Politikforum des Inklusionsbeirats des Landkreises Stendal
Bildrechte: MDR/Aud Merkel

Forum des Inklusionsbeirats in Stendal Menschen mit Behinderung vor der Bundestagswahl: Wollen "als Experten in eigener Sache verstanden werden"

05. Februar 2025, 13:06 Uhr

Kurz vor der Bundestagswahl hat der Inklusionsbeirat des Landkreises Stendal zum Politikforum mit Lokalpolitikern geladen. Es ging etwa um den ÖPNV, um Teilhabe im Alltag oder in der Arbeitswelt. Ein Mitglied des Beirats blickt dabei mit Sorge in die Zukunft.

Über 70 Menschen folgten der Einladung zum Politikforum des Inklusionsbeirates des Landkreises Stendal. Im großen Sitzungssaal des Landratsamtes kamen Menschen mit und ohne Behinderung zusammen, um sich vor der Bundestagswahl zu informieren. Direktkandidaten von sechs Parteien des Wahlkreises 66 beantworteten Fragen zu Teilhabe und Inklusion.

Karina Gyhra und Daniela Waiß vom Inklusionsbeirat des Landkreises Stendal
Karina Gyhra und Daniela Waiß vom Inklusionsbeirat des Landkreises Stendal Bildrechte: MDR/Aud Merkel

Kristina Gyhra und Daniela Waiß moderierten die Veranstaltung. Sie sind beide stellvertretende Vorsitzende des Inklusionsbeirates. Der vereint 30 Mitglieder, Einzelpersonen, Behindertenverbände und Institutionen. Sie alle wollen sich nicht nur politisch informieren, sondern auch einbringen.

Gyhra: Menschen mit Behinderung als Experten in eigener Sache

"Wir wollen zeigen, wo die Interessen von Menschen mit Behinderung liegen, in welchen Gremien diese auch zusammenarbeiten und was wir damit auch erreichen können", sagt Karina Gyhra. Sie wolle, "dass Menschen mit Behinderungen immer mehr als Experten in eigener Sache verstanden werden". Es gehe nicht nur um die Schwierigkeiten im Alltag, sondern eben auch die in der Politik.

Schon bei der vergangenen Landtagswahl hatten die Vertreter des Inklusionsbeirates deshalb Kandidaten eingeladen. Nun könne man nachvollziehen, was sich nach den letzten Versprechungen getan hat.

Unzureichende Barrierefreiheit bleibt Problem

Ein großes Problem sei nach wie vor die unzureichende Barrierefreiheit und der ÖPNV, sagt Daniela Waiß. Sie hat eine Sehbehinderung und ist auf Hilfestellungen im Alltag angewiesen. "Gerade hier in Stendal muss noch viel verbessert werden. In anderen Städten ist man da schon weiter." Sie sagt, es fehlen zum Beispiel Leitlinien für Blinde und freie Fußwege für Rollstuhlfahrer.

Gebärdendolmetscher übersetzt Kandidaten beim Politikforum - Inklusions-Beirat
Auch ein Gebärdensprachdolmetscher war beim Politikforum des Inklusionsbeirates dabei. Bildrechte: MDR/Aud Merkel

Daniela Waiß hat die Wahlprogramme der Parteien gelesen und hört genau hin, was die einzelnen Parteienvertreter zum Thema Inklusion sagen. Sie macht sich Sorgen: "Es gibt ja Parteien, die die Menschen mit Behinderungen wieder ein bisschen ausgrenzen und das, was wir geschaffen haben in den letzten Jahrzehnten, wieder rückgängig machen wollen." Daniela Waiß sagt, generell würden auch die sozialen Parteien wie die SPD wenig zu den Inklusionsthemen sagen.

Viele Besucher bleiben skeptisch

Die Fragen, die Karina Gyhra und Daniela Waiß den Kandidaten von SPD, CDU, Grünen, FDP, Linke und AfD gestellt haben, drehen sich um die Themen Teilhabe am Alltag, Inklusion in die Arbeitswelt und immer wieder die Barrierefreiheit für Menschen mit verschiedenen Behinderungsarten.

Ob die Kandidaten im Falle einer Wahl und Wirkmöglichkeit ihre Versprechen dazu einhalten können, dazu blieben die Besucher am Ende des Politikforums skeptisch. Zu oft hätte man schon erlebt, dass im Nachhinein nichts oder zu wenig davon umgesetzt würde.

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5 Kommentare

D.L. vor 1 Wochen

Ausgrenzung fängt im Alltag an. Bei den ganz kleinen Dingen.
Wo werden Menschen im Fernsehen mit Gebärdensprache ausgegrenzt (oder kann man sie da falsch verstehen)?

Ein Dorfjunge vor 1 Wochen

Inklusion an Schulen wird von einer bestimmten Partei als "überflüssiges Gedöns" bezeichnet und soll weg.
Wenn im MDR immer mal wieder über Kinder und Jugendliche mit Behinderungen berichtet wird und wie schwierig es für sie ist eine ortsnahe Schule zu finden ist in den Kommentaren immer wieder zu lesen dass diese Kinder auf Behindertenschulen gehen sollen, dort sind sie dann unter sich und dort kann ihnen doch viel besser geholfen werden. Dies ist Ausgrenzen.

Oft ist auch zu lesen dass hier wieder mal eine Minderheit ihre Forderungen durchsetzen will, wenn Menschen mit Behinderungen demonstrieren.

Selbst im öffentlichen Raum ist die Barrierefreiheit keine Selbstverständlichkeit.
Im ÖPNV gibt es die Vorgabe bis 2026 ihn komplett barrierefrei umzubauen. Wird bis heute ignoriert.

Ich stoße im Alltag überall auf Hürden und Barrieren und auf viel Unverständnis. Die Gesellschaft ist zwar offener als noch vor Jahren, aber eine bestimmte Gruppe versucht dies zurückzudrehen.

pwsksk vor 1 Wochen

@Dorfjunge, nein nicht "wir" grenzen aus. Schauen sie sich Sportevents an, schauen sie Fernsehen mit Gebärdensprachen. Es ist die Wirtschaft, wo es teilweise unmöglich ist, Menschen mit "Behinderung" unterzubringen. Ansonsten ist unsere Gesellschaft schon sehr offen, finde ich.

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