Ein Schild kündet am Ortseingang des altmärksichen Lüderitz von der Partnerschaft mit dem gleichnamigen Ort in Namibia.
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Partnerschaft nimmt Form an Afrika und Altmark: Lüderitz und Lüderitz rücken zusammen

18. Juni 2024, 18:48 Uhr

Zwei Orte namens Lüderitz gibt es auf der Welt. Einer liegt in der Altmark im Landkreis Stendal, der andere an der Atlantikküste in Namibia. Lüderitz und Lüderitz streben eine Städtepartnerschaft an. Jetzt wurden erste gemeinsame Projekte vereinbart.

Die lange Reise steckt Bürgermeister Philippus Balhoa und Stadtratschef Otto Shipanga noch in den Knochen. In Wien hat ihre kleine Delegation aus dem namibischen Lüderitz das Flugzeug verpasst. Der Besuch des Sportlerballs in Lüderitz im Landkreis Stendal fiel dadurch aus.

Dort sollte eigentlich eine Rahmenvereinbarung zwischen den beiden Orten namens Lüderitz unterzeichnet werden. Ortsbürgermeisterin Edith Braun wartete an diesem Abend vergebens – die Unterzeichnung erfolgte nun zwei Tage später.

Zusammenarbeit auch mit der Hochschule Magdeburg-Stendal

Die Reisegruppe aus Lüderitz/Namibia hat in Deutschland einen vollen Zeitplan. "Wir sind wirklich begeistert, unsere Freunde wiederzutreffen, die wir beim letzten Besuch kennengelernt haben", verrät Balhoa.

Erste Station war am Montagvormittag die Hochschule Magdeburg-Stendal. In einem Treffen mit Vertretern der Hochschule und aus der Wirtschaft sowie einem Verein, der in dem südafrikanischen Land tätig ist, wurden Optionen der weiteren Zusammenarbeit ausgelotet.

Eine Gruppe posiert für ein Foto.
Vertreter der beiden Städte posieren vor dem Ortseingang von Lüderitz im Landkreis Stendal. Unter ihnen der Bürgermeister von Tangerhütte, Andreas Brohm (mitte hinten) und Philippus Balhoa, Bürgermeister von Lüderitz in Namibia (zweiter von rechts). Bildrechte: privat

"Wir sind begeistert von den Möglichkeiten, über die die Hochschule verfügt", verriet Bürgermeister Balhoa. "Müll ist beispielsweise ein großes Thema bei uns. Hier können wir viel Rat und Unterstützung beim Recyceln gebrauchen." In Sachen Recycling lässt sich auch der Landkreis Stendal von den Gästen aus dem Süden Afrikas in die Karten gucken.

Wie hierzulande die Abfallentsorgung organisiert ist, interessiert die Namibier. Auch die Aufbereitung von Abwasser, die Organisation der Verwaltung, die Bildung und eine Zusammenarbeit mit der deutschen Wirtschaft stehen thematisch auf der Agenda.

Interessant als Wirtschaftsstandort

Namibia bietet sich auch als Wirtschaftsstandort für Investoren aus Europa an, so der Bürgermeister. Gerade im Bereich regenerativer Energie habe die Stadt am Atlantik viel Potenzial. Wind und Sonne gibt es hier in großer Menge, was den Ort interessant mache für die Produktion von grünem Wasserstoff. Andreas Brohm, Bürgermeister von Tangerhütte, zu dem Lüderitz gehört, ist optimistisch, dass auch hier eine Zusammenarbeit im Entstehen ist.

"Wir wollen die Kommunikation weiter vorantreiben. Fünf Kerngebiete haben wir beim letzten Mal vereinbart, jetzt wird das schriftlich vereinbart. Auch der Kontakt zur Hochschule wird ausgebaut". Otto Shipanga beschreibt die Möglichkeiten der Küstenstadt im südlichen Afrika: "Wir werden zum Epizentrum der wirtschaftlichen Entwicklung in Namibia", schwärmt er, "es sind viele Projekte geplant. Wir setzen voll und ganz auf Grün, unser Land braucht diese Entwicklungen."

Ausbildung von Namibiern in der Altmark

Gemeinsam mit der Industrie- und Handelskammer wird während des Deutschlandbesuchs beraten, wie junge Leute von der Städtepartnerschaft profitieren können. Zusammen mit dem Goethe-Institut soll die deutsche Sprache in Namibia weiter verbreitet werden, was die Voraussetzung ist für einen Austausch. Vorgesehen ist, das junge Namibier eine Ausbildung in der Altmark machen können, ein paar Jahre bleiben und dann zurückkehren in ihre Heimat und das Wissen mitnehmen, was sie hier erlangt haben.

Eine Person hält einen Vortrag.
Ein Vertreter der Stadt Lüderitz in Namibia spricht über mögliche Kooperationen zwischen beiden Städten. Bildrechte: MDR/Annette Schneider-Sohlís

"Umgekehrt sind junge Leute aus der Altmark bei uns immer willkommen. Sie können unser Land kennenlernen und unsere Kultur", schlägt Balhoa vor. "Wir sind glücklich, dass wir jetzt erste Maßnahmen fest vereinbaren können", gesteht der Bürgermeister, "es ist der vorläufige Höhepunkt dessen, was wir im vergangenen Jahr begonnen haben."

Seit zwei Jahren auf Annäherungskurs

Die Annäherung der beiden Orte namens Lüderitz hat eine Vorgeschichte. Im November 2022 reiste erstmals eine Delegation aus der Altmark nach Südafrika, um das Städtchen Lüderitz in Namibia mit seinen 15.000 Einwohnern kennenzulernen. Andreas Brohm erinnert sich vor allem an die Bauten aus der Kolonialzeit, aber auch an die vielen Menschen, die rund um Lüderitz in sehr einfachen Verhältnissen leben. Sie leben meist vom Bergbau und der Fischerei.

Bereits mehrfach waren Namibier in der Altmark. Der Stadtrat in Tangerhütte beschloss einstimmig, eine Partnerschaft aufzubauen und die Ortschaft mit Ortsbürgermeisterin Edith Braun an der Spitze stark einzubeziehen. Inzwischen weist auch eine Tafel auf die Verbindung zwischen den beiden Orten hin.

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MDR (Annette Schneider-Solis, Marius Rudolph)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 18. Juni 2024 | 15:00 Uhr

2 Kommentare

Harka2 vor 46 Wochen

So erstrebenswert eine Zusammenarbeit mit anderen Ländern auch ist, sollte der Grund dafür etwas mehr sein, als ein gemeinsamer Ortsname aus einer mehr als bedenklichen Kolonialgeschichte heraus. Gerade im heutigen Nambia hat Deutschland reichlich schwerste Verbrechen gegen die Menschlichkeit bis hin zum Völkermord begangen. Der Teil der deutschen Kolonialgeschichte ist kein Ruhmesblatt, so sie das denn überhaupt irgendwo war.

Nudel81 vor 46 Wochen

Und das bei der Kolonialzeit der Deutschen dort. Hätte erwartet das das im Artikel erwähnt.

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