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Museumsleiterin Petra Koch freut sich, mit Hedwig Marquardts Werken einen Kunstschatz aus der Region ausstellen zu können. Bildrechte: Uli Wittstock

JubiläumSalzlandmuseum in Schönebeck feiert 100. Geburtstag

09. September 2024, 14:07 Uhr

Vor 100 Jahren ist das Salzlandmuseum in Schönebeck gegründet worden. Zur Feier des Jubiläums präsentiert das Museum erstmals Werke der fast vergessenen, regionalen Malerin Hedwig Marquardt. Dazu hat man auch Leihgaben aus Großbritannien und den Niederlanden eingeflogen. Den staubigen Scharm eines typischen Kreismuseums hat das Haus längst abgelegt. Stattdessen ist das Museum ein wichtiger Teil des regionalen Kulturangebots und Ort für Entdeckungen.

Schönebeck ist ein historisches Schifferstädtchen. Die alten Häuser sind nicht sehr hoch, ein Hamburger Villenformat findet man hier nicht am Mittellauf der Elbe. Und dennoch entschieden vor 100 Jahren die Honoratioren, dass die Stadt einen kulturellen Ankerpunkt braucht, nämlich ein Museum.

Eine weise Entscheidung, wie die heutige Leiterin des Salzlandmuseums, Petra Koch, nicht ganz uneigennützig feststellt: "Das aufstrebende Bürgertum und die führenden Köpfe der Stadt – das waren ein Schiffsreeder, ein Kaufmann, der Direktor des Gymnasiums und der Leiter des Archivs – die gründeten einen Musemsverein." Und weil die damaligen Akteure gut vernetzt waren, ist seit der Museumsgründung der Landkreis beteiligt, der seinerzeit Calbe Saale hieß, seitdem mehrfach Namen und Kreisgrenzen änderte, aber das Salzlandmuseum immer weitervererbte.

Vom Dachboden zum Renaissancebau

Während die ersten Ausstellungen noch auf einem Schuldachboden stattfanden, zog das Museum nach dem Zweiten Weltkrieg in das alte Rathaus um. Sowohl innen wie auch außen aufwändig saniert, hat es in inzwischen den verstaubten Charme eines Heimatmuseums abgelegt, erklärt Petra Koch. Schon im Eingangsbereich empfängt den Besucher eine multimediale Präsentation zum Ringheiligtum Pömmelte.

Dieser 4.000 Jahre alte Kultort wurde weniger als zehn Kilometer entfernt ausgegraben und rekonstruiert. Das Salzlandmuseum zeigt die archäologische Ausbeute: "Die originalen Grabungsfunde von dort, befinden sich nur hier bei uns. Wir haben einen Raum als Dauerausstellung, wo das Material von Pömmelte zu sehen ist", so Petra Koch. Das macht das Salzlandmuseum für archäologieinteressierte Touristen interessant.

Die vergessene Malerin

Zum 100. Geburtstag gibt es für das Museum nun eine Sonderausstellung, die als eine Art Neuentdeckung gelten kann. Denn die Malerin Hedwig Marquardt, deren Werke dort ausgestellt werden, wurde erst vor 20 Jahren wiederentdeckt. Marquardt wurde im Dorf Biere in der Börde geboren. Allerdings hatte ihre Kunst seinerzeit in ihrer Heimat nicht für allzu große Begeisterung gesorgt.

Im Jahr 1912 malte die Künstlerin für ihre Heimatgemeinde in Biere ein Altarbild, das vom Symbolismus und Expressionismus inspiriert wurde. Der Pfarrer war allerdings nicht sehr glücklich über die Schenkung und zog deshalb den kirchlichen Gebietskonservator zu Rate. Doch der zeigte sich nicht entsetzt, erklärt Museumsleiterin Petra Koch: "Der Konservator kam angereist mit dem Zug und war total fasziniert. Deshalb schlug er vor, man könne ja am Anfang erst mal das Altarbild woanders aufstellen, damit die Gemeinde sich daran gewöhnt." Später verschwand es aber dennoch aus der Kirche.

