Rollstuhlfahrer:innen erkunden Parkours 2 min
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Menschen mit und ohne Behinderung haben am Wochenende das Fahren und die Sicherheit im Rollstuhl getestet. Der Workshop wird privat organisiert und findet ein Mal im Monat in Bismark statt.

MDR SACHSEN-ANHALT Sa 17.08.2024 07:40Uhr 02:11 min

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Bismark Cool & inklusiv: Skating-Workshop für mehr Sicherheit im Rollstuhl

18. August 2024, 12:02 Uhr

Menschen im Rollstuhl haben's im Alltag sowieso nicht allzu leicht: Bordsteine, die nicht abgesenkt sind, rücksichtslose Mitbürger, scheinbar unüberwindbare Treppen – sie begegnen Hindernissen, die andere gar nicht als solche wahrnehmen. Da ist es gut, wenn man seinen Rollstuhl beherrscht, wenn man mit ihm auch in brenzligen Situationen sicher unterwegs ist. Der Rollstuhl-Skating-Workshop am Sonnabend im altmärkischen Bismark hat dazu Trainingsmöglichkeiten und Erfahrungsaustausch geboten.

Ob Wellen oder Stufen, Wippen oder Rampen – im Alltag müssen Rollstuhlfahrer so ziemlich jede Hürde nehmen. Nur wenn sie sicher unterwegs seien, sagt Sven Gansewig, der Initiator des Rollstuhl-Skating-Workshops, würden sie sich auch öfter heraustrauen, unter Menschen kommen und so der Vereinsamung vorbeugen.

Gansewigs Tochter Felicitas ist neun Jahre und ein regelrechter Rollstuhl-Skating-Crack. Das fröhliche Mädchen ist im vergangenen Jahr bei den Deutschen Meisterschaften in der Juniorenklasse angetreten und gleich Vizemeisterin geworden. "Feli" fühlt sich in ihrem Rollstuhl absolut sicher im Alltag, vor allem dank des Skating-Trainings.

Anderen Rollstuhlfahrern geht es nicht so. Egal ob Kind oder Erwachsener, einige der etwa 50 Besucher haben am Samstag erst mit Unterstützung ihre Scheu vor den aufgebauten Hindernissen abgelegt. Sven Gansewig ist dabei von Mitgliedern des gemeinnützigen Hamburger Projekts "Sit and Skate" unterstützt worden – so wie im vergangenen Jahr zur Premiere des Bismarker Workshops.

Kinder und Erwachsene in Rollstühlen testen Hindernisse bei Workshop
Etwa 50 Besucher hatte der Rollstuhl-Skating-Workshop in Bismark. Bildrechte: MDR/Katharina Häckl

Miteinander ins Gespräch kommen – ob mit oder ohne Behinderung

Noch ein Anliegen erfüllt die von Familie Gansewig privat organisierte Veranstaltung: Rollstuhlfahrer lernen sich untereinander kennen, knüpfen Kontakte, kommen zusammen. Auch das sei Grundlage dafür, sagt Sven Gansewig, dass Menschen mit Behinderung sich nicht abkapseln.

Kinder in Rollstühlen testen Hindernisse, ein Mann hilft und lächelt
Torben (vorn) und Rachel (rechts, 2 Jahre) waren mit ihren Eltern aus Winterfeld angereist. Bildrechte: MDR/Katharina Häckl

Dem stimmt Christian Hauer voll und ganz zu. Er lebt in der Nähe von Bismark, besuchte am Sonnabend den Rollstuhlskating-Workshop und staunte darüber, dass er einige rollstuhlfahrende Besucher nicht kannte, obwohl sie aus Nachbardörfern stammen.

Mann in Rollstuhl lächelt in die Kamera
"Inkluencer" Christian Hauer Bildrechte: MDR/Katharina Häckl

Hauers Missionen sind die Vernetzung Betroffener untereinander und das unbedingte Einstehen für Inklusion, also für das Miteinander gesunder und Menschen mit Handicap. Dazu nutzt er vor allem die sozialen Medien. Er nennt sich "Inkluencer", ein Wortspiel zwischen Influencer und Inklusion.

Die schweren Rampen, schmunzelt Christian Hauer, würde er seinem Rollstuhl während des Skating-Workshops zwar nicht antun, sanftere aber durchaus. Kürzlich sei er allein mit der Bahn nach Köln zu einem Festival gefahren; das wäre ohne sicheren Umgang mit dem Rollstuhl nicht möglich gewesen.

Rollstuhlparcours auf dem Sachsen-Anhalt-Tag in Stendal

Wer den Rollstuhl-Skating-Workshop in Bismark verpasst hat, bekommt neue Chancen: Feli und ihr Vater sind mit einem von Sven Gansewig entwickelten und gebauten mobilen Rollstuhlparcours auf dem Sachsen-Anhalt-Tag in Stendal vom 30. August bis 1. September vertreten und dort im Schadewachten zu finden.

Außerdem wird der mobile Skating-Parcours einmal im Monat auf einer Fläche am Freibad "Kolk" in Bismark aufgebaut, das nächste Mal am Sonntag, 25. August, ab 14:30 Uhr. Auch dort kann jeder Interessierte dabei sein. Feli Gansewig und ihr Vater empfehlen auch Menschen, die gehen können, das Rollstuhlfahren auszuprobieren: Das erweitere den Horizont und führe die alltäglichen Hürden vor Augen, denen Rolli-Fahrer begegnen. Außerdem, sagt Feli, mache Rollstuhl-Skating einen Riesenspaß.

Sie selbst bereitet sich auf die diesjährigen Deutschen Meisterschaften im Rollstuhl-Skating vor. Die ist für Mitte September im Rahmen der Skateboard-Meisterschaft in Torgau angesetzt.

Vier Rollstuhlfahrer:innen stehen im Halbkreis
Feli Gansewig (re.) und die Profis von "Sit and Skate" sind längst Freunde. Von ihnen lernt die neunjährige Vize-Meisterin am meisten.  Bildrechte: MDR/Katharina Häckl

MDR (Katharina Häckl, Anne Gehn-Zeller)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 17. August 2024 | 07:40 Uhr

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