Demokratie Jugend soll im Altmarkkreis politisch stärker mitreden

19. Oktober 2022, 18:16 Uhr

Im Altmarkkreis Salzwedel sollen Kinder und Jugendlich künftig über Jugendparlamente politisch mitbestimmen können. Die Initiative kommt von Landrat Steve Kanitz, der die Ideen der Basis und den konstruktiven Streit um Inhalte vermisst. Seine erste "Jugend-Demokratie-Konferenz" am Mittwoch in Salzwedel könnte erste Wegmarken gesetzt haben.

"Demokratie macht immer Arbeit", sagt Steve Kanitz (SPD). Der Landrat des Altmarkkreises Salzwedel ist am Mittwoch von einer Lawine von Vorschlägen, Forderungen, Bitten, Wünschen und Utopien junger Menschen aus seinem Kreis überrascht worden. Aber genau dafür hatte Kanitz diese erste "Jugend-Demokratie-Konferenz" ja auch angesetzt.

Nicht überall laufe es wie in Gardelegen. Dort gebe es einen Jugendbeirat, den einzigen in der West-Altmark. Kommunen wie Salzwedel, Beetzendorf-Diesdorf oder Klötze könnten die jungen Stimmen aber genauso gut gebrauchen.

Auch Lehrermangel und Digitalisierung standen im Fokus

Etwa 120 Schülerinnen und Schüler aus 13 Schulen folgten der Einladung des Landrats zur Konferenz am Mittwoch nach Salzwedel ins Kulturhaus. In mehreren Workshops analysierten sie unter Anleitung der Gemeinschaft "Partnerschaft für Demokratie" ihre Lage. Themen waren unter anderem der Neu-Aufbau von Kinder- und Jugendparlamenten im Altmarkkreis, das durchaus steigerbare ehrenamtliche Engagement, Fälle von Diskriminierung und Fake News im Netz, die Aktivitäten für Umweltschutz, Inklusion und Integration.

Auch der permanente Lehrermangel – vorrangig an Sekundarschulen – und die aus Schülersicht mangelhafte Digitalisierung des Unterrichts brennen den jungen Leuten als Probleme unter den Nägeln.

Asya Altun von der Sekundarschule Gardelegen hat eine ganz praktische Idee mitgebracht: "Seit letztem Schuljahr arbeiten wir mit Tablets im Unterricht, wir, die zehnte Klasse. Für den Mathematikunterricht ist das sehr nützlich." Sie findet, dass auch die jüngeren Schüler mit den Tablets arbeiten sollten. Wegen der Papierersparnis sei das bestimmt auch gut für die Umwelt.

Vom Snackautomaten bis zur Fundamentalkritik am Schulsystem

Asyas Freundinnen Leni und Hannah wollen unter anderem die Öffnungszeiten der Caféteria in ihrer Schule komfortabler gestalten und einen Snack-Automaten für den Schulflur anschaffen. Auf die Unterstützung ihrer Schulsozialarbeiterin konnten sie schon vor der Jugend-Demokratie-Konferenz zählen, jetzt haben sie ganz viele Gleichaltrige aus dem gesamten Altmarkkreis zusätzlich an ihrer Seite. Denn das hat das große Treffen heute vor allem gezeigt: "Ich denke, dass man was erreichen kann damit", so Leni Mehlicke.

Ich denke, dass man was erreichen kann damit.

Leni Mehlicke Schülerin

Grundsätzliche Kritik übten Hanna Lenicke, Rieke Zörner und Lukas Brömel. Hanna ärgert sich über das neue "Tafelwerk", das mitten im laufenden Schuljahr auch für Abschluss-Klassen eingeführt wird und Absolventen der zehnten Klasse sowie Abiturienten gleichermaßen verunsichert. Lukas und Rieke hingegen fordern, dass sie in der Schule wirklich für das Leben lernen wollen. "Wir lernen so viel, was wir nicht gebrauchen können später", meint Lukas. Aber das, was fürs eigene Leben wichtig ist, das bringe ihnen niemand bei. Zum Beispiel, wie man einen Kredit aufnimmt bei der Bank. Oder wie man, sagt Rieke, nicht bei der Wohnungssuche über den Tisch gezogen wird.

Wir lernen so viel, was wir nicht gebrauchen können später.

Lukas Brömel Schüler

In Arendsee bestimmen sogar schon die Kindergartenkinder mit

Alle drei – Hanna, Rieke und Lukas – wollen im November in den neuen Kreisschülerrat gewählt werden. Sie sind diejenigen, denen Landrat Kanitz auf der Suche nach der Mitbestimmung der jungen Leute dann öfter begegnen wird.

In Arendsee übrigens kann man schon als Kindergartenkind mitbestimmen. Darauf legt Bürgermeister Norman Klebe (CDU) besonderen Wert. Schon in den kommunalen Kitas gibt es Kinderräte, die über Projekte der Einrichtungen, aber auch die Hausordnung mitbestimmen. Später, sagte Klebe MDR SACHSEN-ANHALT, gehe es ja dann mit den Klassensprechern in den Grundschulen weiter. Es nütze doch nichts, "wenn wir den Schülern erst in der achten Klasse sagen, so, jetzt bestimmt mal mit!"

Es nützt nichts, wenn wir den Schülern erst in der achten Klasse sagen, so, jetzt bestimmt mal mit!

Norman Klebe, CDU Bürgermeister von Arendsee
Ein Mann mit weißem Hemd und Jacket.
Salzwedels Landrat Steve Kanitz will die Jugend mehr an der Politik vor Ort beteiligen. Bildrechte: Ronny List

"Heute wollten wir erst mal hören. Danach erledigen wir ein Anliegen nach dem anderen", sagte Landrat Kanitz nach der Auswertung der Workshops seiner jungen Gäste in Salzwedel. Außer Frage steht für den Politiker, dass es weitere – dann themenbezogene – Jugend-Demokratie-Konferenzen im Altmarkkreis geben wird.

Mehr zum Thema: Junge Menschen beteiligen

MDR (Katharina Häckl, Daniel Salpius)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 19. Oktober 2022 | 17:00 Uhr

2 Kommentare

hilflos am 21.10.2022

Politische Mitbestimmung für Jugendliche? Klar ist das wichtig, aber das aktive Wahlrecht sollte doch bei 18 bleiben, oder laufen links-grün die Wähler weg?

MDR-Team am 21.10.2022

Auch bei diesem Artikel bittet das MDR Team die Kommentierenden beim Thema des Artikels zu bleiben. Wir behalten uns vor, Kommentare, die zu weit vom Thema weggehen, abzulehnen. Mit freundlichen Grüßen MDR Team, I.M.

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