Professionelle Unterstützung Krankenhaus-Essen mal anders: "Haute Cuisine" im Klinikum Stendal
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27. April 2024, 08:42 Uhr
Krankenhausessen hat nicht den besten Ruf – Stendal will das ändern. Das Johanniterkrankenhaus hat von Spitzenkoch Martin Krollmann vom Restaurant "Atrium" acht vegetarische und vegane Menüs kreieren lassen, die künftig zweimal pro Woche für Patienten, Beschäftigte und Gäste angeboten werden sollen.
- Patientinnen und Patienten eines Krankenhauses in Stendal bekommen gehobene Küche gereicht. Die Rezepte stammen von einem Spitzenkoch.
- Statt Fleisch werden in den Gerichten mehr Gemüse, Hülsenfrüchte oder alternative Produkte verarbeitet.
- Obwohl der Koch sein Restaurant in Stendal bald schließen wird, will er das Krankenhaus weiter unterstützen.
Zack, zack, zack. In Sekundenschnelle hat Martin Krollmann eine Zwiebel in kleine Würfelchen geschnitten. Es geht dem gelernten Koch locker und flink von der Hand, ist tausendfach geübt. Diese Zwiebeln sind nicht für Gäste seines Restaurants "Atrium" im Herzen Stendals bestimmt, sondern für Patientinnen und Patienten sowie Beschäftigte und Gäste des Johanniterkrankenhauses in Stendal und für die Bewohnerinnen und Bewohner des Seniorenheims der Johanniter in Genthin.
Den Ruf des Krankenhausessens aufpeppen
Dass ein Koch der gehobenen Küche für ein Krankenhaus kocht, ist zumindest in Stendal ein Novum. Die Idee stammt vom neuen Direktor des Johanniterkrankenhauses, Jens Domke. Er hat sie aus Berlin mitgebracht, wo sich solche Kooperationen bereits bewährt haben.
Da viele Zutaten deutlich teurer geworden sind und vor allem Fleisch sehr viel mehr kostet, musste sich der Caterer Cebona, eine hundertprozentige Tochter der Johanniter, ohnehin etwas einfallen lassen. Denn das Budget stieg nicht im gleichen Maße. Jens Domke suchte nun nach einem Spitzenkoch in der Region und wurde im "Atrium" fündig.
Gesundes Essen für kleinen Preis
Gesund soll das Essen natürlich sein, gut schmecken – und nicht viel kosten. All das erfüllen die acht vegetarischen Gerichte, die Martin Krollmann für das Johanniterkrankenhaus kreiert hat. Teilweise hat er Ideen anderer Einrichtungen weiterentwickelt. "Vegetarisches und veganes Essen ist gesund und liegt im Trend", weiß der Restaurantbetreiber. "Der Anteil, den wir in unserem Restaurant verkaufen, wird immer größer. Alles, was ich für das Krankenhaus entwickelt habe, koche ich so auch hier im 'Atrium'." Fleisch wurde bewusst weggelassen.
Es ist bekannt, dass Fleisch, Wurst und vor allem hoch verarbeitete Produkte nicht sehr gesund sind. Darum sehen wir zu, dass wir mehr Gemüse, Hülsenfrüchte und alternative Produkte verarbeiten.
"Es ist ja bekannt, dass Fleisch, Wurst und vor allem hoch verarbeitete Produkte nicht sehr gesund sind. Darum sehen wir zu, dass wir mehr Gemüse, Hülsenfrüchte und alternative Produkte verarbeiten", erzählt Martin Krollmann. Da Fleisch als teure Komponente wegfällt und viel frisches Gemüse zum Einsatz kommt, bewegt sich auch der Preis in den Grenzen wie bisher. Für Patienten, Krankenhaus oder Krankenkassen entstehen keine Mehrkosten. "Wir freuen uns, dass wir unsere Patientinnen und Patienten durch diese Kooperation Essen der gehobenen Küche aus der Region anbieten können", freut sich Krankenhaussprecherin Claudia Klupsch.
Eine andere Würze – Essen punktet bei Patienten
Zu den ersten, die das Essen von Martin Krollmann kosten dürfen, gehören Thomas Gandt und Fred Kohlmann. "Das hat geschmeckt", sagt Thomas Gandt, als er sein Schälchen auf den Nachtschrank stellt. "Der Geschmack ist anders als beim herkömmlichen Essen. Ja, sicher, auf jeden Fall würde ich das bestellen. Ich bin zwar kein Vegetarier, manchmal fehlt ein schönes Stück Fleisch. Aber das ist heutzutage so weit entwickelt, dass man keinen Unterschied merkt." Sein Bettnachbar Fred Kohlmann stimmt ihm zu: "Das war eine ganz andere Geschmacksrichtung, eine gewisse Schärfe hat das Essen gehabt. Ich würde es nicht jeden Tag bestellen, aber hin und wieder schon, weil es eine ganz andere Geschmacksnote war".
Obwohl das "Atrium" in Stendal schließt: Martin Krollmann begleitet Produkt weiter
Martin Krollmann wird nicht selber für das Krankenhaus kochen, sondern hat nur die Rezepte kreiert. Zirka zwei Monate hat das gedauert von der Idee bis zur Umsetzung. In der Krankenhausküche von Anja Bethge werden danach künftig zweimal pro Woche Kartoffelgulasch nach Szegediner Art, Gemüse-Kichererbsen-Curry, Altmärker Schmorkohlpfanne und fünf weitere Gerichte im Wechsel angerichtet. Martin Krollmann begleitet das Projekt, auch wenn er in diesem Jahr sein beliebtes Restaurant in der Stendaler Einkaufsstraße aufgeben wird.
Nach zehn Jahren läuft dort der Pachtvertrag aus. Seit Corona kommen die Gäste zögerlicher, bleiben weniger lange sitzen und verzehren nicht mehr so viel. Die Inflation schlägt sich so doppelt auf das Restaurant nieder, und auch Fachpersonal ist nur schwer zu finden. Martin Krollmann und seine Frau wollen sich neuen beruflichen Herausforderungen stellen. Das Projekt mit dem Johanniterkrankenhaus soll davon unberührt weiterlaufen.
MDR (Annette Schneider-Solís)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT HEUTE | 24. April 2024 | 19:00 Uhr