Klärwerke Abwasser soll vermehrt auf Corona untersucht werden

25. Juli 2022, 12:34 Uhr

Abwasser auf Coronaviren zu untersuchen, gibt Aufschluss über den Verlauf der Pandemie. Das hat Sachsen-Anhalts Landesamt für Umweltschutz mit einem Pilotprojekt in vier Städten erfolgreich getestet. Künftig sollen daher die Daten aus zwölf Orten erhoben werden. Als Frühwarnsystem dient das Screening jedoch nicht mehr: Bei der aktuell verbreiteten Omikron-Variante ist die Vorlaufzeit zu kurz.

Sachsen-Anhalts Landesamt für Umweltschutz (LAU) will künftig in noch mehr Städten als bisher das Abwasser auf Coronaviren untersuchen. Das teilte das Amt am Montag in Halle mit. Ein Pilotprojekt, dessen Ergebnisse das LAU dort präsentiert hat, sei in den Städten Halle, Magdeburg, Weißenfels und Bernburg so erfolgreich, dass man ab dem Herbst Abwasser aus acht weiteren Orten im Land untersuchen wolle. Die Daten sollen auf der Website des Landesamts für Umweltschutz veröffentlicht werden.

Hier wird das Abwasser künftig auf Corona geprüft Bernburg, Dessau, Halberstadt, Halle, Köthen, Magdeburg, Naumburg, Schönebeck, Silstedt, Stendal-Stadtforst, Weißenfels, Zeitz/Göbitz

Bei der Auswahl der Kläranlagen sind dem LAU zufolge vor allem die Bevölkerungsdichte und die Größe des Einzugsgebiets entscheidend gewesen. Zudem habe man auf die Verteilung der Städte im Land geachtet. Eine weitere Rolle spiele, wie das Abwassernetz beschaffen sei: Da die untersuchten Genfragmente sehr instabil seien, müsse das Abwasser möglichst kurze Zeit im Kanalsystem sein.

So wird Corona im Abwasser untersucht

Je mehr Menschen mit Corona infiziert sind, desto mehr Rückstände der RNA, also der Erbinformation des Virus sind im Abwasser zu finden. Durch PCR-Tests können Labore erkennen, wie hoch die Viren-RNA im Wasser konzentriert ist. Diese Untersuchung erfasst also nicht, ob ein einzelner Mensch oder ein Haushalt infiziert ist, sondern kann abschätzen, wie viele Infizierte es beispielsweise in einer Stadt oder Gemeinde gibt. So werden auch diejenigen erfasst, die infiziert, aber nicht positiv auf das Virus getestet sind – die Dunkelziffer wird erfasst. Es ist zudem möglich, das Abwasser auf weitere Krankheitserreger zu untersuchen.

Umweltminister Armin Willingmann (SPD) sagte: "Das Pilotprojekt hat gezeigt: Die regelmäßige Untersuchung von Abwasser auf Coronaviren liefert Informationen, mit denen sich das Infektionsgeschehen zuverlässig einschätzen lässt." Das gelte umso mehr, wenn insgesamt weniger getestet werde. Das Abwasser-Screening könne die klinischen Tests zwar nicht vollständig ersetzen, helfe aber dabei, die Dunkelziffer einzuordnen und zu verringern. Somit sei es ein wertvolles ergänzendes Instrument im Pandemiemanagement.

Das Pilotprojekt hat gezeigt: Die regelmäßige Untersuchung von Abwasser auf Coronaviren liefert Informationen, mit denen sich das Infektionsgeschehen zuverlässig einschätzen lässt.

Armin Willingmann (SPD) Umweltminister

Abwasseruntersuchungen sind unabhängig von Coronatests

Nach Angaben des LAU zeigen die Ergebnisse des Pilotprojekts einen deutlichen Zusammenhang zwischen den Inzidenzzahlen, die in den vier Städten durch Tests ermittelt wurden, und den im Abwasser nachgewiesenen Fragmenten des Corona-Genoms.

Die Methode sei unabhängig von der Teststrategie und der Testbereitschaft der Bevölkerung. Sie erfasse auch diejenigen, die keine Symptome haben oder sich nicht testen lassen wollen. Zudem sei es über die Abwasserproben möglich, zu bestimmen, wie verbreitet verschiedene Corona-Varianten sind.

Kein Frühwarnsystem: zu geringe Inkubationszeit bei Omikron

Als Frühwarnsystem könne die Abwasseruntersuchung aber nicht mehr dienen, erklärte die LAU-Virologin Swetlana Rot: "Bei der Delta-Variante hatten wir einen Vorlauf von etwa einer Woche, bis auch die offiziellen RKI-Zahlen stiegen. Bei Omikron ist der Vorlauf auf drei bis vier Tage geschrumpft." Hauptgrund dafür sei, dass die Inkubationszeit, also die Zeit zwischen Ansteckung und Ausbruch der Krankheit, geringer sei.

Bei früheren Virusvarianten war es noch möglich, steigende oder sinkende Infektionszahlen zu erkennen, bevor sie durch Tests nachgewiesen worden sind. Das hatte das Pilotprojekt nach gut einem Jahr Laufzeit gezeigt. Trends und Hotspots könne man aber weiterhin schnell und sicher erkennen, erklärte das LAU.

MDR (Maren Wilczek)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 25. Juli 2022 | 13:00 Uhr

0 Kommentare

Mehr aus Sachsen-Anhalt

Eine Collage aus dem Wappen von Sachsen-Anhalt auf einer Polizeiuniform und dem Innenbecken des Bulabana-Spaßbades in Naumburg. 2 min
Bildrechte: dpa/MDR
2 min 25.04.2024 | 18:25 Uhr

Zukunftstag im MDR, Probleme mit Beweismitteln bei der Polizei, Bulabana wird umgebaut: die drei wichtigsten Themen vom 25. April aus Sachsen-Anhalt kurz und knapp. Präsentiert von MDR-Redakteurin Viktoria Schackow.

MDR S-ANHALT Do 25.04.2024 18:00Uhr 02:03 min

https://www.mdr.de/nachrichten/sachsen-anhalt/video-nachrichten-aktuell-fuenfundzwanzigster-april-104.html

Rechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Video
Kritik an Aufbewahrung von Asservaten mit Audio
Eine Attrappe einer Stabgranate wie diese soll ein Polizeibeamter im Harz in seinem Kofferraum gelagert haben. Bildrechte: Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt
Einsatzkräfte der Polizei stehen bei einer Razzia im Eingangsbereich eines Gebäudes. D
Einsatzkräfte der Polizei stehen bei einer Razzia (Symbolbild) Bildrechte: picture alliance/dpa/Blaulicht Aktuell Solingen | Gianni Gattus