Archäologie Silberschatz aus dem Mittelalter zeigt, wer vor 1.200 Jahren in Sachsen-Anhalt gehandelt hat
Hauptinhalt
24. November 2024, 13:09 Uhr
Schon vor mehr als zehn Jahren wurden im Norden von Sachsen-Anhalt Münzen aus dem frühen Mittelalter entdeckt. Jetzt wurde der Silberschatz genauer untersucht. Der Fund der "Stachelschweinmünzen" belegt, dass an der Elbe schon vor 1.200 Jahren Handel betrieben wurde.
- Ein Silberschatz aus dem frühen Mittelalter belegt, dass im Norden von Sachsen-Anhalt mit Friesland gehandelt wurde.
- Münzen wie diese werden üblicherweise weiter im Norden oder Westen entdeckt. Sie könnten durch die Franken in die Altmark gekommen sein.
- Optisch erinnern die Münzen an Stachelschweine.
Ein alter Silberschatz aus dem Norden von Sachsen-Anhalt zeigt, dass hier im Frühmittelalter – vor rund 1.200 Jahren – Handel mit Friesland betrieben wurde. Das zeigt eine wissenschaftliche Auswertung von sieben sogenannten Stachelschweinmünzen aus Altenzaun im Landkreis Stendal.
Wahrscheinlich gehörten die Münzen zu einem Schatz und wurden nicht einfach so verloren.
"Stachelschweinmünzen" in Sachsen-Anhalt sind ein besonderer Fund
Der Fachbegriff sei "Stachelschwein Sceattas", altenglisch für Schatz, sagte die Archäologin und Numismatikerin Anika Tauschensky vom Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt. Die sieben Münzen seien die bislang am südöstlichsten gefundenen dieser Art: "Diese Münzen wurden häufig in Norddeutschland und entlang des Rheins sowie in England, Belgien, Frankreich und vereinzelt in Dänemark gefunden."
Numismatik Numismatikerinnen und Numismatiker erforschen alte Münzen und das historische Geldwesen. Sie bestimmen Münzen – etwa deren Herkunft oder wann und wie sie hergestellt wurden – und befassen sich damit, wie Menschen damit gehandelt haben. LMU München
Die Stachelschweinmünzen bei Stendal wurden zwischen 2005 und 2014 von ehrenamtlichen Denkmalpflegern gefunden. Sie befanden sich den Angaben nach auf einer etwa 150 mal 60 Meter großen Fläche westlich der Elbe. Ihr Silbergehalt liege durchschnittlich bei 80 Prozent, sagte Tauschensky. "Wahrscheinlich gehörten die Münzen zu einem Schatz und wurden nicht einfach so verloren."
Silberschatz aus dem Mittelalter belegt Handel an der Elbe in der Altmark
An der Elbe in der Altmark kreuzten sich damals die Fernhandelsrouten des Reiches der Merowinger, das ab 751 vom Geschlecht der Karolinger abgelöst wurde. "Es wurde vermutet, dass hier auch Handel getrieben wurde, mit den Münzen gibt es einen Beleg dafür", erklärte der Archäologe Georg Schafferer. In dieser Zeit habe noch viel Tauschhandel stattgefunden. Geld sei für größere Güter genutzt worden.
Es wurde vermutet, dass hier auch Handel getrieben wurde, mit den Münzen gibt es einen Beleg dafür.
Die Altmark wurde im Zuge der Unterwerfung von Karl dem Großen erobert und, wie Friesland zuvor, Teil des Fränkischen Reiches. Möglicherweise kamen die Münzen auch durch die Franken in die Region bei Altenzaun.
Prägung auf den Münzen erinnert an ein Stachelschwein
Das Aussehen der Münzen hat sich den Archäologen zufolge aus römischen und byzantinischen Münzen entwickelt. Ursprünglich sei ein Kopf im Profil mit Strahlenkrone abgebildet gewesen. Auf späteren Prägungen sei allerdings nur noch die stilisierte Strahlenkrone zu sehen – die an ein Stachelschwein erinnert. Auf den Rückseiten befinde sich ein Rechteck mit zentralem Mittelpunkt und Beizeichen, das als Standarte interpretiert wird. Das sei von römischen Münzen ebenso bekannt.
Historische Münzen digital entdecken
Das Landesmuseum für Vorgeschichte in Halle hat eine Sammlung von rund 25.000 Fundmünzen, die nach und nach digitalisiert worden sind. Seit 2022 werden zudem Fundmünzen in den Regionalmuseen in Sachsen-Anhalt digitalisiert. Das ist nun auch mit den sieben Sceattas aus Altenzaun geschehen.
Wer sich selbst ein Bild von historischen Münzen machen möchte, kann das bei der "Kooperative Erschließung und Nutzung der Objektdaten von Münzsammlungen", kurz Kenom, online tun.
Weil die Münzen mit Prägestempeln gefertigt worden seien, die größer waren als die Rohlinge, sei auf kaum einem der Sceattas das komplette Motiv zu sehen. Die Münzen seien zwischen der zweiten Hälfte des 7. Jahrhunderts und der ersten Hälfte des 8. Jahrhunderts in Ostfriesland geprägt worden, insbesondere für den Handel mit England. Die Archäologen vermuten, dass die bei Altenzaun gefundenen Münzen aus dem damaligen friesischen Ort Dorestad stammen.
dpa, MDR (Susanne Liermann, Maren Wilczek)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 24. November 2024 | 11:00 Uhr