ProtestSchülerstreik: Rund 300 Demonstranten fordern zusätzliche Lehrer
Der massive Lehrermangel und der daraus resultierende Unterrichtsausfall haben am Vormittag mehrere hundert Menschen auf den Osterburger Hilliges-Platz gebracht. Rund 300 Schülerinnen und Schüler hatten den Unterricht verlassen, um bei der Kundgebung dabei zu sein. Ihnen zur Seite standen Elternräte, Politiker aus Kommunen und vom Landkreis.
- In Osterburg haben rund 300 Schüler, Lehrer und Eltern für mehr Personal an Schulen demonstriert.
- Nach Ansicht von Osterburgs Bürgermeister ist die Situation an den Schulen noch nie so prekär gewesen.
- Obwohl das eigentlich die Aufgabe des Landes ist, gehen jetzt einige Kommunen schon selbst auf Lehrersuche.
Die Zustände seien unhaltbar, schimpfen Lehrer, Eltern und jetzt auch Schüler gleichermaßen. Die Lehrer sind überfordert, weil sie viel mehr Vertretungen übernehmen, teilweise bis zu drei Schulklassen zeitgleich betreuen müssen. Die Schüler spüren den enormen Stress und bemängeln unter anderem, dass sie wegen des Lehrermangels ins Home-Schooling geschickt werden. Die Eltern haben Angst um die Zukunft ihrer Kinder. Wie sollen die einen vernünftigen Schulabschluss schaffen, wenn sie den nötigen Lernstoff gar nicht beigebracht bekommen?
Zukunftsperspektive: Abschluss in Gefahr
Emily und Alia aus der Gemeinschaftsschule Seehausen sind ganz bewusst und voller Wut zu der Kundgebung diesen Freitag in Osterburg gekommen. Nach der zweiten Unterrichtsstunde haben sie – wie etliche ihrer Klassenkameraden und Mitschülerinnen – die Taschen gepackt und die Schule verlassen, um pünktlich in Osterburg zu sein. Alle teilnehmenden Schüler und Schülerinnen nehmen dafür den Eintrag für unentschuldigtes Fehlen in Kauf; das Anliegen ist ihnen einfach zu wichtig.
Den beiden Neuntklässlerinnen aus Seehausen jedenfalls ist völlig unklar, wie sie angesichts des massiven Stundenausfalls einen guten Schulabschluss und ihre Wunsch-Lehrstelle kommen sollen. Sie macht auch wütend, dass ihre Lehrer in Osterburg nicht mit demonstrieren durften. Die seien von dem Fehlen so vieler Kollegen ja auch betroffen, sagen sie.
Osterburgs Bürgermeister Nico Schulz zeigt sich erschüttert ob der Zustände in den Schulen. Eine derart prekäre Situation habe es noch nie gegeben, sagt er und sieht auch Konsequenzen, die die Kommune ausbaden muss. Junge Eltern würden sich überlegen, ob sie in den Landkreis ziehen, wenn die Unterrichtsversorgung ihrer Kinder nicht gewährleistet sei, so Schulz zu MDR SACHSEN-ANHALT.
Suche nach Lehrkräften: Kommunen werden selbst tätig
Vom Land, das zuständig ist für Lehrerausbildung und -rekrutierung, kommt in Goldbeck, Osterburg, Seehausen im Moment wenig Hilfe an. Bildungsministerin Eva Feußner (CDU) hatte am Morgen im ZDF gesagt, vor allem die Situation in den Sekundarschulen bereite ihr "große Sorgen". Pläne, wie die Lage in der Altmark zu verbessern ist, legte sie bislang nicht vor. Elternräte wie der Seehäuser Kurt Wohlfahrt kritisieren indes, dass es zu wenig Lehramts-Studienplätze gibt und die Voraussetzungen viel zu hoch angesetzt seien. Ein Bewerber auf ein Lehramtsstudium für Geographie bräuchte einen Numerus Clausus von 1,1. So habe er es im Bekanntenkreis erlebt. Für Kurt Wohlfahrt geht das völlig an den Realitäten vorbei.
Erste Kommunen helfen sich deshalb lieber selbst: Die Hansestadt Gardelegen hat erfolgreich das Stipendiatenprogramm "Garde-Lehrer" aufgelegt. Die Verbandsgemeinde Arneburg-Goldbeck lockt zuzugswillige Lehrer mit sechs Monaten Gratis-Wohnen in der Kommune. Eine Reaktion oder Botschaft der Landesregierung auf die Kundgebung in Osterburg gab es nicht.
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MDR (Katharina Häckl, Hannes Leonard)
Dieses Thema im Programm:MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 21. Oktober 2022 | 05:00 Uhr
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