Reaktionen aus Sachsen-Anhalt Aus für Salzwedeler Baumkuchen GmbH: "Wir sind fassungslos als Stammkunden"

08. Januar 2023, 17:34 Uhr

Das Traditionsunternehmen Salzwedeler Baumkuchen GmbH soll Ende Juli geschlossen werden. Das hat Geschäftsführerin Rosemarie Lehmann mitgeteilt. Seit 14 Jahren suche sie aus Altersgründen einen Käufer. Die letzten Interessenten seien durch Corona und die Energiekrise abgeschreckt worden – obwohl der Betrieb dadurch nicht von Insolvenz gefährdet sei. Auf diese Nachricht gab es viele Reaktionen von Sachsen-Anhalterinnen und Sachsen-Anhaltern. Ein Überblick.

Viele Sachsen-Anhalterinnen und Sachsen-Anhalter kommentierten den Online-Artikel und die Social-Media-Posts von MDR SACHSEN-ANHALT zum bevorstehenden Aus der Salzwedeler Baumkuchen GmbH.

Viele drückten ihr Mitgefühl aus, wie Maik Baumann bei Facebook: "Sehr bedauerlich, Frau Lehmann, obwohl man sich nie persönlich kennengelernt hat, lebt und liebt das Unternehmen mit samt dessen früherer Geschichte. Der Schritt ist ihr sicherlich nicht leicht gefallen. Ich hoffe für alle Angestellten, dass sie bald wieder einen neuen Job finden." Toni Bengel ergänzt: "Wir sind fassungslos als Stammkunden." Und Kristin Schierig schreibt: "Oh nööö, ich liebe den Baumkuchen aus Salzwedel. Ich war bestimmt schon 30 Mal in Salzwedel und es gab bei fast jedem Besuch Baumkuchen."

Das Aus wirft bei Sachsen-Anhaltern Fragen auf

So fragt Grit Jürgens: "Weshalb wird mit der Suche oftmals so lange gewartet? Warum fällt es manchmal so schwer, rechtzeitig abzugeben?"

Tatsächlich ist das im Fall der Salzwedeler Baumkuchen GmbH anders: Geschäftsführerin Rosemarie Lehmann sucht bereits seit 14 Jahren nach einem Nachfolger. In der Familie hätte sich niemand gefunden und die letzten Interessenten seien durch Corona und die Energiekrise abgeschreckt worden – obwohl der Betrieb dadurch nicht von Insolvenz gefährdet sei.

Die gleiche Frage, die sicherlich auch Geschäftsführerin Lehmann selbst hat, stellt Manuel Lange: "Warum findet sich denn kein Nachfolger?" Eine mögliche Antwort liefert Bettina Hellfayer bei Facebook: "In diesen wirren Zeiten ist Betriebsführung ein unkalkulierbares Risiko!"

Und Torsten Pilz meint: "Also ich verstehe das einfach nicht mehr, warum in letzter Zeit so viele Traditions-Geschäfte oder -Firmen schließen." Eine generelle Antwort darauf gibt es nicht, da jedes Unternehmen seine eigene Geschichte hat, wie in Salzwedel das Nachfolge-Problem. Gleichzeitig hat Torsten Pilz mit seiner Beobachtung Recht, da zuletzt einige Unternehmen – auch in Sachsen-Anhalt – schließen mussten. So schreibt "Haller" unter dem Homepage-Artikel von MDR SACHSEN-ANHALT zum Thema: "Sehr schade, auch Café Goldstein in Bitterfeld wurde vor einiger Zeit trotz exzellenter Konditorei geschlossen. Es hat die Coronazeit nicht überstanden."

Weitere Traditionsunternehmen mit Problemen

Auswirkungen auf die Region

Auch Katinka Kataleen bedauert das bevorstehende Aus und meint: "Das bedeutet dann leider auch, dass es kein Bäcker-Auto mehr auf den Dörfern geben wird. Für die älteren Menschen ist es meist die einzige soziale Möglichkeit in der Woche, um sich mit anderen auszutauschen." Außerdem würden dann auch die Cafés als soziale Begegnungsstätten wegfallen, die die Innenstadt beleben – und das könne sie persönlich nicht hinnehmen, erklärt Salzwedels Bürgermeisterin Sabine Blümel (parteilos) auf Nachfrage von MDR SACHSEN-ANHALT am Mittwoch. Man wolle alles daran setzen, eine Nachfolge zu finden. Dabei arbeite man mit der Industrie- und Handelskammer und der Landes-Marketinggesellschaft zusammen.

Auch Sachsen-Anhalts Wirtschaftsminister Sven Schulze (CDU) meldete sich am Mittwoch zu Wort. Er nannte das bevorstehende Aus der Salzwedeler Baumkuchen GmbH eine schlechte Nachricht für das Land und einen Rückschlag für die Region Salzwedel. Das Land kümmere sich zwar mit einem großen Paket um Nachfolger für Unternehmen, beispielsweise mit der Meistergründungsprämie oder Darlehen von der Investitionsbank. Die Politik könne jedoch nicht alles tun. Es brauche eine gesellschaftliche Debatte darüber, dass Unternehmertum wichtig sei und man auch bereit sein müsse, Verantwortung zu übernehmen.

Holger Willem, Regionalgeschäftsführer der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten, kommentierte, die Geschäftsführung hätte gemeinsam mit der Gewerkschaft nach tariflichen Lösungen suchen können. Dies sei auch in anderen Branchen gang und gäbe. "Leidtragende sind jetzt die Beschäftigten, die – sofern sie keine Anschluss-Beschäftigten finden – wegen ihrer prekären Entgelte in Altersarmut abdriften."

dpa, MDR (Kevin Poweska, Luca Deutschländer, Sabine Falk-Bartz, Simon Kremer, Anja Hoehne, Daniela Schulze, Johanna Daher)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 04. Januar 2023 | 12:00 Uhr

18 Kommentare

Jedimeister Joda am 10.01.2023

Alle Nichtunternehmer oder Nichthandwerker haben sicherlich zu wenig Erfahrung mit dem was es ausmacht ein solches Unternehmen zu führen. Oder eben aufgeben. Meister und noch etwa 380 Vorschriften die beachtet werden müssen. Was soll die Kritik aus einer Position die zu wenig Wissen vermuten läßt? Statistisch ist die häufigste Ursache für einen Mißerfolg einer Firma die Änderung der Spielregeln des Staates. Unsere jungen Menschen wollen sich nicht immer mit Problemen rumschlagen. Die wollen Leben. Ich bin Selbststänig, das bedeutet ich arbeite selbst und ständig. Deshalb will niemand mehr Handwerker sein. Die Gesellschaft und der Staat haben zu hohe Forderungen an die die die Arbeit machen. Und einen Nachfolger muß ich mir auch backen. Der Job ist zu hart. Keiner will sich mehr plagen. Work live Ballance das ist was zählt für die jungen Leute. Schade Joda

Gerd Mueller am 09.01.2023

eben noch mal Video geschaut und würde gerne sofort davon naschen, MDR könnte Umsatz ankurbeln und hier LINK setzen wo Leckerei bestellt, gekauft und genascht werden kann
extra nach Salzwedel fahren wird kaum jemand - welche Geschäfte verkaufen

Na.Ti am 09.01.2023

Ich finde es bemerkenswert das der spezielle ostdeutsche Faktor nicht erwähnt wird. Die Regionen überaltern viel schneller als andere und in Ostdeutschland gibt es (aus bekannten Gründen) keine Unternehmermentalität welche sich so dann auch nicht auf die zahlenmäßig zu geringe nächste Generation übertragen kann.

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