Nahrungsmittel Kartoffelernte: Bei vielen Knollen droht Fäule
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01. Oktober 2024, 08:51 Uhr
So ärgerlich: Da übersieht man eine einzige faule Kartoffel im Kartoffelnetz und binnen weniger Tage sind alle Kartoffeln ungenießbar. Faule Kartoffeln sind natürlich auch für Kartoffelbauern ein großes Problem, vor allem in diesem Jahr, denn im Mai und Juni hatte es zu viel geregnet. Das macht jetzt Probleme bei der Ernte. So geht es auch dem Betrieb Wallstawe in der Altmark. MDR SACHSEN-ANHALT begleitet den konventionellen Agrarbetrieb das ganze Jahr – nun auch bei der Kartoffelernte.
- Bevor es im Oktober nass und kalt wird, müssen noch viele Kartoffeln geerntet werden.
- Viel Niederschlag im Frühsommer sorgt jetzt für faulige Knollen.
- Ein Rekordtief bei den Kartoffelpreisen setzt Kartoffelbauern ebenfalls zu.
Faule Kartoffeln sind der Albtraum jedes Kartoffelbauern. Die Kartoffelernte rund um das altmärkische Wallstawe ist in vollem Gang. Auf 400 Hektar wachsen hier 20 Sorten Kartoffeln. Lange Tage für alle Mitarbeiter der GbR Wallstawe. "In der Erntezeit müssen alle mit ran", weiß der Leiter Kartoffelanbau Max Radtke. Das gilt auch für ihn selbst, denn eigentlich sitzt er sonst am Computer, kümmert sich um Einsatzpläne, Vermarktung – alles rund um den Kartoffelanbau.
Bei der Ernte in der Altmark ist Eile geboten
Doch Eile ist geboten. "Wir müssen jetzt natürlich diese guten Bedingungen nutzen, weil das Wetter im Oktober auch mal ganz schnell umschlagen kann, dass es zu nass wird oder auch schon Nachtfröste kommen", erklärt Max Radtke. Deswegen zähle jetzt eigentlich jeder Tag. Eilig baut er einen Kompressor am Kartoffelfeldrand auf, denn gerade haben seine Kollegen und er wieder einen Schlag Kartoffeln abgeerntet.
Jetzt müssen die Kartoffelroder komplett sauber gemacht werden. "Damit wir keine Vermischung von Sorten haben", erklärt Radke. Denn aus einer falschen Kartoffel würden im nächsten Jahr schon zehn und im übernächsten vielleicht hundert. Das könne dann das Ernteergebnis eines kompletten Schlages zunichtemachen.
Die Wallstawe GbR Wie im Osten typisch hat der Agrarbetrieb in Wallstawe nahe Salzwedel eine LPG-Vergangenheit. Der 34-jährige Landwirt Fred Neuling leitet die GbR Wallstawe und ist damit verantwortlich für knapp 3.000 Hektar Land, 1.600 Kühe und Kälbchen sowie mehr als 60 Mitarbeiter. Der konventionelle Agrarbetrieb produziert vor allem Milch und betreibt Acker- und Pflanzenbau. Besonders wichtig ist dabei die Kartoffelproduktion.
Preis für Kartoffeln ist im Keller
Der Geschäftsführer der GbR Wallstawe ist Fred Neuling. Der studierte Landwirt weiß: Das Wetter der vergangenen Monate war gut, die Erträge sind gut, aber ausgerechnet jetzt ist der Kartoffelpreis im Keller. "Es sind zu viele Speisekartoffeln auf dem Markt. Gerade momentan aus der Ernte heraus wollen viele verkaufen, weil eben nicht klar ist, ob die Kartoffeln sich im Lager halten."
Es sind zu viele Speisekartoffeln auf dem Markt.
Denn durch die feuchten Bedingungen ist ein hoher Krankheitsdruck auch in den Knollen vorhanden. Im Mai und Juni hatte es überdurchschnittlich viel, zu viel eben, geregnet. Nun drohe allerorten Fäulnis. Deswegen versuchten viele Landwirte, ihre Kartoffeln direkt vom Feld weg zu vermarkten.
Kartoffeln in Sachsen-Anhalt
Sachsen-Anhalt hat neben Mecklenburg-Vorpommern die größten Anbauflächen für Kartoffeln in Ostdeutschland. Im vergangenen Jahr wurden nach Angaben des Statistischen Landesamts auf 12.400 Hektar Kartoffeln in Sachsen-Anhalt angebaut.
Laut Bauernverband liegt der Preis für Speisekartoffeln im Schnitt bei 9 Eruo pro 100 Kilogramm. Im letzten Jahr wurden aus Sachsen-Anhalt Kartoffeln und Kartoffelerzeugnissen im Wert von 12 Millionen Euro ausgeführt.
dafürt aber auch für 56 Millionen Euro eingeführt.
Lüften gegen Fäulnis
Ortswechsel zur großen Kartoffelhalle in Dähre, denn die Altmärker haben sich dafür entschieden, die Kartoffeln erst einmal einzulagern. Das verschafft ihnen Zeit und die Hoffnung auf bessere Preise. Doch das Lagern birgt auch Risiken, erklärt Max Radtke: "Das ist eben gerade in diesem Jahr, wo es auch viel Niederschlag gab, die Kartoffeln teilweise im Wasser standen, nicht so einfach." Die Kartoffeln müssten so schnell wie möglich trocken werden. Deswegen kommen sie umgehend nach der Ernte in die kühle Halle, um dort durch Lüftung abgetrocknet werden zu können.
