26 Jahre nach Einbruch "Neujahrs-Wunder" in Stendal: Verschollenes Kirchenbuch der Petrikirche ist wieder aufgetaucht
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13. Januar 2025, 11:21 Uhr
Im Dezember 1998 hat es im Gemeindehaus der Stendaler Sankt-Petri-Gemeinde einen Einbruch gegeben – neben Bargeld wurde auch das wertvolle Kirchenbuch gestohlen. Niemand wusste bis vor kurzem, wo es geblieben ist. Die Polizeiakten waren längst geschlossen. 26 Jahre später taucht das historische Buch plötzlich wieder durch einen Privatmann auf.
Pfarrer Markus Schütte spricht von einem Neujahrs-Wunder. Die Geschichte könnte aber ebenso gut auch in der MDR-Fernseh-Sendung "Kripo Live" gesendet worden sein: 1998 brechen unbekannte Täter ins damalige Haus der Petrikirchgemeinde am Stendaler Stadtrand ein. Sie stehlen Bargeld, Kunstgegenstände aus dem 19. Jahrhundert, drei Päckchen Kaffee und ein historisches Kirchenbuch.
Älteste Buch seiner Art in Sachsen-Anhalt
Es ist sowohl für Stendal als auch überregional von Bedeutung. Das Buch, etwa 15 Zentimeter dick, Seite für Seite vom jeweiligen Pfarrer handbeschrieben, stammt aus dem 16. Jahrhundert und ist damit eines der ältesten seiner Art in Sachsen-Anhalt. "Es sind natürlich unschätzbare Sachinformationen über die einzelnen Menschen, die hier geheiratet haben oder getauft wurden. Und es gibt eben neben den Sachinformationen, wie ich finde, auch berührende Einträge. Es gibt hier zum Beispiel am Beginn des Sterberegisters, das ist 1583, diesen Eintrag: 'Dies Jahr hat die pest etwas grassieret'", so der Pfarrer. Es enthält sämtliche Taufen, Hochzeiten und Beerdigungen der Petrikirchgemeinde seit 1581 bis ins späte 18. Jahrhundert.
Es sind natürlich unschätzbare Sachinformationen über die einzelnen Menschen, die hier geheiratet haben oder getauft wurden.
Taufeintrag von Johann Joachim Winckelmann
Der wichtigste Eintrag stammt vom 12. Dezember 1717. An diesem Tag hat der Schuster Martin Winckelmann seinen Sohn Johann Joachim taufen lassen, schreibt der damalige Pfarrer. Aus dem Täufling wurde Stendals berühmtester Sohn: Johann Joachim Winckelmann gilt als Begründer der klassischen Archäologie und löste im 18. Jahrhundert in deutschen Landen durch seine Ausgrabungen, Untersuchungen und Veröffentlichungen einen regelrechten Antike-Hype aus. Die Straße, in der er als Kind lebte, heißt längst Winckelmann-Straße. Es gibt ein Museum für ihn, eine wissenschaftliche Gesellschaft und ein Gymnasium mit seinem Namen.
Das alles, ist Reinhard Creutzburg überzeugt, haben die Einbrecher damals nicht geahnt, als sie bei ihrem Einbruch das wertvolle Kirchenbuch mitnahmen. Bis heute gibt sich Creutzburg, damals verantwortlicher Pfarrer der Petrikirchgemeinde, eine Mitschuld am Verschwinden des Buchs. Er hatte es zwar im Archivraum verschlossen gelagert, aber nicht in einem Tresor beispielsweise.
Kirchenbuch in Niedersachsen aufgetaucht
Der Diebstahl ist so lange her, dass die Polizei in Stendal die Akten längst geschlossen hat. Doch nun dies: Am 13. November erhält Pfarrer Markus Schütte den Anruf eines Mannes aus der Nähe von Wolfsburg. Er sei im Besitz des Kirchenbuchs von Sankt Petri und wolle es der Gemeinde zurückgeben. Nach anfänglicher Skepsis sei man nun zu dem Mann gefahren und habe das Buch persönlich abgeholt, berichtet Pfarrer Schütte. Der Mann habe "glaubhaft versichert, dass er das Buch guten Gewissens erworben hat und nicht an dem Einbruch beteiligt war. (...) Er hat, glaube ich, gern was Gutes getan", so der Pfarrer.
Der Mann, der anonym bleiben möchte, habe für das Kirchenbuch auch kein Geld verlangt. Die Gemeinde habe ihm aber ein großzügiges Präsent überreicht, sagt der Pfarrer. Über die Wege des Kirchenbuchs seit 1998 sei Stillschweigen vereinbart worden.
Die Petrikirchgemeinde will nun schleunigst das wertvolle Buch ins kirchliche Zentralarchiv geben. Dort soll es, Seite für Seite, digitalisiert werden. So würden die Sachinformationen nie wieder abhandenkommen können, sagt Pfarrer Schütte.
MDR (Katharina Häckl, Susanne Ahrens) | Erstmals veröffentlicht am 12.01.2025
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT Heute | 10. Januar 2025 | 19:00 Uhr
Maria A. vor 3 Wochen
Hoffentlich bleibt das nicht die einzige positive Nachricht im ersten Monat von 2025...