TarifaktionLandkreistag kritisiert Neun-Euro-Ticket: Kaum Vorteile für ländlichen Raum
Am 1. Juni soll das Neun-Euro-Ticket für den Nahverkehr in Kraft treten. Das heißt: neun Euro pro Monat für Bus, Bahn oder Straßenbahn, drei Monate lang bis Ende August. Der Deutsche Landkreistag kritisiert nun, dass die Tarifaktion den ländlichen Räumen kaum Vorteile bringe und man das Geld besser an anderen Stellen investiert hätte. Aus Sachsen-Anhalt gibt es nicht ganz so negative Töne.
Das von der Bundesregierung ab Juni geplante Neun-Euro-Ticket bringt den ländlichen Räumen wenig. Zu dieser Einschätzung kommt das Präsidium des Deutschen Landkreistages, das am Dienstag im Altmarkkreis Salzwedel getagt hat.
Neun-Euro-Ticket: kaum nachhaltiger Effekt
Der Präsident des Landkreistages, Reinhard Sager (CDU), sagte, das Gremium betrachte die Einführung des pauschalen 90-Tage-Tickets für den ÖPNV skeptisch.
Dabei handelt es sich um eine nur mit viel Aufwand umzusetzende politische Entscheidung, die kaum einen nachhaltigen Effekt haben wird. Besser wäre es gewesen, die dafür auszugebenden 2,5 Milliarden in die Ertüchtigung des Streckennetzes und eine engere Taktung zu investieren.
Reinhard Sager | Präsident des Deutschen Landkreistages
Das Neun-Euro-Ticket komme vor allem städtischen Ballungsräumen zugute. "Als Maßnahme zur Rück- und Neugewinnung von ÖPNV-Kunden ist die Tarifsenkung gerade in den ländlichen Räumen kaum geeignet, da sie befristet ist und nicht zu einer Angebotsausweitung führt", erklärte Sager.
Das Neun-Euro-Ticket war von der Bundesregierung im Rahmen des Entlastungspakets für Bus und Bahn auf den Weg gebracht worden. Damit können Kundinnen und Kunden einen Monat lang im Juni, Juli oder August im Nahverkehr durch ganz Deutschland fahren.
Länder und Verkehrsunternehmen kritisch
Länder und die Verkehrsbranche wurden von der vom Bund im März angekündigten Tarifaktion zunächst überrascht und hatten sie kritisch bewertet. "Zwischenzeitlich sieht man dies seitens der Länder aber positiver", so der Verbandspräsident. "Der Grund liegt in der Erwartung, während der Pandemie verlorene Kunden zurückzugewinnen". Das lasse sich zwar nachvollziehen, erwecke aber auch den Eindruck eines Schnellschusses.
Trotz knapper Umsetzungszeit geht Sachsen-Anhalts Verkehrsministerin Lydia Hüskens (FDP) davon aus, dass es keine Probleme geben wird. Nicht nur Neukunden soll die Aktion gewinnen. Wer ohnehin schon regelmäßig den ÖPNV nutzt, soll Hüskens zufolge nicht schlechter gestellt werden. Folglich gilt das Neun-Euro-Angebot auch für die Inhaber von Zeit- und Abokarten. Es sei vorgesehen, dass Zeitkarteninhaber die Differenz erstattet bekommen.
Zahl der Monats- und Jahreskarten unklar
Unklar ist allerdings, wie viele Menschen in Sachsen-Anhalt solche Monats- und Jahreskarten nutzen. Deshalb ist auch nicht abzuschätzen, wie viele Rückzahlungen anfallen werden. Da Zeitkarten für Bus, Bahn und Straßenbahn gelten, schließen eine Vielzahl von Anbietern entsprechende Verträge ab.
Eigentlich koordiniert Sachsen-Anhalts Nahverkehrsservice NASA den ÖPNV im Land. Wie das Neun-Euro-Ticket in die Tarifstruktur eingebunden werden soll, ist offenbar noch unklar. NASA-Geschäftsführer Peter Panitz sagte: "Die Verkehrsunternehmen arbeiten derzeit intensiv daran zu klären, wie und wann die Differenz erstattet oder verrechnet werden kann."
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MDR (Cornelia Winkler)
Dieses Thema im Programm:MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 10. Mai 2022 | 19:00 Uhr
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