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Podcast "digital Leben"Klimaschutz-Start-Ups: Ecosia-Gründer sammelt 350 Millionen Euro

27. Dezember 2021, 10:23 Uhr

Christian Kroll hat 350 Millionen Euro gesammelt, um den CO2-Ausstoß einzudämmen. Er ist in Wittenberg geboren und hat dort die ökologische Suchmaschine Ecosia gegründet. Und Christian Kroll stellt das Unternehmertum auf den Kopf: Für ihn müssen Unternehmen und ihr Profit einem Zweck dienen. Der einzig richtige – Klimaschutz, sagt er im MDR SACHSEN-ANHALT Podcast "digital Leben".

Christian Kroll ist ein ungewöhnlicher Unternehmer. Er sagt: "Wir verdienen Geld, um Bäume zu pflanzen." Kroll ist in Wittenberg geboren und hat dort 2009 die ökologische und gemeinnützige Suchmaschine Ecosia gegründet. Ecosia beschäftigt 100 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen und verdient an Anzeigen. Der Gewinn wandert nicht in Krolls Taschen oder die von Investoren, sondern in Baumpflanzprojekte auf der ganzen Welt.

Der Zweck von Ecosia ist, Klimawandel zu lösen und Gerechtigkeit auf der Welt herzustellen.

Christian Kroll, Ecosia

In diesem Jahr hat Ecosia etwa 50 Millionen neue Bäume gepflanzt. Das besondere an Ecosia als Unternehmen: Es gehört einer Stiftung und kann deshalb nie verkauft werden oder seinen Unternehmenszweck – Bäume pflanzen – ändern.

Christian Kroll ist Gründer und Chef von Ecosia und in Wittenberg aufgewachsen.. Bildrechte: Ecosia

Ecosia-Gründer: Frustriert, weil viel mehr Geld in Klimaschutz fließen könnte

Mit anderen Unternehmen geht Kroll deshalb hart ins Gericht: "Es ist für mich frustrierend, wenn Abermilliarden und Billionen für sinnlose Dinge ausgegeben werden, wenn man gleichzeitig die existenzielle Bedrohung des Klimawandels sieht." Es gebe so viele Möglichkeiten, profitabel zu investieren. "Und die großen Tech-Konzerne haben Hunderte Milliarden Euro auf ihren Konten rumliegen und machen damit nichts." Sie könnten die Transmission zu einer klimagerechten Welt finanzieren und auch Regierung könnten viel, viel schneller sein, sagt Kroll im MDR SACHSEN-ANHALT Podcast "digital Leben".

Deshalb hat er seine eigene Idee verwirklicht. 2020 hat er, sein Mitgesellschafter und eine Investorin den German Start-up-Award des Bundesverbands Deutscher Start-ups gewonnen. Am Tag nach der Preisverleihung saßen die drei im Büro bei Ecosia in Berlin und haben große Pläne geschmiedet. Der World Fund war geboren und ist im Herbst 2021 gestartet.

Ein Fund, der in Start-ups investiert, die den Klimawandel lösen wollen. 350 Millionen Euro schwer ist er – und damit der finanzstärkste Klima-Tech-Fund in ganz Europa, sagt Kroll im MDR SACHSEN-ANHALT Podcast "digital Leben".

World Fund für Klimaschutz

Geldgeber seien Mittelständler aber auch bekannte Investoren wie Verena Pausder oder Alexander Samwer. Auch Fußballer Mario Götze ist wohl dabei. "Wir investieren nur in Unternehmen, die das Potenzial haben, mindestens 100 Megatonnen CO2 pro Jahr aus der Atmosphäre zu ziehen oder deren Ausstoß zu verhindern." Das schließe derzeit 95 Prozent der Unternehmen aus, die auf sie zukämen, sagt Kroll, weil ihr CO2-Einsparpotenzial zu klein sei. Bis 2040 will der World Fund zwei Gigatonnen CO2 eingespart haben.

Kroll ist ziemlich stolz auf den World Fund: "Wie haben die erfolgreichsten Investoren in Deutschland und die führenden Köpfe aus dem Bereich Klimalösungen zusammengepackt." Es sei ein echt tolles Team mit vielen Jahren Investment-Erfahrung und sehr profitablen Investments. "Ich kenne kein anderes Team, das so gut ist." Krolls Klima-Tech-Fund sorgt weltweit vor Schlagzeilen: CNBC berichtet und auch Fortune und Forbes. Stolz sagt er bei "digital Leben": "Al Gore hat gleichzeitig einen Fund gestartet. Über den wurde weniger berichtet."

Was ist ein Venture Capital Fund?

Ein Wagnis- oder Risiko-Kapital-Fund sammelt Geld, um es in junge Start-Ups zu investieren und von ihrer Entwicklung zu profitieren. Dabei erhält der Fund Firmenanteile der Start-Ups. Ein solcher Fund kann sich zum Beispiel auf einen speziellen Bereich konzentrieren: Nahrungsmittel, Automobil oder wie Christian Krolls Idee: auf Klima-Lösungen. Funds können ihr Geld bei Privatanlegern, anderen Firmen oder Institutionen wie Banken oder Versicherungen einsammeln. Ob sich ein Investment lohnt, ist dabei kaum abzusehen. Als Faustregel gilt: Von zehn Start-Ups ist nach drei Jahren nur eines nicht gescheitert.

Dabei setzt der World Fund nicht notwendigerweise auf technologische Lösungen für den Klimawandel. Auch Start-ups, die Menschen dazu bringen, ihr Verhalten zu ändern, können eine Lösung sein. "Wenn Leute zum Beispiel weniger Essen wegwerfen oder sich anders ernähren, dann wäre das auch ein potenzielles Investment." Alles, was massiv CO2 spare, ist willkommen.

Es gibt keinen Grund, warum nicht alle Konzerne auf der Welt hundert Prozent ihrer Gewinne verwenden sollten, um Bäume zu pflanzen.

Christian Kroll, Ecosia

Erste Klima-Start-ups: Rindfleischersatz und kakaofreie Schokolade

Über zwei Investments kann Kroll schon reden: Juicy Marbles arbeitet an einem Rindfleisch-Ersatz auf Pflanzenbasis. "Ziel ist es, den weltweiten Konsum von Rindfleisch zu reduzieren. Rindfleisch ist ja ein extrem klimaschädliches Nahrungsmittel." Und der World Fund investiert auch in Qoa. Das Unternehmen arbeitet an einer Schokolade ohne Kakao und kann so auch CO2 einsparen.

Anders als Ecosia selbst kann der World Fund Rendite erzielen. "Das ist okay", sagt Kroll. "Aber ähnlich wie mit Ecosia, wo wir Geld verdienen, um Bäume zu pflanzen, wollen wir beim World Fund Rendite machen, um den Klimawandel zu lösen und nutzen den Klimawandel nicht, um damit noch mehr Rendite zu erzielen." Das sei eine umgekehrte Motivation von Unternehmen. "Das schätzen viele potenzielle Investoren sehr."

Digitales in Sachsen-Anhalt

MDR/StephanSchulz/Marcel Roth

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