Arendsee Warum ein 800 Jahre altes Schiff erst geborgen und dann wieder versenkt wird

12. Mai 2025, 10:57 Uhr

Mehrere Hundert Jahre lag ein mittelalterliches Handelsschiff auf dem Grund des Arendsees. Nun wurde das Wrack geborgen – von einem Archäologen-Team und mithilfe eines Spezialroboters. Nach einer Vermessung und Dokumentation wird das Schiff allerdings wieder im See versenkt. Für eine Konservierung fehlt der Stadt das nötige Geld.

Eine blonde Frau
Bildrechte: Carina Emig

35 Meter unter der Oberfläche ist es stockfinster. Die Taucher tasten sich vorsichtig vor, arbeiten mit Pumpen, Kettenzügen – und fast ausschließlich mit den Händen. Es ist eiskalt, die Sicht gleich null, jeder Handgriff muss sitzen. "Das ist das Gegenteil von einfach", sagt Dr. Sven Thomas vom Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie in Halle, der die Arbeiten leitet. Er taucht selbst mit – bei der aufwendigen Bergung eines rund 800 Jahre alten Handelsschiffs auf dem Grund des Arendsees.

Bergung mittelalterliches Schiff im Arendsee
Sven Thomas und sein Team haben das 800 Jahre alte Handelsschiff aus dem Arendsee geborgen. Bildrechte: MDR/Carina Emig

Spezialroboter holt 800 Jahre altes Schiff aus dem Arendsee

Am Freitag ist es dann soweit: Das Wetter spielt mit und, das Wrack kann an die Oberfläche geholt werden. Die Bergung gilt als eine der anspruchsvollsten Unterwasseraktionen der vergangenen Jahre in Sachsen-Anhalt. Das Schiff lag an einem steilen Abhang, das Sediment war instabil, jeder Arbeitsschritt musste exakt geplant und abgesichert sein.

Unterstützt wird das Archäologen-Team von einem Spezialroboter des Fraunhofer-Instituts aus Ilmenau. Das Gerät liefert nicht nur Videobilder aus der Dunkelheit, sondern auch ein akustisches Lagebild – entscheidend bei null Sicht. Zudem kann der Roboter greifen, schneiden und direkt mit den Tauchern kommunizieren. Sven Thomas nennt das Gerät "unverzichtbar für die Sicherheit und Kontrolle unter Wasser".

Bergung mittelalterliches Schiff im Arendsee
Dieser Spezialroboter hat die Archäologen bei der Bergung des Wracks unterstützt. Bildrechte: MDR/Carina Emig

Zu wenig Geld: Stadt kann sich Konservierung des Schiffes nicht leisten

Doch bei aller technischen Präzision endet die Arbeit für das Landesamt mit der Hebung und Dokumentation. Eine dauerhafte Bergung an Land – wie etwa beim berühmten schwedischen Kriegsschiff Vasa – ist derzeit nicht vorgesehen. Und das sorgt für Unverständnis bei vielen Beobachtern.

Denn die Stadt Arendsee hat bislang keinen Antrag gestellt, um Fördermittel für eine Konservierung zu erhalten. Bürgermeister Norman Klebe (CDU) verweist auf die finanzielle Lage: "Selbst zehn Prozent Eigenanteil – das wären rund 100.000 Euro – können wir aktuell nicht leisten." Im Haushalt klaffe ein Defizit von über einer Million Euro. Für freiwillige Aufgaben wie Denkmalschutz oder touristische Infrastruktur sei derzeit kein Spielraum vorhanden.

Dabei hätte das Schiff als museales Objekt durchaus Potenzial: Der Fund wird dem Kloster Arendsee zugeordnet, das im Mittelalter eine bedeutende Handelsrolle spielte. Die Stadt sieht den Fund dennoch vorerst als Aufgabe des Landes – auch weil ein erster Versuch, Bundesmittel zu beantragen, gescheitert ist.

Schiff wird vermessen und wieder im See versenkt

Deshalb wird das Schiff nur dokumentiert – mit Lasertechnik und Videoaufnahmen. Auf einer schwimmenden Plattform in der Mitte des Sees soll es exakt vermessen werden. Noch am Wochenende soll es wieder in rund 25 Meter Tiefe versenkt werden – diesmal auf einer eigens dafür konstruierten Trägerplattform. In sauerstoffarmem Wasser kann es dort theoretisch über Jahrhunderte erhalten bleiben.

Prahmboot
Das Schiff wird vermessen und dokumentiert. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Eine spätere Hebung sei technisch wieder möglich, betont Unterwasserarchäologe Sven Thomas. "Das Schiff liegt dann so, dass es bei besseren Bedingungen jederzeit erneut geborgen werden kann." Auch Bürgermeister Klebe schließt das für die Zukunft nicht aus: "Wenn sich finanzielle Spielräume eröffnen und eine Förderung realistisch wird, sind wir bereit, das Thema erneut aufzugreifen." Für den Moment aber bleibt das Wrack vorerst ein faszinierendes Stück Geschichte – das nur für kurze Zeit an die Oberfläche kommt, bevor es wieder in der Tiefe verschwindet.

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MDR (Carina Emig, Fabienne von der Eltz) | Erstmals veröffentlicht am 09.05.2025

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 08. Mai 2025 | 17:00 Uhr

3 Kommentare

part vor 1 Wochen

Ein paar alte Planken, die dem Museumsbesucher keinerlei Übersicht über die Bauweise des Kahns geben würden. Eine Gestaltung in digitaler Rekonstruktion mit Verweis auf den Fundort hätte bedeutend mehr Wert.

Pattel vor 1 Wochen

Vollkommen Richtig ,man braucht auch Geld für Faultiere und ähnliches

faultier vor 1 Wochen

Schade so ein einmaliges Artefakt wieder zu versenken aber klar der Staat braucht sein Geld für andere Dinge ,mehr sage ich dazu nicht.

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Eine Wabe mit Insekten 3 min
Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
Der Trabant 601 von Burkhard Lindecke (links) läuft fast immer wie geschmiert, obwohl die ,,Rennpappe" schon seit 1989 unterwegs ist. Ralf Jacobs liebt es sportlich und hat sich darum vor Jahren ein Fiat Coupe Baujahr 1993 zugelegt.
Der Trabant 601 von Burkhard Lindecke (links) läuft fast immer wie geschmiert, obwohl die ,,Rennpappe" schon seit 1989 unterwegs ist. Ralf Jacobs liebt es sportlich und hat sich darum vor Jahren ein Fiat Coupe Baujahr 1993 zugelegt. Bildrechte: MDR/Susann Meier

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