Für Deeskalation und Aufklärung Polizei Stendal startet als erste Behörde in Sachsen-Anhalt mit Bodycams
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17. Dezember 2024, 04:59 Uhr
Seit Montag sind bei der Polizeiinspektion (PI) Stendal die ersten 124 sogenannten Bodycams im Einsatz. Bereits 2022 hatte der Landtag mit einer Gesetzesänderung den grundsätzlichen Einsatz mit Körper-Kameras möglich gemacht. Bis zur Einführung mussten einige Bedenken zur Rechtssicherheit und zum Datenschutz beseitigt werden, sagte die Ministerin. Trotzdem wird es noch bis Anfang 2027 dauern, bis alle Inspektionen in Sachsen-Anhalt ausgerüstet sind.
- Sachsen-Anhalt hat die Polizei mit 150 Bodycams ausgestattet, um Gewalt gegen Einsatzkräfte zu deeskalieren und Straftaten besser zu dokumentieren.
- Nach anfänglicher Skepsis wegen Datenschutzbedenken wurden die Geräte eingeführt.
- Bis 2027 sollen alle Streifenwagenbesatzungen mit insgesamt 800 Kameras ausgerüstet werden.
Dass es lange gedauert hat, bis jetzt in Sachsen-Anhalt mit Bodycams bei der Polizei ausgerüstet werden, das will Innenministerin Tamara Zieschang (CDU) nicht auf sich sitzen lassen. "Wir haben konzentriert an der Einführung gearbeitet, es waren viele Schritte zu gehen", sagte die Ministerin am Montag in Stendal. Die Beschaffung über eine europaweite Ausschreibung sei dabei noch das geringste gewesen.
Aus der Polizei heraus und auch in der Politik habe es eine Skepsis hinsichtlich des Datenschutzes gegeben. Polizistinnen und Polizisten hätten befürchtet, dass die Kameras beim Einsatz dauerhaft in Betrieb seien und somit auch das Agieren der Einsatzkräfte ständig aufgezeichnet würde. "Das ist nicht so", sagt die Ministerin. Je nach Einsatzlage können die Polizisten die Geräte anschalten. Dabei gebe es auch eine Voraufzeichnungsfunktion. In diesem Fall zeichnet die Kamera auf, überschreibt das Filmmaterial aber alle 60 Sekunden wieder.
Wir erleben, dass Kolleginnen und Kollegen im täglichen Dienst zunehmend Gewaltstraftaten ausgesetzt sind.
Auch in anderen Bereichen nimmt Gewalt gegenüber Mitarbeitenden zu, weshalb teilweise beispielsweise auch Zugbegleiter immer häufiger Bodycams einsetzen:
Zwölf Stunden Akku
"Erst, wenn die Kamera zum Aufzeichnen aktiviert wird, dann bleiben auch die 60 Sekunden davor erhalten", erläuterte Thomas Richter von der Polizeiinspektion Stendal. Er hatte in den vergangenen Monaten insgesamt 400 Einsatzkräfte der PI mit ausgebildet. Damit seien nunmehr 90 Prozent der Kolleginnen und Kollegen in die Bedingung eingewiesen. Sechs Stunden Einweisungszeit habe es pro Polizisten gegeben. Die Akkuzeiten reichen locker für jede 12 Stunden Schicht, sagt der Motorola-Chef.
150 Geräte waren vom Land für insgesamt 100.000 Euro angeschafft worden. Über eine europaweite Ausschreibung war das Gerät VB 400 von Motorola besorgt worden. "Die Kamera ist europaweit etwa 100.000-fach im Einsatz", sagte Motorola-Chef Axel Kukuk bei der Vorstellung der Geräte in Stendal. Er betonte, dass diese nahe zu hundert Prozent sicher gegen Datenklau sei.
Auch Polizeischule mit Bodycams ausgerüstet
26 Geräte von den insgesamt zunächst beschafften 150 Bodycams verbleiben an der Polizeischule in Aschersleben. Die übrigen 124 Bodycams sind nun seit Montagmittag in Stendal im Einsatz.
"Wir können noch mehr Geräte gebrauchen", sagt Inspektionsleiter Andreas Krautwald aus Stendal. Dies solle jetzt auch nach und nach erfolgen. "Ich gehe davon aus, dass wir in absehbarer Zeit einen gut ausgerüsteten Einsatz- und Verkehrsdienst haben."
In Sachsen-Anhalt produziert die Firma "Netco" Bodycams. Mehr dazu im Video.
