Tradition oder Tierquälerei Bären im Schlosszwinger: Eine Idee spaltet Bernburg
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Sollen in den Bernburger Schlosszwinger wieder Bären einziehen? Diese Idee sorgt für Gesprächsstoff. 2018 ist der letzte Bär in dem Gehege unterhalb des Museums gestorben. Nun soll Bärin Olinka aus dem Bernburger Tiergarten ihren Altersruhesitz im modernisierten Schlossgehege bekommen. Das finden nicht alle gut.

Olinka schläft. Von der Diskussion um ihre Zukunft bekommt die 25 Jahre alte Braunbärin gar nichts mit. Sie macht in ihrem Gehege im Bernburger Tiergarten gerade Winterschlaf. Dort teilt sie sich sonst eine große Freianlage mit den Wölfen.
Aber selbst wenn Olinka schläft, ist der Bär im Tiergarten überall präsent: auf Plakaten, als Denkmal oder Springbrunnen. Kein Wunder, der Bär ist nicht nur das Wappentier Anhalts, das Bärengehege am Schloss ist auch ein Wahrzeichen der Stadt. Die Bärenhaltung ist eine jahrzehntelange Tradition.
Bären in Bernburg gab es schon vor 150 Jahren
Seit 1860 werden in dem Gehege am Schloss Bären gehalten. Der erste Bär eher aus Zufall: Der Anhalt-Bernburgische Leutnant Adolf Steinkopf hatte einen jungen Braunbären von russischen Freunden geschenkt bekommen. Ein zahmes Tier, das sich mit einem Halsband durch die Stadt führen ließ.
Herzogin Friederike ließ für den Bären einen Zwinger mit Kletterbaum errichten, in dem "Lazi" 20 Jahre der Liebling der Bernburger war.
Nach Lazis Tod beschloss der Gemeinderat die Fortführung der Bärenhaltung. Über die folgenden Jahre wurden einige Tiere von zoologischen Einrichtungen abgekauft. Viele Bären wurden im Schlosszwinger auch geboren. Offizielle Zahlen gehen von knapp 180 Jungtieren aus, die im Laufe der Jahrzehnte im Bernburger Bärenzwinger geboren und anschließend meist verkauft worden sind.
Ist Bärenhaltung in Zwingern noch zeitgemäß?
Das letzte Bärenpaar, das im Schlosszwinger bis 2018 lebte, war das Geschwisterpaar "Bonny" und "Benji". Die beiden Braunbären lebten in einem bereits umgebauten und erweiterten Gehege, das anlässlich des 1. Sachsen-Anhalt-Tages am 2. September 1996 feierlich eingeweiht wurde: 535 Quadratmeter für zwei Tiere, mit Klettermöglichkeiten, Schlafhaus und Wasserbecken. Ein genehmigtes Tiergehege, das allen Anforderungen der Tierhaltung entsprach. Im Februar 2017 starb "Benji", seine Schwester "Bonny" ein Jahr später.
Nach dem Tod der beiden Bären entbrannte eine Debatte über die generelle Haltung der Tiere im Zwinger am Bernburger Schloss. Tierschützer appellierten an den Oberbürgermeister, auf eine weitere Haltung von Tieren zu verzichten. In einem von der ehemaligen Grünen-Bundestagsabgeordneten Undine Kurth unterzeichneten offenen Brief heißt es: "Die Haltung von Bären in einem Zwinger nimmt den Tieren jede Möglichkeit, ihrem artgerechten Verhalten zu folgen (...). Zudem sei die Anlage unbewacht und frei zugänglich, was ein erhebliches Risiko für die Besucher und die Tiere darstelle (...). Verzichten Sie auf die Fortsetzung dieses elenden Schauspiels."
Bärin Olinka könnte aus Tierpark in Schlosszwinger umziehen
Und so steht die Anlage am Schloss seit nunmehr vier Jahren leer und wird – trotz verschlossenem Tor – immer wieder Schauplatz von Vandalismus. Derzeit laufen am Schloss Umbauarbeiten, auch an der Fassade. Das Museum im Schloss soll im September wieder eröffnet werden.
Im Zuge dessen ist nun auch wieder die Frage nach der Zukunft des Bärenzwingers aufgeflammt. Thomas Gruschka, der Geschäftsführer der Bernburger Freizeit GmbH – verantwortlich sowohl für das Museum als auch für den Tiergarten – hat in der örtlichen Presse eine Lösung angekündigt. Wenn Bärin Olinka in den Schlosszwinger ziehen würde, könnte im Tierpark ein neues junges Bärenpaar für Nachwuchs sorgen. Das sähe das Tiergartenentwicklungskonzept vor, das der Stadtrat vor fünf Jahren beschlossen habe. Auf MDR-Nachfrage wollte Gruschka diesen Vorstoß nicht bestätigen. Auch Museums- und Tiergartenleitung halten sich auf Nachfrage bedeckt.
Bernburger gegen Wiedereröffnung des Bärenzwingers
Dafür haben die Bernburger eine klare Meinung zu den Umzugsplänen. Eine überwiegende Mehrheit von spontan in der Innenstadt angesprochenen Bernburgern ist gegen eine Wiedereröffnung des Bärenzwingers am Schloss. "Nein, das ist Tierquälerei" meinte eine Passantin, eine andere "Lasst ihn da wo er ist. Nicht in dieses Steingehege. Fand ich als Kind schon ganz traurig".
Auch ein Rentner schüttelt den Kopf: "Schrecklich, dass so etwas zur Diskussion steht. Kein Bär sollte dort je wieder eingesperrt werden." Eine Bärenfigur aus Holz oder eine Schrifttafel am Gehege sollte stattdessen an die jahrzehntelange Tradition der Bärenhaltung am Bernburger Schloss erinnern.
Doch abgeschlossen ist die Diskussion noch nicht. Vermutlich wird sich auch der Bernburger Stadtrat noch in diesem Jahr mit dem Thema beschäftigen. Denn sollte Olinka ins Schloss umziehen, sind erhebliche Investitionskosten am Bärengehege fällig, so Gruschka in einem Bericht der Mitteldeutschen Zeitung.
MDR (Susanne Reh, Hannes Leonard)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT | 27. Januar 2022 | 09:20 Uhr
Kaktus vor 16 Wochen
Natürlich sollte man keine Bären in dem Zwinger unterbringen. Das ist ja wohl ein Unding. Wenn schon Tiere in dieser Anlage, dann meinetwegen Erdmännchen. Ich glaube, die könnten sich dort wohlfühlen.
Soldaten Norbert vor 16 Wochen
Vor nicht allzu langer Zeit, war es ein grosses Ereignis original frischen Bärenschinken in "Feine Sache " zu essen . Tausende SA-er kamen zum "grossen Fressen". Heute, fressen wir Schweine und Rinder als gäbe es kein Morgen, aber der niedliche alte Bär darf nicht zum Schinken verarbeitet werden ?
Soldaten Norbert vor 16 Wochen
Frage: Sollten heutzutage Bären, bzw. wilde Tiere überhaupt in Gefangenschaft gehalten werden ?