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EnergiekriseStädtebund will Kurzarbeitergeld und Schutzschirm

20. Juli 2022, 07:33 Uhr

Angesichts eines möglichen Lieferstopps von russischem Erdgas und steigenden Energiepreisen fordern Sachsen-Anhalts Städte und Gemeinden einen Schutzschirm, um die kommunale Versorgungssicherheit abzusichern. In vielen Landkreisen wird unterdessen schon für den Ernstfall vorgesorgt – und Energie gespart.

In einem offenen Brief fordern die Städte und Gemeinden einen Schutzschirm vom Land für den Fall, dass Russland kein Erdgas mehr liefert. Auch eine Kurzarbeiterlösung sei notwendig, um Unternehmens- und Verbraucherinsolvenzen verhindern zu können. Der Geschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes, Bernward Küper (CDU), sagte MDR SACHSEN-ANHALT, es gehe darum, das Zurückfahren von Betrieben und Freiwerden von Arbeitskräften abzufangen.

Wer Unternehmen zur drastischen Energieeinsparung aufrufe, werde das kurzfristig nur über das Runterfahren von Betriebsabläufen erreichen können. Das wirke sich auf die Arbeitnehmer aus, die bereits jetzt mit gestiegenen Lebenshaltungskosten zu tun hätten, so Küper.

Küper befürchtet nach eigenen Worten, dass Mieter dann ihre Betriebskosten oder Mieten nicht mehr zahlen könnten. In dem Fall drohe den Stadtwerken und Wohnungsunternehmen die Insolvenz. Das Land sollte deshalb Bürgschaften oder Kredite gewähren, die von der Investitionsbank ausgezahlt werden könnten. Unklar sei noch die genaue Höhe der Bürgschaften.

Verantwortung nicht wegschieben

Deshalb müsste es jetzt Gespräche von Kommunen und Ländern geben, fordert Küper. Der Geschäftsführer kritisierte, dass die Länder bisher mehrheitlich auf die Zuständigkeit des Bundes verwiesen haben.

Da sagen wir jetzt: Nein, dieses Ping-Pong-Spiel geht nicht. Wir müssen uns hinsetzen und dringend Stadtwerke und die Wohnungswirtschaft in den Blick nehmen, denn die sind schlussendlich an der Basis für Energieversorgung und für Daseinsvorsorge zuständig.

Bernward Küper | Chef des Städte- und Gemeindebundes Sachsen-Anhalt

Sowohl Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Bündnis 90/ Die Grünen) als auch Sachsen-Anhalts Landesregierung werden in dem Brief kritisiert. Habecks Aussage, es gebe keine Bundeshilfen für kommunale Energieunternehmen, sei unverantwortlich.

Kommunen müssen beteiligt werden

Sachsen-Anhalts Landesregierung sei zu lange sprachlos gewesen. Außerdem löse das gebetsmühlenartige Abstellen auf den notwendigen Ausbau erneuerbarer Energien die aktuellen Probleme nicht. Es wäre falsch, nur eine Arbeitsgruppe der Ministerinnen und Minister einzuberufen. Die Kommunen dürften nicht vor vollendete Tatsachen gestellt und müssten unmittelbar und aktiv mit einbezogen werden.

Raumtemperatur drosseln, Wärmestationen aufbauen

Unterdessen bereiten sich Landkreise und kreisfreie Städte in Sachsen-Anhalt auf den Fall vor, dass Russland in Zukunft kein Erdgas mehr liefert. Nach Recherchen von MDR SACHSEN-ANHALT lassen der Altmarkkreis Salzwedel und der Burgenlandkreis prüfen, welche Gebäude ohne Gas beheizt werden könnten. Dort könnten dann Wärmestationen und Anlaufpunkte für die Bevölkerung entstehen. Der Burgenlandkreis möchte dort Menschen unterbringen, die von der Energiekrise besonders hart getroffen werden.

Der Landkreis Mansfeld-Südharz prüft, ob die Heizkosten-Abschläge für sozial Schwache angepasst werden können. Andere Regionen suchen nach Möglichkeiten, Energie zu sparen: So wird im Landkreis Anhalt-Bitterfeld geprüft, ob sich im Herbst die Raumtemperatur in öffentlichen Gebäuden senken lässt. Im Freizeitbad Woliday in Wolfen und im Sportbad Bitterfeld wurde bereits die Wassertemperatur reduziert. In Dessau-Roßlau wurden die Stadtwerke beauftragt, nach Energiesparmöglichkeiten zu suchen, die sich kurzfristig umsetzen lassen.

Im Landkreis Wittenberg gibt es nach Angaben der Verwaltung noch kein Krisenszenario. Der Landkreis Stendal erklärte, verschiedene Pläne für unterschiedliche Szenarien zu haben, die aber erst nach Eintreten eines Katastrophenfalls öffentlich gemacht würden. Die Stadt Halle und der Salzlandkreis erklärten, mit Energieversorgern und dem Land im engen Austausch zu stehen, ohne über Szenarien oder Entscheidungen spekulieren zu wollen.

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MDR (Jochen Müller, Hannes Leonard, Felix Moniac, Marc Weyrich, André Damm, Christoph Dziedo, Norma Düsekow, Luca Deutschländer)

Dieses Thema im Programm:MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 20. Juli 2022 | 18:00 Uhr

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