Altmark Was der Klimaschutz-Bürgerrat für Osterburg gebracht hat
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20. April 2025, 12:00 Uhr
Der Bürgerrat zum Klimaschutz in der Einheitsgemeinde hatte Osterburg über die Landesgrenzen hinweg bekannt gemacht: Eine derart direkte Bürgerbeteiligung ist selten in Deutschland, in Sachsen-Anhalt war der Bürgerrat der erste seiner Art. Doch jetzt, Monate nach getaner Arbeit, erheben manche den Vorwurf, die Stadt folge nicht ausreichend den Empfehlungen des Bürger-Gremiums. Diese Kritik will die Verwaltung nicht auf sich sitzen lassen.
Annett Hoppe, Hausärztin in Osterburg, hat im Klimabürgerrat ihrer Stadt mitgewirkt. Dieser hatte vor Monaten ein Klimaschutzkonzept für die Stadt entwickelt. Doch nur wenige Empfehlungen des Bürgerrats wurden von der Einheitsgemeinde umgesetzt, kritisiert die Ärztin. Das findet auch Fabian Rieger, der ebenfalls Teil des Rates war.
Bürgerrat zum Klimaschutz in Osterburg: 37 Ideen weitergeleitet
So hätte der Bürgerrat vorgeschlagen, unter dem neu gebauten Parkplatz an der Lindenstraße ein großes Regenwasser-Rückhaltebecken zu bauen. Das sei vor allem in Dürrezeiten wichtig, von denen es immer mehr gebe.
Die Idee, sagt Bauamtsleiter Matthias Köberle auf Nachfrage von MDR SACHSEN-ANHALT, sei gut. Allerdings seien die Bauarbeiten auf dem Lindenstraßen-Parkplatz damals schon beinahe abgeschlossen gewesen; das Vorhaben hätte nicht mehr geändert werden können.
37 Empfehlungen, die der Bürgerrat der Verwaltung und dem Stadtrat ans Herz gelegt hat, seien indes geprüft und ausführlich begründet worden. Sie würden nun einem Ingenieurbüro übergeben, das daraus ein Klimaschutz-Konzept für die Einheitsgemeinde entwickle.
Anett Hoppe und Fabian Rieger sind dennoch enttäuscht. Sie haben das Gefühl, die Einheitsgemeinde habe sich mit dem Bürgerrat nur schmücken wollen. Immerhin habe ihr die Berichterstattung über diese Form der direkten Bürgerbeteiligung über die Grenzen Sachsen-Anhalts hinaus positive Schlagzeilen gebracht. Vorschläge des Gremiums aber würden missachtet oder verwischt. Der Bürgerrat hatte zum Beispiel empfohlen, Freiflächen-Photovoltaik-Anlagen nur dort bauen zu lassen, wo der Boden minderwertig sei, nur bis zu 35 Bodenpunkte aufweisen würde. Derzeit aber werde eine PV-Anlage geplant, bei der eine hochwertige und eine minderwertige Fläche betroffen wären.
Einheimische Bäume oder nicht?
Eine weitere dringende Empfehlung des Bürgerrats: Bei Neu- und Ersatzpflanzungen von Bäumen sollten ausschließlich einheimische Arten genutzt werden. In der Poststraße aber, die derzeit saniert wird, würden Kastanien weichen müssen und Amberbäume gepflanzt, eine nicht einheimische Art, mit der hiesige Insekten wenig anfangen könnten.
Bauamtsleiter Köberle kontert, Amberbäume seien seit etwa 200 Jahren in unseren Gefilden heimisch und würden auf der Straßenbaumliste der Deutschen Gartenamtsleiterkonferenz (GAlk) stehen, auf der Liste empfohlener Straßenbäume. Man müsse Kompromisse machen.
Zweiter Bürgerrat geplant
Insgesamt aber habe der Bürgerrat, so Köberle, eine große Wirkung auf die Arbeit der Einheitsgemeinde gehabt. Bei jedem Vorhaben stecke jetzt die Notwendigkeit von Klimaschutzmaßnahmen im Hinterkopf der Planer. Auch Investoren kämen um Auflagen nicht herum. So ist einem Discounter beim Bau seines Marktes an der Bismarker Straße aufgegeben worden, auf dem Parkplatz Hecken und Sträucher zu pflanzen und die mit selbst aufgefangenem Regenwasser zu bewässern. Dem hätte der Discounter auch zugestimmt. Für unmöglich erachtet habe das Unternehmen aber eine andere Auflage: wasserdurchlässiges Pflaster für den Parkplatz. Darauf ließen sich keine Einkaufswagen schieben, Kundschaft mit Absatzschuhen könne nur schwer darauf laufen.
Die direkte Bürgerbeteiligung scheint der Verwaltung aber zu gefallen. Im Spätsommer soll ein zweiter Bürgerrat berufen werden zum Thema "Mobilität und Radverkehr". Und: Vor dem Ausbau einer Anwohnerstraße in Osterburg sei auf Anregung der Verwaltung ein Quartiersbeirat gebildet worden. Die Bürger können bei Baubesprechungen dabei sein und mitentscheiden, wie ihre Straße aussehen soll.
MDR (Katharina Häckl, Oliver Leiste)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 16. April 2025 | 09:30 Uhr