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Kampf um die Gunst des Theaters? Fabian Frenzel und Luca Deutschländer mit Liebeserklärungen an das Theater. Bildrechte: MDR/Luca Deutschländer

Eine Liebeserklärung an das TheaterAuf den Brettern, die die Welt bedeuten

09. Juni 2019, 19:39 Uhr

Viele Kinder spielen in ihrer Freizeit Fußball oder lernen, ein Instrument zu spielen. Und manche, die spielen Theater – so wie Luca Deutschländer und Fabian Frenzel von MDR SACHSEN-ANHALT. Hier erzählen beide, warum sie viele Jahre Theater gespielt haben. Eine Liebeserklärung.

von Luca Deutschländer und Fabian Frenzel, MDR SACHSEN-ANHALT

Luca Deutschländer: "Du warst mein liebstes Hobby"

Liebes Theater,

meine Liebe zu Dir hat angefangen, als ich gerade einmal sechs Jahre alt war. Ist schon ein paar Jährchen her. Und eigentlich, denke ich beim Schreiben dieser Zeilen, hätte ich Dir meine Liebe schon viel früher erklären müssen. Naja, Du bist mir hoffentlich nicht böse. Ich nämlich habe seitdem verdammt gute Jahre mit Dir erlebt. Es gab Zeiten, da probte ich an vier Tagen in der Woche. Abends nach der Schule. Das war stressig. Aber es war toll. Du warst mein liebstes Hobby. Und ganz ehrlich: Du bist es bis heute.

Hätte ich ehrlich gesagt nicht gedacht, als damals alles anfing. In meinem Heimattheaterverein spielten wir damals Preußlers "Die kleine Hexe". Ich spielte eines der Kinder, die auf dem Markt einkauften. Keine Sprechrolle, das kam erst im Jahr darauf. Und, jetzt kann ich es Dir ja verraten: Als wir Dich damals als Kindergartenkinder besuchten – es waren die Jahre, bevor ich selbst Mitglied bei Dir wurde – fand ich das immer gar nicht so toll. Weiß auch nicht, warum.

Aber das änderte sich schlagartig – ab dem Moment, ab dem ich selbst auf der Bühne stand. Da oben, in dieser altehrwürdigen und wunderschönen Stadthalle im ländlich geprägten Nordhessen. Ich hatte immer viel Spaß mit Dir. Und vor allem habe ich wahnsinnig viel fürs Leben gelernt. Du hast mir gezeigt, wie man selbstsicher vor Menschen auftritt. Du hast mir beigebracht, wie man kreativ arbeitet. Und Du hast mich begeistert. Jahr für Jahr. Vorstellung für Vorstellung.

Luca Deutschländer (vorne rechts) bei der Inszenierung eines Titanic-Dinners im Jahr 2012 Bildrechte: STATT-Theater Mengeringhausen/Lars Jockel

Wenn ich an die mehr als 15 Jahre zurückdenke, in denen ich regelmäßig bei mindestens einer Produktion auf der Bühne gestanden habe, hängen daran natürlich wahnsinnig viele Erinnerungen. Weißt du noch, damals 2012? Da spielten wir ein Titanic-Dinner, geschrieben von Mitgliedern unseres Vereins. Zum 100-jährigen Jahrestag des Untergangs der Titanic. Dazu gab es für das Publikum ein Vier-Gänge-Menü, zubereitet von Spitzenköchen. Die Zuschauer aßen, dann spielten wir. So ging das Gang für Gang. Bis zum Untergang des Schiffs. Da herrschte Schweigen. Minutenlang. Viele Zuschauer weinten, alle standen auf und applaudierten. Minutenlang. Es war unser Lohn. Ich bekomme noch immer Gänsehaut, wenn ich daran denke.

"Der keusche Lebemann": Das Bild zeigt Monika Meuser und den jugendlichen MDR SACHSEN-ANHALT-Reporter Luca Deutschländer im Jahr 2010. Bildrechte: STATT-Theater Mengeringhausen/Lars Jockel

Oder damals, 2010? Wir spielten eine Komödie mit dem Namen "Der keusche Lebemann". Ich war eingesprungen für einen Kollegen, der ins Krankenhaus musste und nicht spielen konnte. Es war die erste Erwachsenenproduktion, in der ich mitspielte. Das war toll nach all den Jahren Kindertheater. Irgendwie anders, aber genauso schön.

