Podcast "Was bleibt" | Folge 143 Was bleibt: Vier-Tage-Woche in Schulen und fehlende Unterstützung aus der Luft bei Waldbränden

08. Juli 2022, 15:54 Uhr

Sachsen-Anhalt plant die Einführung einer Vier-Tage-Woche in einigen Schulen. Ob als Modellversuch oder flächendeckend – das thematisiert dieser Podcast. Außerdem gehts um die fehlende Unterstützung aus der Luft bei Waldbränden.

Was bleibt: der MDR SACHSEN-ANHALT Wochenrückblick

Ein Justizvollzugsbeamter steht auf einem Flur in der zukünftigen Justizvollzugsanstalt (JVA) Madel in Burg.
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Auf einer Wäscheleine hängen vor schwarzem Hintergrund 6 Stück FFP2-Einweg-Masken. Vorsitzender des Stadtrates Dessau-Rosslau, Frank Rumpf
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Sachsen-Anhalt führt Vier-Tage-Woche an einigen Schulen ein – ab Minute 01:31

  • Sachsen-Anhalt will in einigen Sekundar- und Gemeinschaftsschulen eine Vier-Tage-Woche einführen. Am fünften Tag sollen die Kinder dann beispielsweise im Homeschooling sein oder in ein Unternehmen für ein Praktikum gehen.
  • Während das Bildungsministerium betont, dass es sich dabei um ein Modellprojekt handelt, mit zwölf teilnehmenden Schulen, legt eine Spiegel-Recherche und ein Schreiben des Bildungsministeriums nah, dass alle interessierten Schulen daran teilnehmen können.
  • Hintergrund der Maßnahme sei demnach der akute Mangel an Lehrerinnen und Lehrern. Auch dies wird seitens des Bildungsministeriums bestritten.

Füller: "Der Lehrermangel wird noch größer."

Christian Füller, der Autor des Spiegel-Artikels und ein Journalist, der seit Jahrzehnten über die deutsche Bildungspolitik schreibt, begründet im MDR SACHSEN-ANHALT-Podcast "Was bleibt" seine Recherche und sagt: "Der Lehrermangel wird noch größer."

Zwanzig Jahre lang seien zu wenig Lehrer ausgebildet und angestellt worden. "An manchen Schulen sind die Lehrer durchschnittlich 56 Jahre alt. Die Schule ist runtergewirtschaftet." Selbst wenn man Teilzeitkräfte bitten würde, mehr zu unterrichten, sei damit nicht viel gewonnen, so der Bildungsjournalist. Füller berichtet auch von Quereinsteigern, die älter als 55 sind. "Nichts gegen alte Lehrer, aber das reicht absehbar nicht." Viele Lehrer stünden vor der Pension.

Füller hat weitere Zahlen parat: 1.100 Lehrer bräuchte Sachsen-Anhalt, an den Hochschulen würden aber nur etwa 700 Lehramtsstudierenden ausgebildet – und von ihnen würden nach dem Studium nur etwa 350 in den Beruf gehen. Die Lehrerabdeckung an Sekundarschulen liege bei 73,8 Prozent. "Und dabei sind Erkrankungen oder die Herausforderung durch ukrainische Schüler noch nicht einmal dabei." Einzig an den Gymnasien gibt es genug Lehrer.

All das hätten Bildungsforscher vor Jahrzehnten vorhergesagt. Deswegen spricht Füller im Podcast "Was bleibt" auch von Staatsversagen der Schulminister. Das haben sich auch in der Pandemie gezeigt: "Die eigentlichen Helden waren die Schulleiter."

"Wir brauchen die besten und talentiertesten Jugendlichen"

Kurzfristig sei am Lehrermangel nichts zu ändern. Deswegen sei dieses Modellprojekt auch keine Reform, sondern würde von Schulen dafür genutzt werden, den Lehrermangel zu reduzieren. "Eine Reform geht nur mit Menschen, die es gibt. Und alle Schulleiter, mit denen ich gesprochen haben, sagen, es geht ihnen darum, Schüler einen Tag weniger in der Schule zu haben." Mit der so gewonnen Arbeitszeit könnten Lehrer andere Klassen unterrichten.