Radtke und Co. versuchen, dabei so wenig Fallstufen wie möglich zu haben, um so die Kartoffeln zu schonen. Jede Druckstelle, jede Beschädigung soll vermieden werden. "Das ist eben das oberste Ziel hier. Da muss jeder Arbeitsschritt sitzen", erklärt Radtke. Damit die Kartoffeln so lange wie möglich lagern können – im besten Fall bis Mai kommenden Jahres.
"Da sind wir gespannt, ob wir das in den nächsten Monaten hinbekommen“, so der Leiter Kartoffelanbau. Denn in diesem Jahr gäbe es zwar besonders viele Kartoffeln, doch darunter seien eben auch besonders viele faule. Gegen die Fäulnis helfe nur, die Kartoffel über Monate besonders stark zu belüften und das wiederum bedeutet für den Betrieb von Geschäftsführer Fred Neuling mehr Aufwand und höhere Energiekosten.
Kampf gegen Fäulnis gelingt
Dass die Maßnahmen greifen und die Kartoffeln trocknen, könne man an den weißen Stellen an den Knollen im Lager erkennen, erklärt Max Radtke. "Wenn ich jetzt sehe, dass wir eine Abtrocknung hinkriegen und dass sich die Fäulnis aktuell nicht weiter ausbreitet, dann bin ich schon ein bisschen beruhigter", blickt Landwirt Fred Neuling positiv nach vorn.
Es hätte noch schlimmer sein können, aber es sei natürlich auch noch einiges zu ernten und die Zeit, bis die Kartoffeln ausgelagert und letztlich verkauft werden, die sei lang. Da könne noch viel passieren, so Fred Neuling weiter. Rund drei Prozent der Ernte sei dabei von Fäulnis betroffen, schätzt Neulings Kartoffelverantwortlicher die Situation ein. Die angegangenen Kartoffeln würden über die Wintermonate durch Sortieren von den guten entfernt.
Wenn ich jetzt sehe, dass wir eine Abtrocknung hinkriegen und dass sich die Fäulnis aktuell nicht weiter ausbreitet, dann bin ich schon ein bisschen beruhigter.
Die Königin der Feldfrüchte
Der Agrarbetrieb GbR Wallstawe produziert neben Stärke-, Püree- und Speisekartoffeln auch die besonders wertvollen und damit lukrativen Pflanzkartoffeln. Letztere werden dabei besonders genau kontrolliert. Alle drei Hektar muss Max Radtke eine Kartoffelprobe nehmen, um sie im Labor auf Virus- und Bakterienkrankheiten testen zu lassen.
Die Probe besteht aus exakt 220 Kartoffeln. "Wir hoffen, dass die Proben gut ausfallen, aber das Ergebnis bekommen wir erst im Frühjahr", weiß der Kartoffelexperte. "Folglich bedeutet das für uns: Bis dahin haben wir das Risiko und die Ungewissheit, ob sie als Pflanzgut überhaupt vermarktbar sind oder ob wir sie in andere Verwertungen verkaufen müssen."
Selbst wenn die Kartoffelpreise bis dahin wieder ansteigen, so wären kranke Pflanzkartoffeln doch ein großes Verlustgeschäft für die GbR Wallstawe. Die Kartoffel sei als Königin der Feldfrüchte eben sehr herausfordernd, aber genau das ist es, was Max Radtke auch so sehr an ihr mag.
MDR (Carina Emig, Sebastian Gall) | Erstmals veröffentlicht am 30.09.2024
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 30. September 2024 | 08:00 Uhr
Niemann vor 2 Wochen
Auf Grund der sich zuspitzenden Lage in der Landwirtschaft, Bürokratie siegt über Produktion, sollte die Menschheit langsam darauf verzichten auf der Erde zu leben.
ElBuffo vor 2 Wochen
Mancher ist froh seine Gülle irgendwie loszuwerden. Also ab auf den Acker. Irgendwoher werden mancherorts die hohen Nitratwerte schon herkommen.
Insofern haben die Vorschriften und Reglementierungen schon ihre Berechtigung. Der hohe Preis von zugekauftem Dünger wird zusätzlich Anreize zu einem wohldosierten Einsatz setzen.
Ein Dorfjunge vor 2 Wochen
Das ist nun wirklich Quatsch. Jeder Bauer darf sein Böden düngen, er muss halt nur zielgenau düngen, eine Überdüngung wird verhindert. Mit der heutigen Technik, den Computersystemen lässt sich zielgenau düngen und keine Pflanze läuft Gefahr unternährt zu sein und eine Kartoffel die keine Nährstoffe bekommt bildet auch keine Knollen aus. Beim Weizen ähnlich. Die Bauern können auch weiterhin gute Ernten einfahren, sie können auch qualitativ hochwertige Produkte abliefern. Was sie aber nicht können, sie können das Wetter nicht ändern und das Frühjahr war zu nass und teilweise auch zu kalt (ja ist auch trotz Klimawandel möglich und gehört dazu) und dann kommt es zur Braunfäule und dagegen hilft der beste Dünger nix.
Die Weizenernte im letzten Jahr fiel Wetterbedingt auch nur unterdurchschnittlich aus, Getreide wuchs sehr ungleichmäßig und war oft zu feucht. Doch wegen mangelnden "Gluten" hat sich kein Bauer beklagt.