Altmark Geld alle, Personal weg: Wildpark Weißewarte am Ende

18. Oktober 2022, 17:03 Uhr

Der Wildpark Weißewarte ist zurück in der Krise. Zwar hatte die Stadt Tangerhütte erst in diesem Jahr die Trägerschaft übernommen und zuletzt auch eine Zoo-Lizenz erhalten. Doch nun fehlt wieder das Geld. Die Gemeinde spricht von einem Scherbenhaufen und muss gestehen, sich übernommen zu haben. Nur, wenn sich zügig ein finanzkräftiger, neuer Betreiber mit Lizenz findet, ist der Park noch zu halten.

von MDR SACHSEN-ANHALT

• Sachsen-Anhalts größter Wildpark steht einmal mehr auf der Kippe.
• Die Stadt Tangerhütte kann den Park finanziell nicht halten, außerdem fehlt Personal.
• Nur ein neuer Betreiber mit Zoo-Lizenz kann den Wildpark vor der Abwicklung bewahren.

Der Wildpark Weißewarte in der Altmark steht offenbar endgültig vor dem Aus. Wie im Stadtrat Tangerhütte am Abend bekannt wurde, haben die letzten Tierpfleger Mitte Oktober gekündigt.

Neuer Betreiber dringend gesucht

Der Bürgermeister der Stadt Tangerhütte, Andreas Brohm (parteilos), sagte MDR SACHSEN-ANHALT, wenn nicht bis zum 10. November dieses Jahres ein neuer Betreiber gefunden werde, müsse der Park aufgegeben werden. Ein neuer Betreiber müsse auch eine Zoo-Lizenz mitbringen. Die Kommune werde sich finanziell nicht mehr an den Kosten des Parks beteiligen können. Man müsse sich vor Augen führen, "dass wir das nicht stemmen können", konstatierte Brohm. Die Kommune habe sich übernommen. Die Kosten für eine mögliche Abwicklung im kommenden Jahr bezifferte der Bürgermeister mit über 100.000 Euro. Derzeit sei auch noch unklar, wie die etwa 400 Tiere im Park versorgt werden sollen.

Wir stehen vor einem Scherbenhaufen, alle miteinander. Wir haben uns das anders gewünscht, anders vorgestellt. Wir müssen festhalten, dass wir uns übernommen haben.

Andreas Brohm (parteilos), Bürgermeister der Einheitsgemeinde Tangerhütte

Große Ziele, klamme Kassen

Die aktuelle Geschäftsführerin Alex hatte Ende September überraschend hingeworfen. Sie erklärte auf MDR-Nachfrage, es fehle finanzielle und moralische Unterstützung. Sie habe nirgendwo das Gefühl gehabt, für ihre Arbeit im Wildpark, Halt zu finden. Sie sei oft auf Ignoranz und böses Blut gestoßen, so der Vorwurf der 38-jährigen studierten Tierärztin. Pläne von Alex sahen vor, den Park neu nach Kontinenten zu gestalten und weitere Tiere aufzunehmen, die mit dem hiesigen Klima klarkommen. Auch sollte eine Anlage mit heimischen Nutztieren ähnlich eines Bauernhofs gestaltet werden, um insbesondere Kindern ein authentisches Bild der Tier-Wirtschaft zu geben. Schon im August sagte sie im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur, dass Preissteigerungen in allen Bereichen einen kostendeckenden Betrieb des Parks unmöglich machen.

Der Wildpark kämpft seit Jahren ums Überleben. Ende 2021 wurden Vorwürfe wegen tierschutz-rechtlicher Verstöße laut. Die damaligen Betreiber weisen die Anschuldigungen bis heute zurück und wollen dagegen vor Gericht ziehen. Der Landkreis Stendal entzog dem Park dennoch die Zoo-Genehmigung. Im Jahr 2022 übernahm eine gemeinnützige GmbH in kommunaler Trägerschaft den Betrieb. Die Stadt Tangerhütte gewährte einen Zuschuss von 100.000 Euro. Im September erteilte der Kreis schließlich eine unbefristete Zoo-Genehmigung.

Fast 50 Jahre Tierpark-Geschichte

Der Wildpark Weißewarte wurde 1973 eröffnet. Er gilt als der größte seiner Art in Sachsen-Anhalt und vor allem im Norden als beliebtes Ausflugsziel für Familien. Er beherbergt rund 400 Tiere aus 50 Arten auf einem Gelände von rund 15 Hektar und liegt direkt am Altmark-Rundkurs, einem überregionalen Radweg durch Altmark und Elb-Havel-Winkel.

Im August 2002 wurde das Areal durch die Jahrhundertflut mehr als einen Meter unter Wasser gesetzt und vom Hochwasser 2013 erneut getroffen. Die meisten Tiere des Parks konnten sich auf Bäume oder Hügel retten, beziehungsweise wurden vom Gelände geholt. In den Jahren danach wurden große Teile des Areals, darunter viele Gehege, erneuert. Im Frühjahr 2019 wurde der Park mithilfe vieler Freiwilliger auf Vordermann gebracht, womit Weißewarte die Aktion "Frühlingserwachen" des MDR gewann.

dpa, MDR (Felix Moniac, André Plaul)