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Norbert Lazay aus GladigauPfarrer seit den 80ern: "Die inneren Nöte haben sich nicht geändert"

06. Oktober 2024, 10:11 Uhr

In der Altmark nimmt gerade jemand Abschied, auf den kaum jemand verzichten möchte. Gladigaus Pfarrer Norbert Lazay wird in den Ruhestand geschickt. 37 Jahre lang hat er seinen Dienst versehen. Damit ist er der dienstälteste Pfarrer der Altmark und der Evangelischen Kirche Mitteldeutschlands überhaupt. Einen Nachfolger gibt es noch nicht. Dafür will Lazay seine Kraft weiter auf ganz viele Aktivitäten verwenden, mit denen er schon seit Jahren Freude, Wissen und Spannung in die Region bringt.

Norbert Lazays schwarzer Buchkalender platzt fast aus allen Nähten. Kein Wunder: Norbert Lazay hatte nie etwas übrig für Dienst nach Vorschrift. Neben Seelsorge, Trauungen, Taufen, Beerdigungen, Konfirmandenunterricht und diversen Kirchensanierungen hat er den Kirchen- und den Posaunenchor von Gladigau musikalisch in erstaunliche Höhen gebracht, er ist von jeher Vorsitzender des Altmärkischen Heimatbundes und im Vorstand des Landesheimatbundes, er sitzt im Bundesrat für Niederdeutsch und ist ständiger Regisseur im plattdeutschen Dorftheater von Gladigau. Das alles, sagt er, wird er auch im Ruhestand nicht aus der Hand geben – deshalb bleibt der Kalender so dick.

Als Landpfarrer näher an den Menschen

Von seinem Beruf hat Lazay schon immer geträumt. "Das erste ist ein sehr banaler Grund: Ich liebe Landpfarrhäuser. Also, in der Stadt in irgend so einem Reihenhaus zu wohnen, was dann plötzlich Pfarrhaus heißt, das hat mir noch nie gefallen", erinnert er sich. Das Landpfarrhaus übe einen unwahrscheinlichen Reiz auf ihn aus.

Und der zweite Grund sei gewesen, dass er auf dem Land eine andere Außenwirkung erzielen konnte. Und damit habe er auch mehr Einfluss auf die Menschen gehabt – im positiven Sinne. Er sei ihnen viel näher als in der Stadt gewesen, schwärmt Norbert Lazay nach 37 Jahren an ein und demselben Pfarrort.

Leben im Landpfarrhaus: Das war schon immer der Traum von Norbert Lazay. Bildrechte: MDR/Luca Deutschländer

Glücksfall für Gladigau

Gladigau hat dem Pastor viel zu verdanken: Neben jährlichen Besucherströmen ins plattdeutsche Dorftheater war es Norbert Lazay, der vor ein paar Jahren die Initiative ergriff und Gladigau im Bundeswettbewerb "Unser Dorf hat Zukunft" zum Gold-Dorf machte. Er kann die Menschen begeistern, kann sie aktivieren – auch in der kirchlichen Arbeit.

Die Leute, die bis 1989 im Spätherbst alles miteinander besprochen haben, erzählten sich im Januar eigentlich nichts mehr

Norbert Lazay

Das sei gerade in der Wendezeit nicht einfach gewesen, erinnert sich Lazay. "Die Leute, die bis 1989 im Spätherbst alles miteinander besprochen haben, erzählten sich im Januar eigentlich nichts mehr", sagt er im Gespräch mit MDR SACHSEN-ANHALT. Jeder habe versucht, allein zurecht zu kommen und seine eigenen Erfahrungen zu machen. "Jeder bezahlte auch sein Lehrgeld, ist auch klar. Aber darüber wurde nicht gesprochen", sagt Lazay. "Die inneren Nöte – alles, was im Umfeld von Trauerarbeit und so weiter zu tun ist – das hat sich ja nicht geändert."

Lazay leitet auch den Kirchen- und den Posaunenchor von Gladigau in Gladigau. Bildrechte: MDR/Jörg Pfeifer

Kein Nachfolger in Sicht

Den größten Verlust, wenn Norbert Lazay im Ruhestand ist, wird wohl tatsächlich der Kirchenkreis spüren. Ein Nachfolger für den dienstältesten Pfarrer konnte nicht gefunden werden. Lazays bisherige Gemeinden werden auf zwei andere Pfarrbereiche aufgeteilt. Die Pastoren dort haben dann also noch mehr Kirchgemeinden zu betreuen, und das in einer Gegend, in der die Arbeitswege oft länger dauern als die Gespräche, die man vor Ort führt.

Norbert Lazay bedauert, dass sich immer weniger Pfarrer für die ländlichen Regionen interessieren. Er schätzt die Freiheit, seine Arbeit selbst zu gestalten. Diese Freiheit müsse doch etwas sein, sagt er, "bei den vielen Zwängen, die wir haben", das junge Leute begeistern könnte.

Einen Nachfolger für Pfarrer Lazay gibt es nicht. Bildrechte: MDR/Luca Deutschländer

Norbert Lazay wird diese Freiheit weiter genießen – in seinem geliebten Pfarrhaus in Gladigau, in dem er von Anfang wohnt. Er legt den dicken schwarzen Kalender zur Seite und sagt, jetzt müsse er aber los. Die Kartoffeln müssten noch geerntet werden, da sei er gefragt.

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MDR (Katharina Häckl, Moritz Arand)

Dieses Thema im Programm:MDR KULTUR | 05. Oktober 2024 | 07:15 Uhr

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