Symbolbild: Schüler mit Rollkoffern vor Reisebussen 4 min
Klassen verreisen im Durchschnitt nur noch drei statt fünf Tage. Mehr dazu im Audio. (Symbolbild) Bildrechte: IMAGO / Funke Foto Services
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Eine Woche Klassenfahrt? Das war einmal. Im Schnitt fahren Schülerinnen und Schüler nur noch für drei Tage gemeinsam weg. Dafür gibt es mehrere Gründe.

MDR SACHSEN-ANHALT Fr 09.05.2025 07:40Uhr 03:46 min

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Raus aus dem Alltag Kürzere Klassenfahrten setzen Herbergen unter Druck: "Mehr Gäste, aber weniger Nächte"

12. Mai 2025, 10:38 Uhr

Der Trend zu kürzeren Klassenfahrten bringt viele Unterkünfte an ihre Grenzen: Mehr An- und Abreisen bedeuten mehr Aufwand, aber nicht mehr Einnahmen. Als Hauptgrund nennen viele gestiegene Kosten für Busreisen – doch Experten sehen ein vielschichtigeres Problem. Auch für Schüler bleibt in drei Tagen oft kaum Zeit für echte Gemeinschaftserlebnisse.

Der Wechsel von fünf- auf dreitägige Klassenfahrten stellt vor allem die Herbergen vor Probleme. Kirsten Hohmeyer, die Leiterin des Kinder- und Jugenderholungszentrums KiEZ in Arendsee, verzeichnet mehr An- und Abreisen, mehr Besucher, aber nicht mehr Übernachtungen. Die meisten Gäste, so Hohmeyer, führen gestiegene Busreisekosten als Grund für die verkürzten Klassenfahrten an.

Um zu sparen, wird eine Übernachtung und eine Vollverpflegung gespart. Somit hat man dann die Mehrkosten beim Bus wieder rein. Die Klassenfahrt an sich bleibt dann meinetwegen bei 300 Euro, ist aber dann eine Nacht kürzer.

Kirsten Hohmeyer Leiterin des KiEZ Arendsee

Kürzere Klassenfahrten üben Druck auf Unterkunft aus

Ihr Personal sei wegen der vermehrten Gäste-Wechsel häufiger im Stress als früher, so Hohmeyer. Es müsse die Unterkünfte öfter reinigen, mehr Check-ins und Check-outs absolvieren. Andererseits gebe es wegen des Drei-Tage-Rhythmus mehr "tote Tage": Keine Gruppe reise nur für einen Montag oder einen Freitag an. Das könnte Konsequenzen auf die breite Angebotspalette des KiEZ haben, fürchtet Hohmeyer.

Haus mit der Aufschrift "KIEZ Arendsee"
Steigende Buskosten und Lehrermangel: Klassenfahrten werden kürzer – die Folgen sind mehr Arbeit und Stress im Kinder- und Jugenderholungszentrums KiEZ in Arendsee. Bildrechte: MDR / Katharina Häckl

Es ist natürlich immer auf Kosten der Qualität und des Service. Mehr Personal einstellen möchte ich schon, ich muss nur gucken, dass ich die dann auslasten kann. Dass man sich dann einfach auf bestimmte Angebote fokussiert und sich damit als Haus in der Öffentlichkeit einen Namen macht.

Kirsten Hohmeyer Leiterin des KiEZ Arendsee

Klassenfahrten stärken Miteinander und Eigenverantwortung

Drei Tage Klassenfahrt statt fünf, das hat auch Auswirkungen auf die teilnehmenden Schüler, sagt die KiEZ-Leiterin. Die Gruppen seien am ersten Tag mit der Anreise und am dritten mit der Abreise beschäftigt. Nur ein Tag bliebe, um die Lern- und Freizeitangebote auszukosten.

Trotzdem: Jede Klassenfahrt sei besser, als sie abzusagen, mahnen die Fachleute vom Fachverband "Reisenetz". Die Fahrten würden das soziale Miteinander stärken, Eigenverantwortung fördern, bleibende Erinnerungen schaffen. Gerade für die Generation, die wegen Corona das Miteinander nicht gelernt habe, ergänzt Kirsten Hohmeyer.

