniger passieren, weil mich der Prof ja sehen könnte."

Ruth, studiert Wasserwirtschaft an der Hochschule Magdeburg-Stendal: "Ich fahre, wenn ich irgendwie lernen muss, in die Bibliothek. Das ist ein Raum, wo ich mich wirklich noch konzentrieren kann.

Zu Hause sitze ich einfach immer vor dem gleichen Schreibtisch, vor dem ich auch meine Freizeit verbringe. Und das ist lahm. Das ist okay, wenn das nur die Hausaufgaben sind oder die Sachen, die man vor- und nachbereitet. Aber, wenn es halt alles ist, dann funktioniert es bei mir irgendwann nicht mehr."

Präsenz-Vorlesungen sind nicht der Heilige Gral.

Erkenntnis durch die Corona-Pandemie

... was besser werden muss

Flavio, studiert Medienbildung an der Otto-von-Guericke-Universität: "Die nächste Klausur schreibe ich im Februar. Und obwohl alles dazu online stattgefunden hat, muss diese Klausur, weil der Professor das möchte, unbedingt in Präsenz geschrieben werden. Warum man da so stur sein muss, verstehe ich nicht. Da könnte man vielleicht andere Möglichkeiten und Lösungen finden. Der Prof sagt mehr oder weniger: 'Das wird schon immer so gemacht.' Ich sage mal so: Einem alten Hund kannst du keinen neuen Trick beibringen. Und wenn er so eingespielt ist seit 30 Jahren, dann wird er das so durchziehen.

Ich würde mir wünschen, dass man da auf die Studierenden eingeht. Man könnte vielleicht irgendetwas in Hybrid machen. Also ein Teil sitzt zu Hause und ein Teil im Hörsaal. Man müsste einfach mal umdenken. Das geschieht nicht und das finde ich schade.

Ruth, studiert Wasserwirtschaft an der Hochschule Magdeburg-Stendal: "Ich glaube, es ist selbstverständlicher geworden, dass man sagt, Präsenz-Vorlesungen sind nicht der Heilige Gral. Ich finde die digitalen Angebote als Ergänzung super wichtig und sehr praktisch. Diese Selbstverständlichkeit von beiden nebeneinander als Co-Existenz, das ist etwas, was ich mir für die Zukunft wünsche."

Im MDR-Podcast "Was bleibt" spricht Autor Fabian Frenzel ab Minute 29:10 über seine Eindrücke und Recherche zum Studium in Corona-Zeiten.

MDR (Fabian Frenzel)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT | 17. Januar 2022 | 15:30 Uhr

3 Kommentare

Shantuma am 15.01.2022

Vielleicht empfinden diese Studenten die "neue Normalität" als nicht befriedigend, eventuell sogar als schädlich für die Lehre.

Wobei ich die "neue Normalität" mit anderen Qualitäten beschreiben würde. Darunter fallen dann Worte wie Gehorsamspflicht, zweifelloses Handeln usw.
Das der Zweifel der Samen der Wissenschaft ist ... tja ... das wurde bereits vergessen.

Nelke am 15.01.2022

Was heißt hier, das soziale Leben geht den Bach runter ?! Wir haben jetzt
die neue Normalität, die das soziale Leben nunmal anders definiert. Von Jedem und Jeder ist äußerste Zurückhaltung und Selbstaufgabe gefordert und ist das Gebot der Zeit. Außerdem kann man an Gegen-demonstrationen gegen schlimme "Coronaleugner" teilnehmen wie in Dresden. Was will die studierende Jugend denn noch ?

Shantuma am 14.01.2022

Dies ist ja nur ein Problem, welches die Studierenden hatten/haben.

Viele Studierende finanzieren sich das Studium auch über Minijobs, gerade diese waren während des Lockdowns nicht gegeben und wenn nun auch vereinzelt Lokale schließen, dann trifft auch wieder die Studenten mit, nicht weil diese nicht mehr dort essen können, sondern weil eine finanzielle Stütze wegbricht.

Was auch steigt sind die psychischen Probleme.
Die Studentenwerke melden Rekordwerte von psychisch-belasteten Studenten. Unser Gesundheitsminister will davon aber leider nichts wissen. Lieg wohl daran dass man psychische Probleme nicht wegimpfen kann. Sondern nicht all zu selten eine langwierige Erkrankung sind, mit Schäden die man sich teilweise nicht vorstellen kann.

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