Eine schulische Transformation ist nicht kurzfristig zu machen, sagt Füller. "Dabei ist die Schulfrage eine systemrelevante: Wir brauchen die besten und talentiertesten Jugendlichen, die an den Schulen alle ihre Talente entfalten können."

Eine Lösung nennt Füller im Podcast "Was bleibt": "Die Lessing-Schule in Salzwedel beschäftigen Lehramtsstudierende, die so neben dem Studium Geld verdienen und Praxiserfahrungen machen."

Und... was bleibt?

  • Enttäuschung darüber, dass den Schülerinnen und Schülern nicht das geboten wird, was sie brauchen, um sich selbst kreativ zu entwickeln.

Fehlende Unterstützung aus der Luft bei Waldbränden – ab Minute 32:37

  • In Sachsen-Anhalt gibt es nur zwei Polizeihubschrauber, die bei Waldbränden unterstützen könnten. Und selbst diese sind nicht immer einsatzbereit bzw. dauert es sehr lange, bis die Meldekette durchlaufen ist und die Hubschrauber in der Luft sind.
  • Es gibt verschiedene Expertinnen und Experten, die die Anschaffung von Hubschraubern und Flugzeugen zum Löschen fordern und bundesweit in verschiedenen Zentren zu verteilen, sodass überall schnelle Unterstützung gewährleistet ist. Der Aufbau einer solchen Infrastruktur benötigt aber Zeit.
  • Sachsen-Anhalts Innenministerium hat in diesem Fall bislang wenig Handlungsbedarf gesehen.

Und... was bleibt?

  • Die Sorgen auf Seiten der Feuerwehr, weil eine Veränderung der Lage nicht absehbar ist.
  • Die Hoffnung, dass es bis dahin keine zu großen Waldbrände gibt, die außer Kontrolle geraten.

Wo der Podcast zu hören ist

Podcasts FCM und HFC
Bildrechte: Mitteldeutscher Rundfunk

Über den Autor Julien Bremer ist seit Oktober 2018 bei MDR SACHSEN-ANHALT und ist die Schnittstelle zwischen Hörfunk- und Online-Redaktion. Er kommt ursprünglich aus der Altmark. Nach seinem Journalistik-Studium in Magdeburg verschlug es ihn für verschiedene Jobs nach Berlin. Irgendwann hatte er aber genug vom hippen Berlin und er fing als freier Mitarbeiter bei "MDR SPUTNIK" und "MDR Sport im Osten" an, bevor er wieder nach Magdeburg zurückkehrte.

Er ist fest davon überzeugt, dass es für jeden Menschen da draußen auch den richtigen Podcast gibt und will dafür sorgen, dass zukünftig möglichst viele davon von MDR SACHSEN-ANHALT kommen!

MDR (Julien Bremer)

1 Kommentar

DER Beobachter am 09.07.2022

Gab offenb. in Vergangenh. mehr Tests, wenig Einsätzen der weitg. abgesch. TransAll, Mein Eindr. nach Lesen der Versuche und Einsatz: zur Waldbrandbek.: zu groß und unwendig, geeignet zum Zwischentransport großer Löschwassermengen, wenn die vor Ort Feuerwehr und Hubschraubern fehlen und solange Reservoirs für diese Mengen für diese existieren o. schnell aufgebaut werden können. Wir haben auch (Gott sei Dank) (noch?) nicht flächendeck. Sit. aus S-Europa und (Süd-)USA, für die´s offenb. geeignetere Maschinen gibt. Vorschl. wäre eher, dass ohnehin vorhandene Hubschrauberstaffeln der Polizeien der Länder (expl. der mitteldt. Länder und BB´s, die schon immer u. nun noch stärker mehr als die anderen Bundesländer betroffen sind/waren) und von BP stärker für solche Situationen train. und inform., die Löschwassersäcke schneller einsatzbereit sind und schneller erkannt/angefordert/Anforderungsnotwendigkeit erkannt wird. Interessanter Nickname seit hier beim MDR 6.7. "NVA...88" übrigens ... ;)

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