17.01.2022 | Sachsen-Anhalt am Morgen Ein Jahr Impfaffäre von Halle – Weiter Streit um Wiegand
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Sachsen-Anhalt am Montagmorgen: Die Corona-Pandemie bleibt in dieser Woche ein bestimmendes Thema. Für Sachsen-Anhalt sowieso, da die aktuell geltende Landesverordnung nur bis morgen gilt und bis dahin einiges auf den Prüfstand kommt – allen voran die Frage: 2G+ in der Gastronomie ja oder nein? Wir blicken kurz darauf.
Im Top-Thema geht es ausführlich um Halle: Dort schwelt seit nun schon einem Jahr die Impfaffäre um den suspendierten Bürgermeister Bernd Wiegand. Es werden Stimmen laut, er solle endgültig zurücktreten. Ich bin Mandy Ganske-Zapf und hier kommt Ihr Morgen-Update.
Ein Jahr Impfaffäre von Halle – Wiegand will zurück ins Rathaus
Es ist zuletzt still geworden um Bernd Wiegand, den suspendierten Oberbürgermeister der Stadt Halle. Vielleicht erinnern wir uns kurz: Noch im ersten Jahr der Corona-Pandemie hatte sich Wiegand (parteilos) wegen seiner täglichen Pressekonferenzen einen guten Ruf als Krisenmanager erarbeitet – weil es viele andere nicht geschafft hatten, über die täglichen Herausforderungen so zu informieren, dass man überhaupt erst einmal hinterher kommt. Das war damals, als sich ständig die Ereignisse überschlugen, eine nicht zu verachtende Leistung. Doch: Das ist lange her. Die Pandemie und Wiegands Rolle darin nahmen vor einem Jahr eine Wende, die in Halle das Amt des Oberbürgermeisters in eine bis heute anhaltende Hängepartie geworfen hat:
Erstens, die Wende in Sachen Pandemie: Es gab seit dem Jahreswechsel 2020/2021 einen Impfstoff. Die Impfkampagne wurde immer mehr ausgerollt.
Zweitens, die Wende in Sachen Wiegand: Mutmaßlich vorzeitig ließ sich der Oberbürgermeister am 17. Januar 2021 impfen und löste damit, als es bekannt wurde, einen Eklat aus – mit Vertrauensverlust im Stadtrat, Suspendierung und schließlich auch Ermittlungen.
Von der Impfung zur Impfaffäre
Wir schauen zurück, wie die Lage im Januar 2021 eigentlich genau war. Damals wurde darum gerungen, wer sich wann wie impfen lassen DARF. Denn Impfstoff war knapp und begehrt. Es galt, diejenigen zu schützen, die entweder beruflich ständig in Kontakt mit dem Virus kommen oder durch Alter wie auch Vorerkrankungen besonders gefährdet sind. Wie das auszusehen hatte, dafür gab es frisch aufgestellte Regeln. Allgemeingültige, für alle festgelegte Regeln.
Dann fiel Wiegand vom Sockel des täglich rapportierenden Krisenmanagers. Denn: Den Vorwurf, beim Impfen vorgedrängelt zu haben, konnte er nicht so recht entkräften, verstrickte sich öffentlich in Widersprüche, die kaum entlastend wirkten und angesichts der Lage mitten in der Wildtyp-Pandemie – in der alle noch gleichermaßen ungeschützt durch die Gegend laufen und ihre Arbeit machen mussten – machte er damit alles andere als eine gute Figur. Das Vertrauen zwischen ihm und dem Stadtrat wurde so beschädigt (und es war auch zuvor schon alles andere als harmonisch), dass er schließlich vom Amt suspendiert wurde. Das heißt: Bis heute ist er von den Dienstgeschäften entbunden und darf das Rathaus nicht betreten.
Die skandalumwitterte Impfung ist jetzt ein Jahr her: Am Sonntag, 17. Januar 2021, ließ sich Bernd Wiegand impfen. Ein Ende der Impfaffäre ist weiterhin nicht in Sicht – die Ermittlungen laufen.
Was sind die Vorwürfe? Welche Ermittlungen laufen?