800 weitere Geräte bis 2027 geplant
Die übrigen Polizeiinspektionen sollen bis Anfang 2027 – also noch mal mit zwei Jahren Wartezeit – ausgestattet werden, sagte die Ministerin. Hierzu müsse es eine erneute Ausschreibung geben. Die Haushaltsmittel für insgesamt 800 Geräte seien eingeplant, daran liege es nicht. Am Ende sollen alle Streifenwagenbesatzungen in Sachsen-Anhalt ausgerüstet sein. 1,6 Millionen Euro sind für die Geräte eingeplant.
Die Ministerin nannte zwei wesentliche Ziele, die mit der Einführung der Bodycam bei der Polizei verfolgt werden. "An erster Stelle geht es um eine deeskalierende Maßnahme", sagte sie. Allein das Vorhandensein der Kameras dürfe einige Menschen davon abhalten, Einsatzkräfte anzugreifen. "Dieses Verhalten hat in den vergangenen Jahren zugenommen", sagte Tamara Zieschang. Allein zwischen 2022 und 2023 sei die Zahl der Gewalttaten gegen Polizisten um 13 Prozent gestiegen (13.48 Fälle gegenüber 11.92 Fälle).
Juristisches Protokoll für Straftaten
Neben der Abschreckung durch die Kameras soll es künftig aber auch möglich sein, Straftaten juristisch zu verfolgen und zu dokumentieren, sagte die Ministerin. Die Kameras erfassen nach Angaben der Verantwortlichen sogenannte Protokolldaten. Das sind neben dem Bild auch Daten zum Nutzer, dem Datum und der Zeit sowie die GPS-Daten zum Standort der Aufzeichnungen.
Neben der Kamera müssen die Einsatzkräfte auch ein Zusatzschild tragen, das auf den Einsatz der Kamera hinweist. Zudem sind die Polizisten dazu angehalten – je nach Einsatzlage – die Beteiligten über die laufende Kamera zu informieren. Verboten ist der Einsatz laut dem Stendaler Ausbildungsleiter Thomas Richter in Wohnungen und auch in umfriedeten Grundstücken. "Der Einsatz ist für den öffentlichen Raum vorgesehen", betonte die Ministerin.
In anderen Bundesländern gibt es die Bodycams schon länger. Auch in Sachsen-Anhalt waren schon Geräte getestet worden. Von 2017 bis 2020 waren Polizisten bereits in Magdeburg, Halle und Dessau-Roßlau im Rahmen eines Pilotprojekts mit Bodycams ausgerüstet worden. 50 Beamte trugen die Körperkamera dabei testweise. Etwa 15.000 Mal pro Jahr kam die Bodycam dabei auch zum Einsatz.
MDR (Bernd-Volker Brahms)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 16. Dezember 2024 | 05:00 Uhr
mz. vor 18 Wochen
"... als erste Behörde in Sachsen-Anhalt" ist nicht ganz richtig. Die Leute der Bundespolizei Magdeburg tragen an den Bahnhöfen in Sachsen-Anhalt schon seit Jahren im Wirkbetrieb Bodycams.
Maria A. vor 18 Wochen
Bei uns ist sowas eine Meldung wert nach dem Motto "Und nun darf geklatscht werden". Ist wahrscheinlich für deutsche Verhältnisse eine regelrechte Errungenschaft.
Wer gerne amerikanische Filme schaut, der kennt sicherlich die Serie "The Rookie". Da solche Streifen sich immer an der Realität orientieren, bekommt man den Unterschied mit zwischen dem Normalstandard in Amerika und Deutschland nicht nur hinsichtlich Bodycam-Geläufigkeit, sondern auch bei der Bewaffnung.
geradeaus vor 18 Wochen
In Erfurt sind die Kameras auf der Schulter platziert. Viel zu umständlich (unbequem) für die Polizeikräfte. Zusätzlich wurde auf der Kleidung hinten wie vorne mit großen Buchstaben darauf hingewiesen.
So ein Quatsch. Das ist der Staatsdienst. Da muss überhaupt nix darauf hingewiesen werden. Die ordentlichen Menschen haben nichts zu befürchten deswegen, wenn sie mal aufgezeichnet werden. Hier geht es um Kriminelle. Und das man die nicht darauf hinweisen muss das sie aufgezeichnet werden ist ja wohl klaro.
Auf dem Foto oben ist die Cam auf der Brust. Das ist schon mal besser. Jedoch wäre eine kleinere Version durchaus bequemer. Und wenns nach mir geht sollte die immer laufen.
Und wenn er/sie auf nen Knopf drückt geht die Aufnahme live und in der Zentrale kann man dann alles genau mitverfolgen und gegebenenfalls via In-Ear Kopfhörer Ratschläge geben bzw Mut machen.
So etwas ist (wäre) für die Kräfte im Außendienst extrem hilfreich.
Jedoch ist das nur ne Wunschvorstellung von mir !