Hedwig Marquardts Altarbild war Jahrzehnte lang verschollen – bis es 2019 wiederentdeckt wurde. Bildrechte: MDR/Jochen Müller

Nichte aus London auf Spurensuche

Nach dem Fall der Mauer war es der Nichte der Malerin möglich, die alte Heimat zu erkunden – auch auf der Suche nach dem Altarbild. Das wurde erst zehn Jahre später in einem Nebenraum der Kirche entdeckt und mit Mitteln des Landes Sachsen-Anhalt restauriert. Dies war dann überhaupt der Anlass, sich mit der Künstlerin zu beschäftigen, erklärt Petra Koch: "Frauen aus jener Zeit sind seit dem Bauhaus-Jubiläum 2019 sehr angesagt."

Und so stiegen die Preise für die Kunstwerke an, aber auch das Interesse, sagt die Museumsleiterin. "Ich denke, da hat jede Region wahrscheinlich so ihre tollen Frauen. Und man ist überrascht, was für hochwertige Kunst eigentlich wirklich zum Vorschein kommt."

Die Sonderausstellung im Salzlandmuseum umfasst auch Keramiken von Hedwig Marquardt. Bildrechte: Uli Wittstock

Hedwig Marquardt wurde noch bislang nie mit ihrer Malerei ausgestellt. Die keramischen Arbeiten, die sie gemeinsam mit ihrer Lebenspartnerin Augusta Kaiser herstellte, sind hingegen bekannter. Daher rührt auch der Titel der Ausstellung: "Ton und Pinsel". Die Leihgaben zu der Ausstellung kommen aus England und den Niederlanden.

Unterstützung durch Förderverein

Solche Ausstellungen sind auch nur deshalb möglich, weil es einen engagierten Förderverein gibt, der die Arbeit des Museums unterstützt. Wie einst schon zur Museumsgründung fanden sich vor dreißig Jahren engagierte Schönebecker, um die Kultur vor Ort zu beleben.

Sucht nach Unterstützern: Olaf Busch vom Förderverein des Salzlandmuseums. Bildrechte: Uli Wittstock

Die Vereinsräume befinden sich zwar im Museumskeller, man fühle sich aber keinesfalls abgeschoben, erklärt Vereinsvorsitzender Olaf Busch. Die Unterstützung geschehe in enger Abstimmung mit dem Museum und sei oft auch ganz praktisch: "Zum Beispiel die Kronleuchter hier im Saal, die haben wir repariert, neue Kabel eingezogen, dann alles abnehmen lassen vom Elektriker, sodass sie nun wieder erstrahlen." Allerdings hat der Verein inzwischen ein Problem, das auch anderswo bekannt ist – es fehlt der Nachwuchs. Deshalb arbeitet der Museumsverein jetzt mit der Jugendfeuerwehr Schönebeck zusammen.

Berührungsängste abbauen

Das Museum ist auch eine Art Kulturhaus für die Region: Lesungen, Vorträge, Konzerte, eine Kindermuseumsnacht, intensive Zusammenarbeit mit Schulen. Die Volkshochschule nutzt die Räume für Kursangebote und man kann sogar in dem historischen Gebäude heiraten. Für die nächsten Jahrzehnte scheint das Salzlandmuseum gut gerüstet zu sein.

Mehr Informationen:

Sonderausstellung "Ton & Pinsel – ein Dialog der Künste"

von 7. September 2024 bis 2. Februar 2025

Öffnungszeiten:
Dienstag und Freitag 10 - 16 Uhr | Donnerstag 13 - 17 Uhr
Samstag und Sonntag (1. April – 31. Oktober) 14 – 18 Uhr | Samstag und Sonntag (1. November – 31. März) 13 – 17 Uhr

Adresse:
Salzlandmuseum
Pfännerstraße 41
39218 Schönebeck (Elbe)

Mehr Informationen zum Programm der Ausstellung finden Sie hier.

Redaktionelle Bearbeitung: tis, bh

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Dieses Thema im Programm:MDR KULTUR - Das Radio | 09. September 2024 | 12:40 Uhr