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Fragen und AntwortenWarum ein funktionierendes Windrad ersetzt wird

02. Mai 2025, 10:31 Uhr

In Erxleben im Kreis Stendal ist Mitte April ein Windrad zerstört worden. Teile der Anlage sollen in einem Windpark in Nordrhein-Westfalen verbaut werden, der Turm wurde gesprengt. An die Stelle des Windrads in Sachsen-Anhalt soll ein größeres gebaut werden. Das sorgt zum Teil für Verwunderung – und für zahlreiche Fragen. MDR SACHSEN-ANHALT hat beim Betreiber der Anlage, dem Umweltbundesamt und dem Bundeswirtschaftsministerium recherchiert. Dieser Überblick gibt Antworten.

Warum wird ein neun Jahre altes funktionierendes Windrad zerstört und ein neues aufgestellt?

Teile des abgebauten Windrads im Kreis Stendal werden nach Angaben der Erxlebener Windkraftenergie GmbH in Nordrhein-Westfalen wiederverwendet. Hier wird den Angaben zufolge eine 22 Jahre alte Anlage in Vlotho bei Herford durch eine neue ersetzt. Aufgrund der dortigen Abstandsregelungen kann sie aber nur mit einer bestimmten Höhe aufgebaut werden.

Dafür eignet sich die Anlage, die zuvor in Erxleben stand. Der obere Teil des Turms mit Turbine und Rotorblättern wurde abgebaut. In Vlotho werden die Teile dann wieder verwendet. In Erxleben wurde nur der untere Teil des Turms gesprengt. Laut der Erxlebener Windenergie GmbH soll an dieser Stelle ein Windrad mit dreifach höherer Leistung aufgestellt werden.

Der Stahlschrott wird vom Beton getrennt und zum Recycling verkauft. Bildrechte: MDR/ Aud Merkel

Warum wird das neue Windrad nicht mit Abstand neben das alte gebaut und beide betrieben?

Die Windfläche bei Erxleben war ursprünglich als Mülldeponie für den Landkreis Stendal vorgesehen, wurde dann aber 2015 als Windvorranggebiet ausgewiesen. Das erlaubt aufgrund der Abstandsregeln nur eine Anzahl von 20 Windrädern. Eines davon wird nun repowert, also durch ein größeres mit mehr Leistung ersetzt.

Wie viel mehr Energie wird die neue Anlage liefern?

Die alte Anlage mit einer Nennleistung von 2,35 Megawatt, einer Nabenhöhe von 138 Metern und einem Rotorblattdurchmesser von 92 Metern hat im Jahr fünf Millionen Kilowatt erzeugt. Die neue Anlage hat eine Nennleistung von sechs Megawatt, eine Nabenhöhe von 162 Metern und einem Rotordurchmesser von 175 Metern. Sie wird im Jahr rund 15 Millionen Kilowattstunden produzieren. Das entspricht der Stromversorgung von ca. 4.500 Haushalten pro Jahr.

Wie nachhaltig ist es, eine Windkraftanlage vor Ablauf ihrer Lebensdauer abzubauen?

Laut Umweltbundesamt haben sich Windenergieanlagen bereits nach drei bis fünf Monaten energetisch amortisiert. Das heißt, die Anlage hat dann so viel Energie produziert wie für Herstellung, Betrieb und Entsorgung aufgewendet werden muss. Dies ist im Vergleich zu anderen erneuerbaren Energien sehr kurz. Neue, größere Anlagen laufen ruhiger, da mit zunehmendem Rotordurchmesser die Drehzahl sinkt. Sie sind auch leiser, weil die neuen Flügel mit besserer Aerodynamik und Körperschallentkopplung gebaut sind.

Warum wurde das alte Windrad gesprengt und nicht komplett abgebaut?

