Mann drohte mit Messer Tödlicher SEK-Einsatz in Schönebeck: Was im Landtag über den Zugriff bekannt wurde
Hauptinhalt
24. April 2025, 15:14 Uhr
Im Innenausschuss des Landtages sind am Donnerstag neue Details zum tödlichen SEK-Einsatz in Schönebeck genannt worden. Im März hatten Spezialkräfte einen 26-jährigen Mann erschossen, der zuvor mit einem Messer gedroht haben soll. Auch gegen beteiligte SEK-Beamte wird derzeit ermittelt. Es bleiben jedoch weiterhin Fragen offen.
Der tödliche SEK-Einsatz im März 2025 in Schönebeck (Salzlandkreis) hat am Donnerstag den Innenausschuss des Landtags beschäftigt. Wie ein Reporter von MDR SACHSEN-ANHALT berichtet, schilderte Kriminaldirektor Mike Schnorrer den genauen Ablauf des Einsatzes. Demnach gingen am 7. März 2025 nachts, um 1:30 Uhr und 1:35 Uhr zwei Notrufe bei der Polizei ein, laut denen ein 26-jähriger Afghane in einem Wohnhaus einen Landsmann und einen Deutschen mit einem Messer bedroht habe.
Laut Schnorrer bedrohte der Mann vor Ort die angerückten Polizisten mit einem 16 Zentimeter langen Küchenmesser und griff die Beamten an. Daraufhin hätten die Beamten Pfefferspray eingesetzt, das jedoch ohne Wirkung geblieben sei. Der Tatverdächtige habe sich anschließend in seine Wohnung zurückgezogen und die Tür geschlossen.
Angreifer im Krankenhaus gestorben
Nach den Schilderungen des Kriminaldirektors wurde das Mehrfamilienhaus daraufhin geräumt. Die Einsatzkräfte hätten versucht, auf Deutsch und Englisch mit dem Afghanen Kontakt aufzunehmen. Um 3:07 Uhr sei der Durchsuchungsbeschluss erlassen worden. Um 4:51 Uhr erfolgte dann der Zugriff durch die SEK-Beamten.
Dabei habe sich der Mann mit einem Messer auf die Spezialkräfte zubewegt. Diese schossen laut Schnorrer zweimal auf den Verdächtigen und verletzten ihn schwer. Der 26-Jährige erlag später im Krankenhaus seinen Verletzungen.
Grüne: Weiterhin offene Fragen
Der Grünen-Abgeordnete Sebastian Striegel sieht noch einige offene Fragen rund um den SEK-Einsatz. Im Interview mit MDR SACHSEN-ANHALT sagte er nach der Sitzung des Innenausschusses, ihn irritiere, dass es bei dem Einsatz keinen Versuch gegeben habe, einen Dolmetscher hinzuzuziehen, um die Situation ohne Gewalt zu lösen.
So, wie es im Ausschuss berichtet worden sei, habe die Person in der leeren Wohnung weder sich selbst noch andere gefährdet. Er frage sich, warum die Polizei nicht versucht habe, weiter zu verhandeln. "Es muss aus meiner Sicht immer die Maßgabe sein, dass solche Schussabgaben möglichst vermieden werden", erklärte Striegel. Hier brauche es weitere Aufklärung.
Ermittlungen gegen Polizisten laufen noch
Innenministerin Tamara Zieschang (CDU) erklärte im Ausschuss, aufgrund der laufenden Ermittlungsverfahren könnten zum aktuellen Zeitpunkt keine detaillierteren Angaben gemacht werden. Neben den Ermittlungsverfahren gegen den verstorbenen Afghanen wird demnach auch gegen die Einsatzkräfte wegen Körperverletzung im Amt (Einsatz des Pfeffersprays) und wegen Körperverletzung mit Todesfolge im Amt (Schussabgabe) ermittelt. Wie Kriminaldirektor Schnorrer sagte, sind alle an dem Zugriff beteiligten Beamten weiterhin im SEK-Dienst.
Zieschang kündigte an, ihr Ministerium werde den Innenausschuss unaufgefordert weiter informieren, sobald die Ermittlungen abgeschlossen seien.
Asylantrag im Februar 2023 gestellt
Bereits im März hatte das Innenministerium mitgeteilt, dass der Afghane laut dem Ausländerzentralregister am 1. November 2022 nach Deutschland eingereist war. Er war demnach zunächst in der Zentralen Anlaufstelle für Asylbewerber des Landes untergebracht und wurde im Februar 2023 in den Salzlandkreis zugeteilt. Zuletzt habe er in Schönebeck gewohnt.
Der Mann hatte den Angaben zufolge am 13. Februar 2023 einen Asylantrag gestellt. Dieser sei im Februar 2024 abgelehnt worden, zugleich wurde ein Abschiebungs-Verbot nach Afghanistan festgestellt. Daraufhin habe die Ausländerbehörde eine befristete Aufenthaltserlaubnis bis zum 22. Februar 2025 ausgestellt. Auf einen Antrag auf Verlängerung hin gab es eine bis zum 30. Juni 2025 befristete sogenannte Fiktionsbescheinigung. Sie weist ein vorläufiges Aufenthaltsrecht nach.
Einsatz der Schusswaffe eher selten
Dass Polizisten ihre Waffe gezielt auf Menschen richten, geschieht in Sachsen-Anhalt nach Angaben des Innenministeriums selten. Laut Statistik war dies im Jahr 2024 insgesamt 13 Mal der Fall. In elf Fällen nahmen die Beamten demnach die sogenannte entschlossene Schieß-Stellung ein, weil ihr Gegenüber etwa Messer, Äxte, Armbrüste oder Gegenstände, ähnlich einer Schusswaffe hatte – geschossen wurde dabei aber nicht.
MDR (Tatiana Gropius, Engin Haupt, Kalina Bunk, Felix Fahnert, Anne Gehn-Zeller, Mario Köhne, Hannes Leonard); dpa | Zuerst veröffentlicht am 7. März 2025
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 11. März 2025 | 05:30 Uhr