Bus-Unternehmer: Kosten sind gestiegen, aber nicht Grund für kürzere Fahrten

Auch der Fachverband für Kinder- und Jugendreisen "Reisenetz" bestätigt MDR SACHSEN-ANHALT den Trend zu kürzeren Klassenfahrten und den dadurch gestiegenen Druck auf die Unterkünfte. Stefan Kertz, Leiter des Schullandheims in Klietz im Elb-Havel-Winkel, sagte MDR SACHSEN-ANHALT auf Nachfrage, die Ursachen für die kürzeren Fahrten seien "sehr vielschichtig".

Viel hänge vom Einfluss der Eltern, dem Entwicklungsstand der Kinder und der Motivation der Lehrer ab, aber eben auch von den Kosten. Er versuche, die Übernachtungszahlen stets konstant zu halten, so Kertz, das werde in diesem Jahr voraussichtlich aber nicht gelingen.

Ein Reisebus auf der Straße.
Eine Woche auf Klassenfahrt – das ist häufig nicht mehr der Fall. (Symbolbild) Bildrechte: imago images / Arnulf Hettrich

Der Verband der Mitteldeutschen Omnibus-Unternehmer bestreitet gegenüber MDR SACHSEN-ANHALT, dass deutliche Preissteigerungen für Busreisen der Grund für die kürzeren Klassenfahrten sind. Kunden müssten überlegen, ob sie nicht früher eher mit Dumping-Unternehmen unterwegs waren, so Geschäftsführer Tilman Wagenknecht auf Nachfrage von MDR SACHSEN-ANHALT. Wagenknecht bestätigt aber gestiegene Personalkosten in den Mitglieds-Betrieben seines Verbandes sowie höhere Preise beim Ankauf von Bussen.

Land Sachsen-Anhalt verweist auf Förderung

Das Landesbildungsministerium verweist auf Anfrage von MDR SACHSEN-ANHALT darauf, dass alle Schulen mit einem gewissen Budget ausgestattet werden und selbst entscheiden, wieviel Geld wofür verwendet wird. Außerdem gebe es Förderung für bedürftige Kinder.

MDR (Katharina Häckl, Hanna Kerwin) | Erstmals veröffentlicht am 10.05.2025

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 09. Mai 2025 | 12:40 Uhr

6 Kommentare

steka Gestern

Vielleich ist auch das KiEZ etwas überdimensioniert. Wenn ich an meine Klassenfahrten zurückdenke, waren es Jugendherbergen, Betten selbst beziehen und wieder abziehen, Stuben selbst auskehren und beseirein übergeben, Mülleinmer leeren, nach dem Frühstück Geschirr abwaschen .
Außer "Herbergs-Mutter" oder "-Vater" kaum Personal. und es ist auch gegangen. Ich sehe eher das finanziele Problem in den Betreuern sowie deren Bereitschaft für längere Fahrten. Und es müssen keine stundenlange Busfahrten sein, Ziele gibt es auch in der Nähe, in Halle z.B. die Franzigmark.

SivaDiva vor 2 Tagen

Auch ich fahre regelmäßig mit Schülern zur Klassenfahrt. Die meisten Betreiber haben die Kosten erhöht. Wer die Kosten nicht erhöht hat, bekommt weiterhin Zulauf, wenn das Leistungsangebot auch gleich geblieben ist. Meine Erfahrungen sind, dass die Qualität massiv abgenommen hat. Irgendwo muss ja gespart werden, logisch. Einige Eltern können / wollen sich die Kosten nicht mehr leisten. Egal ob Unterbringung oder Bus. Ein weiterer Aspekt ist auch das Verhalten der Schüler. Drei Tage hält man noch durch. Aber 5 Tage 24 Stunden.... das ist oft schon Selbstmord.

Altlehrer vor 2 Tagen

Richtig ist, dass alle Leistungserbringer für Klassenfahrten ihre Preise in den letzten 20 Jahren verdreifacht haben. 1 Woche Arendsee hat mal 110 € gekostet, heute sind es mehr als 300 € bei vergleichbaren Leistungen. Während Leistungsempfänger umfangreiche Unterstützung erfahren,, sind Normalverdiener mit Schulkindern oft nicht in der Lage, die Kosten zu tragen. Gerade diese Eltern sagen die Teilnahme immer wieder ab.

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