Neues Schutzkonzept geplant Feldhamster droht zu verschwinden: Tierschützer finden immer weniger Tiere
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Sie waren einst eine Plage, dann waren sie heiß begehrt und heute zählen sie zu den seltensten Tieren in Deutschland – die Feldhamster. Auch in Sachsen-Anhalt gibt es immer weniger Tiere. Das liegt an fehlendem Schutz, sagen Tierschützer. Das Umweltministerium verspricht Besserung.
- Tierschützer mit erfolglosen Suchen: Sie finden nur noch wenige Feldhamster.
- Landwirte helfen Hamstern mit Blühstreifen, Erbsenfenstern und Co.
- Umweltministerium will neues Schutzkonzept für den Feldhamster erstellen.
Sachsen-Anhalt tut zu wenig für den Schutz des Feldhamsters. Das kritisiert jedenfalls die Deutsche Wildtierstiftung. Saskia Jerosch von der Stiftung sagte dem MDR: "In Sachsen-Anhalt fehlt einfach der politische Wille." Es reiche nicht aus, was bisher getan worden sei. Man habe das ein wenig verschlafen.
Verschlafen bedeutet in dem Fall, dass es immer weniger Feldhamster in Sachsen-Anhalt gibt. Ein bis zwei Hamsterbaue pro Hektar werden vermutet. In den 1960er-Jahren waren es noch mehr als 20. Außerdem steht der Feldhamster auf der Roten Liste der vom Aussterben bedrohten Tierarten.
Tierschützerin Jerosch kartiert Ackerflächen und sucht nach Populationen. Die Suche sei ernüchternd, so Jerosch. "Allein in Schleibnitz in der Börde haben wir bei einem Betrieb fast 100 Hektar kartiert und es gab keinen Nachweis. Auch in Ummendorf waren wir auf einem 40 Hektar großen Acker. Eine Fallröhre, das heißt ein Winterbau, und sonst haben wir nichts gefunden. Also es ist schon besorgniserregend."
Landwirte tun sich zusammen, um den Feldhamster zu retten
Die Wildtierstiftung setzt seit 2018 in Sachsen-Anhalt Schutzmaßnahmen um; darunter Blühstreifen und sogenannte Erbsenfenster, die Schutz und Nahrung bieten. Das geht aber nur in Zusammenarbeit mit Landwirten, die diese auf ihren Äckern anlegen. 2020 haben sich dafür landesweit 27 Landwirtschaftsbetriebe zusammengetan.
Kay Brüggemann ist einer der Landwirte, der den Feldhamster aktiv schützt. Er hat auf seinen Äckern eine Feldhamster-Mutterzelle angelegt. Eine Fläche von 50 mal 50 Metern ist eingezäunt und bietet so Schutz vor Fuchs und Greifvögeln. So hat Brüggemann geschafft, dass es bis zu 20 Hamster auf einem Viertelhektar gibt – im Bereich der Börde sind es sonst maximal vier Tiere auf einen Hektar.
"Meine Motivation war etwas zu tun, als der Hamster verschwunden war", sagt Brüggemann. Für ihn bedeutet das aber auch Verzicht. Brüggemann quetsche nicht den maximal möglichen Ertrag aus jedem Quadratmeter.
Der Feldhamster in Sachsen-Anhalt
Der fruchtbare Boden, vor allem in der Börde, war ein "Schlaraffenland" für den Feldhamster. Riesige Populationen lebten in Sachsen-Anhalt. Zu DDR-Zeiten war sein Pelz so sehr gefragt, dass extra ausgebildete Hamsterfänger auf die Jagd gingen. 95 Prozent der benötigten Hamsterfelle kamen damals aus den Bezirken Halle und Magdeburg. Zwischenzeitlich gab es so viele Tiere, dass sie sogar als Plage galten und für Ernteausfälle sorgten.
Schätzungen zufolge hat Deutschland mittlerweile 99 Prozent seiner Feldhamster verloren. Für Wirbel sorgt er dennoch weiterhin. In Sangerhausen gab es beispielsweise Streit um Firmenansiedlungen, weil deren geplante Gebäude auf Feldhamster-Territorium errichtet werden sollten.
Ministerium will neues Konzept zum Schutz des Feldhamsters entwickeln
Das Umweltministerium hat unterdessen auf die Kritik der Tierschützer reagiert. Das Ministerium teilte MDR SACHSEN-ANHALT mit, dass man mit den ergriffenen Maßnahmen in den vergangenen Jahren nicht die erwünschten Ergebnisse erzielt habe. Deshalb solle es ein neues Schutzkonzept für den Feldhamster geben. Das wird laut Umweltministerium zusammen mit dem Landesamt für Umweltschutz erarbeitet. Der Schutz und Erhalt des Feldhamsters bleibe ein erklärtes Ziel in Sachsen-Anhalt.
MDR/Peter Simank, Luca Deutschländer, Fabian Frenzel
Dieses Thema im Programm: Der Osten, entdecke wo du lebst | 02. November 2021 | 21:00 Uhr
Dr. Norman Pohl vor 28 Wochen
Es handelt sich eben, wie aus aus Kreisen des Naturschutzes treffend heißt, um computergestützte Niedergangsverwaltung. Seinerzeit (2017) berichtete der mdr über den Hamsterstreit von Sangerhausen. Sofern bei diesen wie ähnlichen Auseinandersetzungen eben nicht aus der Perspektive des Hamsters gedacht wird, und es ist egal, um welche vom Aussterben bedrohte Tierart es sich handelt, dann steht am Ende eben das Aussterben. Einwendungen von Naturschutzverbänden sollten in Zukunft doch mehr Berücksichtigung finden. Ansonsten kann sich die Gesellschaft auch ehrlicherweise vom Schutz von Natur und Umwelt gleich verabschieden.