Nach SolingenDas wünschen sich Migranten in Sachsen-Anhalt für die Gesellschaft
Das Attentat in Solingen hatte auch Auswirkungen auf Sachsen-Anhalt. Denn beim Sachsen-Anhalt-Tag am vergangenen Wochenende in Stendal wurden die Sicherheitsvorkehrungen verschärft. Doch den migrantischen Vereinen und Verbänden reicht das nicht. Sie fühlen sich genau wie alle betroffen und wollen gehört werden.
- Saleh Bin Salman vom Vorstand der Islamischen Gemeinde ist verärgert darüber, dass nach Taten wie in Solingen, die gesamte muslimische Gemeinschaft verurteilt wird.
- Beim Sachsen-Anhalt-Tag in Stendal hat die Islamische Gemeinde zusammen mit anderen Vereinen und Organisationen für ein weltoffenes Sachsen-Anhalt geworben.
- Der Geschäftsführer des Landesnetzwerks der Migrantenorganisationen in Sachsen-Anhalt, Mamad Mohamad bezeichnet die aktuelle Migrationspolitik von Land und Bund als "inakzeptabel".
Seit 19 Jahren lebt Saleh Bin Salman in Deutschland. Inzwischen besitzt er die deutsche Staatsbürgerschaft und arbeitet als Neurochirurg am Stendaler Johanniter-Krankenhaus. Als Vorstandsmitglied der dortigen Islamischen Gemeinde verurteilt er jede Art von Gewalt aufs Schärfste. Seine Glaubensgemeinschaft ruft er zur Zusammenarbeit mit Behörden wie Polizei und Verfassungsschutz auf. "Für mich als Moslem und als Arzt: Jedes Leben zählt! Solche Anschläge haben mit unserer Religion nichts zu tun. Wenn ein Moslem eine Straftat begeht, muss er vor Gericht und einfach seine Strafe bekommen", sagt Saleh Bin Salman.
"Für mich als Moslem und als Arzt: Jedes Leben zählt!"
Saleh Bin Salman, Oberarzt in Stendal
Saleh Bin Salman ärgert sich darüber, dass nach solchen Straftaten die gesamte muslimische Gemeinschaft verurteilt wird. Er sagt: "Wir sind keine Parallelgesellschaft. Wir sind Teil dieser Gesellschaft."
Seit Jahren bemüht sich die Islamische Gemeinde um ein gutes Miteinander in Stendal. Beim Sachsen-Anhalt-Tag kam sie mit Vertretern anderer Initiativen zusammen. Die Themenstraße "Weltoffenes Sachsen-Anhalt" hat die Landeszentrale für politische Bildung organisiert. Deren stellvertretende Direktorin Cornelia Habisch hat für neue Sicherheits- und Verhaltensregeln gesorgt, wünscht sich aber auch weiterführende Differenzierungen: "Es ist wichtig, dass die Menschen nicht über einen Kamm geschoren werden. Der allergrößte Teil der Muslime in Deutschland ist friedlich, engagiert und bringt sich hier ein in die Gemeinschaft."
"Es ist wichtig, dass die Menschen nicht über einen Kamm geschoren werden."
Cornelia Habisch, Stellvertretende Direktorin der Landeszentrale für politische Bildung
Auf der Themenstraße hat auch die Auslandsgesellschaft Sachsen-Anhalt ihren Stand. Geschäftsführer Kryszstof Blau hat nach Solingen viele Gespräche geführt. Man sei zutiefst betroffen und wolle sich jetzt noch enger vernetzen, wie hier auf dem Sachsen-Anhalt-Tag. "Wir müssen zusammenhalten. Solche Ereignisse müssen dazu führen, dass wir ein Bewusstsein entwickeln, dass wir in einer vielfältigen Gesellschaft leben. Wir sind alle zusammen. Wir sind eine gemeinsame bundesrepublikanische Gesellschaft." Große Sorgen mache er sich wegen der Gruppenzuschreibungen und Polarisierungen. Diese würden zu einer immer größeren Spaltung in der Gesellschaft führen.
"Parlamente machen AfD-Politik"
Eine spezielle Lage gebe es in den Neuen Bundesländern mit ihrer noch sehr kurzen Zuwanderungsgeschichte. Mamad Mohamad, Geschäftsführer des Landesnetzwerks der Migrantenorganisationen in Sachsen-Anhalt (LAMSA), verurteilt die politischen Reaktionen. "Wir haben momentan das Gefühl, dass im Landtag und im Bundestag eigentlich AfD-Politik gemacht wird, und das finden wir für die migrantische Zivilgesellschaft in Sachsen-Anhalt einfach inakzeptabel." Er glaube fest daran, dass Werte wie Demokratie, Respekt und Toleranz das sind, was die Gesellschaft trägt.
Die Themenstraße "Weltoffenes Sachsen-Anhalt" beim Sachsen-Anhalt-Tag in Stendal ist friedlich verlaufen. Organisatorin Cornelia Habisch ist zufrieden. Es sei zu verständnisvollen Gesprächen zwischen Menschen mit und ohne Migrationshintergrund gekommen.
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MDR (Aud Merkel, Marius Rudolph) | Erstmals veröffentlicht am 04.09.2024
Dieses Thema im Programm:MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 02. September 2024 | 17:40 Uhr
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