Gesprengt wurde in Erxleben, weil die Betonteile armiert sind. Das heißt, in ihnen befinden sich Stahlgitter. Erschwerend kommt bei diesem Verspannbetonturm hinzu, dass die einzelnen Elemente untereinander verspannt sind. Laut Erxlebener Windenergie GmbH wären für den Abbau aufwendige Sägearbeiten nötig und damit die Kosten zu hoch.

Wie und wo wird das Material entsorgt oder recycelt?

Der Stahlbeton vom gesprengten Turm beim Windrad bei Erxleben wird laut Erxlebener Windenergie GmbH an Ort und Stelle zerlegt und weiterverwertet. Der zerkleinerte Beton dient als Schotterfundament für eine Kranstellfläche für den neuen Turm. Diese muss während der gesamten Betriebszeit des Windrades vorgehalten werden. Der Stahlschrott wird vom Beton getrennt und zum Recycling verkauft.

Viele Windräder sind nach Angaben des Umweltbundesamtes aus bereits recycelten Materialien hergestellt. Die Entsorgung von Bauabfällen beim Rückbau einer Windkraftanlage unterliegt der sogenannten Ersatzbaustoffverordnung des Bundes. Sie regelt seit 2023 die Herstellung und Verwertung verschiedener Materialien. Beim Rückbau von bereits recycelten Windkraftanlagen müssen die Materialien getrennt gesammelt und entsorgt werden. Für die Einhaltung des Kreislaufwirtschaftsrechts gibt es in Deutschland ein Kontrollsystem auf Landesebene.

Den Turm des Windrads abzubauen, hätte dem Betreiber zufolge aufwendige Sägearbeiten und hohe Kosten verursacht. Bildrechte: MDR/Aud Merkel

Wieviel kostet der Abriss und wieviel eine neue Anlage?

Der Rückbau eines Windrades mittlerer Nennleistung kostet durchschnittlich rund 200.000 Euro. Davon können bis zu 65.000 Euro durch Erlöse aus der Verwertung der Materialien wieder hereinkommen. Die Investitionskosten für das Errichten einer solchen herkömmlichen Anlage belaufen sich auf über drei Millionen Euro.

Die neue Anlage in Erxleben gehört zu einer neuen Serie vom Typ E175. Das heißt, der Durchmesser der Rotorblätter beträgt 175 Meter und die Produktion verdreifacht sich. Wie die Erxlebener Energie GmbH MDR SACHSEN-ANHALT mitteilte, verdreifachen sich für eine solche Anlage auch die Investitionskosten. 

Der Abriss des alten Windrads kostet rund 200.000 Euro. Bildrechte: MDR/Aud Merkel

Werden Windkraftanlagen subventioniert?

Betreiber bekommen für das Errichten einer Windkraftanlage keine Subventionen. Nur Bürgergemeinschaften können laut Bundeswirtschaftsministerium für die Planungs- und Genehmigungskosten bis maximal 300.000 Euro bezuschusst werden.

Das Erneuerbare-Energieen-Gesetz (EEG 2023) garantiert den Erzeugern aber eine feste Vergütung für die Einspeisung. Die Differenz zu den Handelspreisen am Markt tragen die Steuerzahler. Das EEG hat zudem eine Abgabe von 0,2 Cent pro erzeugter Kilowattstunde vom Betreiber an die Gemeinden in den Windgebieten festgeschrieben. Das neue Windrad in Erxleben wird rund 15 Millionen KW/h im Jahr erzeugen. Das heißt, es könnten dann ca. 30.000 Euro jedes Jahr an die Gemeinde Erxleben gehen, die frei über die Verwendung des Geldes entscheiden kann. Ein entsprechendes Landesgesetz, das diese Abgabe regelt, lässt in Sachsen-Anhalt allerdings noch auf sich warten. Bis dahin ist sie freiwillig.

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MDR (Aud Merkel, Maren Wilczek) | Erstmals veröffentlicht am 30.04.2025

Dieses Thema im Programm:MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 29. April 2025 | 12:00 Uhr

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