Nachrichten & Themen
Mediathek & TV
Audio & Radio
SachsenSachsen-AnhaltThüringenDeutschlandWeltLeben
Rechtsextremismus in Sachsen-Anhalt: Aussteiger, die sich an den Verfassungsschutz wenden, werden zunächst dabei unterstützt, sich sozial zu stabilisieren. (Symbolbild) Bildrechte: picture alliance/dpa | Fredrik von Erichsen

"Extra"-ProgrammWie der Verfassungsschutz Rechtsextremismus-Aussteiger begleitet

13. August 2023, 15:12 Uhr

Ein Aussteiger-Programm des Verfassungsschutzes in Sachsen-Anhalt betreut Rechtsextremisten, die die Szene verlassen wollen. Sie arbeiten mit Gefängnissen, der Polizei und der Opferhilfe zusammen, um potenzielle Aussteiger zu finden. Neun Personen haben das Programm seit 2014 bis zum Ende durchlaufen. Ein Großteil der Aussteigerstrategie ist die Unterstützung bei Behördengängen und im Familienleben.

Seit 2014 hat das Aussteigerprogramm für Rechtsextremisten des Verfassungsschutzes Sachsen-Anhalt neun Personen aus der Szene raus geholfen. Das teilte der Leiter des Landesverfassungsschutzes im Land, Jochen Hollmann, mit. Derzeit nehmen demnach fünf Personen am Programm "Extra" teil.

Insgesamt habe das Programm seit 2014 30 Klienten gehabt. 14 Männer hätten aus unterschiedlichen Gründen abgebrochen, bei zwei Personen habe der Verfassungsschutz die Zusammenarbeit beendet. Hollmann teilte mit, man gewinne Klienten gern in Haft. Der Verfassungsschutz spreche Menschen auch nach Hinweisen von Polizei und Opferschutz an. Aussteigewillige könnten sich aber auch selbst melden.

Wie das Programm funktioniert

Zunächst würden Klienten im Programm unterstützt, sich sozial zu stabilisieren. Dazu gehörten Termine im Jobcenter und anderen Behörden sowie familiäre Unterstützung, zum Beispiel bei getrennt lebenden Eltern. Für Klienten würden Schuldnerberatungen und Anti-Gewalt-Trainings organisiert. Das sagte die Referatsleiterin für Extremismusprävention beim Verfassungsschutz, Heike Luckhardt. Später gehe es um die Ideologie der Rechtsextremisten.

Der Verfassungsschutz vereinbare mit Ausstiegswilligen Ziele, die dann auch kontrolliert würden. Zum Angebot gehören demnach auch Telefongespräche bei Bedarf. Luckhardt sagt: "Gerade in belasteten Zeiten wie Weihnachten sind meine Mitarbeiter da und telefonieren auch Heiligabend mit Aussteigern."

Programm dauert drei bis fünf Jahre

Jochen Hollmann sagt, Klienten würden drei bis fünf Jahre mit dem Verfassungsschutz zusammenarbeiten, "wenn sie denn übernommen werden, und bis zum Schluss die erklärte Absicht haben, auszusteigen." Erfolgreich abgeschlossen heiße mit Blick auf die bisherigen neun Absolventen, dass die Personen zumindest nicht mehr mit entsprechenden Straftaten auffallen.

Der erste Klient, der das Programm verlassen konnte, sei 2018 in die vorgesehen Nachbetreuungsphase gewechselt. Mit dem Ende des Programms sei anzunehmen gewesen, dass er nicht rückfällig wird. Er habe eine gewisse Distanz zum Rechtsextremismus erreicht.

Ausstieg keine Garantie für Abkehr vom Rechtsextremismus

Es gebe jedoch keine Garantie, dass Aussteiger für immer die rechtsextreme Szene verlassen. Referatsleiterin Heike Luckhardt sagt, eine Person habe das Aussteigerprogramm 2017/18 erfolgreich absolviert, sich aber kürzlich wieder gemeldet und sei nun einer der aktuellen fünf Klienten. Für Luckhardt ein Vertrauensbeweis.

Es gibt auch Kritik an dem Aussteigerprogramm des Verfassungsschutzes. Eine Alternative ist zum Beispiel die unabhängige Initiative "Exit."

Mehr zum Thema Rechtsextremismus

dpa,MDR (Julia Heundorf)

Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL – Das Nachrichtenradio | 12. August 2023 | 09:15 Uhr

Kommentare

Laden ...
Alles anzeigen
Alles anzeigen