Seit ich nach Magdeburg gezogen bin, kann ich leider nicht mehr auf der Bühne stehen. Das ist zeitlich einfach nicht zu schaffen. Das Schöne: Dir, mein liebes Theater, bin ich als Mitglied im Vorstand trotzdem noch verbunden. Und das nun seit fast 20 Jahren. Ich hoffe, unsere gemeinsame Zeit ist noch lange nicht vorbei.

Dein Luca

P.S.: Es gibt da eine Sache, die würde ich heute nicht mehr machen: Vor gut zehn Jahren war mein Sprunggelenk kaputt. Mitten in die Probenzeit platzte eine Operation. Ich spielte damals trotzdem. Auf Krücken, bei unserer Wiederauflage von Preußlers kleiner Hexe. Bei aller Liebe: Das muss nicht noch mal sein.

Fabian Frenzel: "Du hast mich verkuppelt"

Pssst….Hallo?....Noch jemand da? Theater?

Theater, wir beide wissen, dass es zwischen uns nicht ganz so heiß und innig lief wie zwischen Luca und Dir. Bei uns war es immer eher eine Freundschaft, vielleicht eine Affäre. Denn Du weißt, meine eigentlich Liebe ist der Karneval. Diese Liebe werde ich auch nie verlassen – auch für Dich nicht. Und doch haben wir einen großen Teil meines bisherigen Lebens zusammen verbracht. Über 10 Jahre stand ich auf den Bühnen im Speckgürtel Berlins.

Du warst ein Hobby, das mir viel bedeutet hat. Du hast mich geprägt – und man kann sagen, Du hast mich im übertragenen Sinne verkuppelt. Ohne Dich hätte ich nicht Eike Mewes kennen gelernt – meinen Regisseur. Alle Stücke, die ich je gespielt habe, hat er inszeniert.

Fabian Frenzel als Shakespeare. Aber nicht beim Theater, sondern im Karneval in seiner Heimatstadt Rangsdorf. Bildrechte: Biggi Starke

Ab der 8. Klasse war ich in seinen Theatergruppen und bin es bis zu meinem Umzug nach Magdeburg geblieben. Im Prinzip hat mich Eike durch die Pubertät begleitet. Kaum ein Mensch hat mich wohl mehr beeinflusst als er. Okay, meine Eltern haben auch ihren Anteil an meiner Persönlichkeit. Aber ohne Eikes Sanftmut, Diplomatie und seiner Gabe, einfach nur ein guter Mensch zu sein, wäre ich nicht der, der ich bin. Ich behaupte nämlich, auch ich bin ein guter Mensch.

Und das habe ich auch Dir zu verdanken, liebes Theater. Ich konnte sein, wer ich wollte, konnte mich auf Bühnen ausdrücken. Und – das schätze ich fast am meisten am Theaterspiel – ich muss mich für nichts rechtfertigen, was auf der Bühne passiert. Wenn ich dort weine, lache, schreie oder Grimassen schneide, dann gehört das zur Rolle (die ja immer auch ein Stück von einem selbst beinhaltet). Das war für mich, der ich nicht der gefühlsduseligste Mensch bin, auch immer wieder befreiend. Dafür danke ich Dir, liebes Theater.

Und ich Danke Eike (das habe ich Dir so wahrscheinlich nie gesagt und vielleicht liest Du das hier auch nicht). Danke, dass Du immer da warst und ich weiß, dass Du immer noch dieses eine Stück in der Schublade hast, das Du erst inszenierst, wenn ich die Hauptrolle spiele. Ich kann dir nichts versprechen, aber wenn ich mal wieder länger in der Nähe von Berlin bin, gehen wir das an.

Dein Fabian

Die beiden Liebesbriefe-Schreiber Luca Deutschländer und Fabian Frenzel bei der Arbeit in Leipzig. Bildrechte: MDR/Luca Deutschländer

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Quelle: MDR/ld