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Altmarkkreis SalzwedelZüge fallen bis Dezember aus: Sachsen-Anhalt kritisiert Bahn für Baustellenplanung

16. August 2024, 11:17 Uhr

Salzwedel ist ab Freitag ICE-Halt, auf der Umleitungsstrecke Berlin-Hamburg. Was wie eine gute Nachricht klingt, hat für viele Reisende und Pendler in Sachsen-Anhalt einen Pferdefuß: Denn da die Bahnstrecke Richtung Niedersachsen auch 35 Jahre nach der Wende nicht vollständig zweigleisig wiederhergestellt ist, müssen etliche Regionalzüge wegfallen. Als Alternative bleiben Reisenden Busse oder Extra-Ausgaben, da das Deutschlandticket im ICE nicht anerkannt wird.

Aus Sachsen-Anhalt wird Kritik an der Baustellen-Planung der Deutschen Bahn laut. Hintergrund ist, dass ab Freitag fast alle Regionalzüge zwischen Salzwedel und Uelzen ausfallen, damit dort der ICE-Verkehr Berlin-Hamburg umgeleitet werden kann.

Verkehrsgesellschaft: Bahn hätte Strecke in der Altmark längst ausbauen sollen

Sachsen-Anhalts Nahverkehrsgesellschaft (NASA) wirft der Bahn Versäumnisse in der Vergangenheit vor. Sie erklärte MDR SACHSEN-ANHALT, die Zugtrasse Stendal-Salzwedel-Uelzen hätte schon in den Neunzigerjahren zweigleisig ausgebaut werden müssen. Nun fehlten Kapazitäten. Bahnpendler in der Altmark seien jetzt die Betroffenen, obwohl ganz woanders gebaut werde.

Reisende zwischen Stendal und Uelzen, wo gar nicht gebaut wird, sind von einer Baumaßnahme an anderer Stelle betroffen.

Nahverkehrsservice Sachsen-Anhalt (NASA) GmbH

"Aus Sicht der NASA GmbH wird diese Art und Weise der Baustrategie sehr kritisch gesehen. Reisende zwischen Stendal und Uelzen, wo gar nicht gebaut wird, sind von einer Baumaßnahme an anderer Stelle betroffen", heißt es in einer Antwort der Nahverkehrsservice Sachsen-Anhalt (NASA) GmbH auf eine MDR-Anfrage.

Sachsen-Anhalts Nahverkehrsgesellschaft (NASA) wirft der Bahn Versäumnisse beim Ausbau der Zugtrasse vor. Bildrechte: MDR/André Plaul

Deutsche Bahn verweist auf fehlende Gelder

Die Deutsche Bahn erklärte auf MDR-Anfrage, die sogenannte "Amerikalininie" zwischen Altmark und Nordsee sei nach der Wende abschnittsweise um- und ausgebaut worden. "Die Arbeiten erfolgten immer in Abhängigkeit der Finanzierungslage durch den Bund", so die DB. In den kommenden Jahren will das Unternehmen weitere 70 Kilometer der Strecke zweigleisig ausbauen, damit würden die Lücken im Netz geschlossen.

AmerikalinieDen Namen verdankt die Bahnlinie Berlin-Stendal-Uelzen-Bremen den Zügen voller Auswanderer, die Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts in Bremerhaven Richtung Amerika aufgebrochen sind. Durch die deutsche Teilung verlor die Strecke ihre Bedeutung. Das zweite Gleis wurde abgebaut. Erst nach der Wiedervereinigung wurde der Ost-West-Korridor als Verkehrsprojekt Deutsche Einheit Nummer 3 wiederaufgebaut und 1999 in Betrieb genommen. Der Abschnitt Stendal-Uelzen ist mittlerweile elektrifiziert und für Geschwindigkeiten von bis zu 160 Kilometern pro Stunde ausgebaut. Allerdings sind Teile der Verbindung weiterhin eingleisig. Neben dem Regionalverkehr ist die Amerikalinie heute vor allem für den Güterverkehr von Bedeutung. Sie ist Teil des sogenannten Ostkorridors Nord, der die Nordseehäfen mit dem mitteldeutschen Güter-Drehkreuz Halle verbindet.

