Bismark Cool & inklusiv: Skating-Workshop für mehr Sicherheit im Rollstuhl
Hauptinhalt
18. August 2024, 12:02 Uhr
Menschen im Rollstuhl haben's im Alltag sowieso nicht allzu leicht: Bordsteine, die nicht abgesenkt sind, rücksichtslose Mitbürger, scheinbar unüberwindbare Treppen – sie begegnen Hindernissen, die andere gar nicht als solche wahrnehmen. Da ist es gut, wenn man seinen Rollstuhl beherrscht, wenn man mit ihm auch in brenzligen Situationen sicher unterwegs ist. Der Rollstuhl-Skating-Workshop am Sonnabend im altmärkischen Bismark hat dazu Trainingsmöglichkeiten und Erfahrungsaustausch geboten.
Ob Wellen oder Stufen, Wippen oder Rampen – im Alltag müssen Rollstuhlfahrer so ziemlich jede Hürde nehmen. Nur wenn sie sicher unterwegs seien, sagt Sven Gansewig, der Initiator des Rollstuhl-Skating-Workshops, würden sie sich auch öfter heraustrauen, unter Menschen kommen und so der Vereinsamung vorbeugen.
Gansewigs Tochter Felicitas ist neun Jahre und ein regelrechter Rollstuhl-Skating-Crack. Das fröhliche Mädchen ist im vergangenen Jahr bei den Deutschen Meisterschaften in der Juniorenklasse angetreten und gleich Vizemeisterin geworden. "Feli" fühlt sich in ihrem Rollstuhl absolut sicher im Alltag, vor allem dank des Skating-Trainings.
Anderen Rollstuhlfahrern geht es nicht so. Egal ob Kind oder Erwachsener, einige der etwa 50 Besucher haben am Samstag erst mit Unterstützung ihre Scheu vor den aufgebauten Hindernissen abgelegt. Sven Gansewig ist dabei von Mitgliedern des gemeinnützigen Hamburger Projekts "Sit and Skate" unterstützt worden – so wie im vergangenen Jahr zur Premiere des Bismarker Workshops.
Miteinander ins Gespräch kommen – ob mit oder ohne Behinderung
Noch ein Anliegen erfüllt die von Familie Gansewig privat organisierte Veranstaltung: Rollstuhlfahrer lernen sich untereinander kennen, knüpfen Kontakte, kommen zusammen. Auch das sei Grundlage dafür, sagt Sven Gansewig, dass Menschen mit Behinderung sich nicht abkapseln.
Dem stimmt Christian Hauer voll und ganz zu. Er lebt in der Nähe von Bismark, besuchte am Sonnabend den Rollstuhlskating-Workshop und staunte darüber, dass er einige rollstuhlfahrende Besucher nicht kannte, obwohl sie aus Nachbardörfern stammen.
Hauers Missionen sind die Vernetzung Betroffener untereinander und das unbedingte Einstehen für Inklusion, also für das Miteinander gesunder und Menschen mit Handicap. Dazu nutzt er vor allem die sozialen Medien. Er nennt sich "Inkluencer", ein Wortspiel zwischen Influencer und Inklusion.
Die schweren Rampen, schmunzelt Christian Hauer, würde er seinem Rollstuhl während des Skating-Workshops zwar nicht antun, sanftere aber durchaus. Kürzlich sei er allein mit der Bahn nach Köln zu einem Festival gefahren; das wäre ohne sicheren Umgang mit dem Rollstuhl nicht möglich gewesen.
Rollstuhlparcours auf dem Sachsen-Anhalt-Tag in Stendal
Wer den Rollstuhl-Skating-Workshop in Bismark verpasst hat, bekommt neue Chancen: Feli und ihr Vater sind mit einem von Sven Gansewig entwickelten und gebauten mobilen Rollstuhlparcours auf dem Sachsen-Anhalt-Tag in Stendal vom 30. August bis 1. September vertreten und dort im Schadewachten zu finden.
Außerdem wird der mobile Skating-Parcours einmal im Monat auf einer Fläche am Freibad "Kolk" in Bismark aufgebaut, das nächste Mal am Sonntag, 25. August, ab 14:30 Uhr. Auch dort kann jeder Interessierte dabei sein. Feli Gansewig und ihr Vater empfehlen auch Menschen, die gehen können, das Rollstuhlfahren auszuprobieren: Das erweitere den Horizont und führe die alltäglichen Hürden vor Augen, denen Rolli-Fahrer begegnen. Außerdem, sagt Feli, mache Rollstuhl-Skating einen Riesenspaß.
Sie selbst bereitet sich auf die diesjährigen Deutschen Meisterschaften im Rollstuhl-Skating vor. Die ist für Mitte September im Rahmen der Skateboard-Meisterschaft in Torgau angesetzt.
MDR (Katharina Häckl, Anne Gehn-Zeller)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 17. August 2024 | 07:40 Uhr