Deutschlandticket wird im ICE nicht anerkannt

Zwischen Salzwedel und Uelzen müssen Reisende ab dem 16. August bis Ende des Jahres in Busse umsteigen. Die Fahrt dauert etwa 30 Minuten länger als mit dem Zug. Zwar halten die umgeleiteten ICE-Züge zusätzlich in Stendal und Salzwedel. Für eine Anerkennung des Deutschlandtickets hatte sich die NASA stark gemacht, doch daraus wird nichts: Laut Bahn fahren die ICE während der Baustellenzeit nur im Stunden- statt im Halbstundentakt. Zwar würden längere Züge eingesetzt, damit aber "nur etwa 75 Prozent der Sitzplatzkapazitäten" erreicht. Reisende zwischen Stendal und Uelzen etwa, die – wie bisher – nicht umsteigen möchten, benötigen somit einen zusätzlichen ICE-Fahrschein.

Zwischen Salzwedel und Uelzen müssen Reisende ab dem 16. August bis Ende des Jahres in Busse umsteigen. Bildrechte: MDR/André Plaul

Stichwort: Bahnhof SalzwedelDer Bahnhof der Kreisstadt ist in den vergangenen Jahren umfassend saniert worten, im Bahnhofsgebäude sind Ticketschalter und Gastronomie untergebracht. Bis Anfang der Nullerjahre war die Station ein wichtiger Knotenbahnhof. Die Zugstrecken Richtung Arendsee und Wittenberge sowie Klötze und Oebisfelde wurden jedoch stillgelegt. Die vier Bahnsteige im Bahnhof Salzwedel haben eine Länge von 295 Metern. Damit sind sie für viele ICE-Züge zu kurz, etwa 12- und 13-teilige ICE4 oder gekuppelte ICE2-Züge. Ohnehin spielt der Bahnhof im ICE-Netz keine Rolle, eine fahrplanmäßige Anbindung gab es nie. Bis 2014 war Salzwedel Intercity- beziehungsweise Eurocity-Halt auf Verbindungen nach Berlin und Polen sowie Hamburg.

Großbaustelle ICE-Trasse Berlin-Hamburg

Die Zugtrasse Berlin-Hamburg ist laut Bahn eine der am stärksten frequentierten Strecken Deutschlands. Laut Unternehmen werden hier ab Herbst Weichen, Gleise und Brücken erneuert. Daher können dort bis zum Fahrplanwechsel Mitte Dezember keine ICE-Züge fahren.

Ab August nächsten Jahres wird die Strecke dann erneut gesperrt, dann bis April 2026. Diese Bauarbeiten sind Teil der Generalsanierung der Bahn.

Was ist die Generalsanierung?Um das in die Jahre geratene Zugnetz auf Vordermann zu bringen, haben die Deutsche Bahn als größter Zugnetzbetreiber und der Bund als Eigentümer der Bahn die sogenannte Generalsanierung begonnen. Dabei werden Bauarbeiten nicht mehr in kleine Abschnitte mit mehreren Teilsperrungen unterteilt, sondern konzentriert im Block angegangen. Über 40 Strecken will die DB bis 2030 im Rahmen der Generalsanierung modernisieren. Dazu gehören in Sachsen-Anhalt die Abschnitte Stendal-Magdeburg, Braunschweig-Magdeburg und die Amerikalinie im Abschnitt Stendal-Uelzen.

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MDR (André Plaul, Linus-Benedikt Zosel, Moritz Arand) | Erstmals veröffentlicht am 06.08.2024

Dieses Thema im Programm:MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 06. August 2024 | 05:00 Uhr

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