Die Vorwürfe: Bernd Wiegand soll sich vorzeitig haben impfen lassen, also außerhalb der gesetzlich festgelegten Prioritätenliste (die sich auf Basis von Berufsrisiken, Alters- und Krankheitshintergründen zusammengesetzt hatte). Außerdem soll er für weitere Verstöße gegen die Impfpriorisierung verantwortlich sein, da sich auch mehrere Stadträte und Mitarbeiter der Stadtverwaltung hatten impfen lassen.
Es läuft bis heute ein Disziplinarverfahren des Landesverwaltungsamtes gegen ihn. Das Verfahren wurde zwischenzeitlich um weiterer dienstrechtliche Vorwürfe erweitert.
Die Staatsanwaltschaft Halle ermittelt auch strafrechtlich wegen des Verdachts auf veruntreuender Unterschlagung von Impfstoff.
Zwischenzeitlich wurde der Staatsanwaltschaft vorgeworfen, das Verfahren in die Länge zu ziehen. Das wies die Staatsanwaltschaft zurück.
Wiegand selbst beteuert, nicht gegen geltendes Recht verstoßen zu haben.
Wiegand wechselt jetzt den Anwalt
Die Frage, wann mit einem Ende der laufenden Verfahren zu rechnen ist, ist schwer zu beantworten. Erst vor knapp einer Woche hat Bernd Wiegend nach Informationen der "Mitteldeutschen Zeitung" den Anwalt gewechselt. Das, so hieß es weiter, verlängert das Verfahren. Laut Staatsanwaltschaft Halle hat der neue Anwalt zunächst Antrag auf Akteneinsicht gestellt. Tatsächlich ist das ein normales Vorgehen: Ein neuer Anwalt muss sich in den Fall, den er zu betreuen hat, einarbeiten.
Wie lange das Disziplinarverfahren beim Landesverwaltungsamt noch dauert – ebenfalls offen. In der Zwischenzeit führt Egbert Geier das Amt.
Wiegand sieht sich im Recht – und strebt die Rückkehr ins Rathaus an
Wiegand selbst hofft weiterhin auf einen – aus seiner Sicht – guten Ausgang des Falles. Er wirft den Behörden Willkür vor:
Von Seiten der Behörden ist bis heute noch nicht einmal geprüft worden, ob ich gegen die im Januar 2021 geltende Coronavirus-Impfverordnung verstoßen habe.
Wiegand hat sich seit Beginn der Ermittlungen an mehrere Instanzen gewandt, um seine Suspendierung aufzuheben – bisher erfolglos. Zuletzt scheiterte er mit einer Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht.
Was sagt der Stadtrat?
Stadtratsvorsitzende Müller wünscht sich endgültigen Rücktritt
Die Stadtratsfraktion Hauptsache Halle & Freie Wähler, die während der Aufarbeitung der Affäre teilweise Partei für Wiegand ergriffen hatte, wollte sich auf eine Anfrage, die die Kollegen der dpa gestellt haben, nicht zu dem Fall äußern.
Mehrere Stadträte aus anderen Fraktionen bekräftigten ihren Wunsch nach Rückzug des suspendierten Oberbürgermeisters von seinem Posten. Vorsitzende Stadträtin Katja Müller (Linke) etwa sagt, sie "würde sich wünschen, dass der OB zurücktritt". Angesichts des bisherigen Verhaltens Wiegands in der Impfaffäre halte sie das aber für unwahrscheinlich.
Neue Corona-Regeln für Sachsen-Anhalt? Landesregierung berät über 2G+ in der Gastronomie
Wegen der Ausbreitung der Omikron-Variante haben sich Bund und Länder schon vor wenigen Wochen auf neue Modelle geeinigt, die zum Beispiel in der Gastronomie mehr Sicherheit schaffen sollen. Das Zauberwort, von dem sich viele erhoffen, Gaststättenbesuche sicher zu gestalten, heißt: 2G+. In der Gastronomie herrscht die Angst, damit an Zulauf zu verlieren, weil es manchen Besuchern zu kompliziert erscheint. Knut Bernsen, Geschäftsführer des Handelsverbands Thüringen und Sachsen-Anhalt sagte Anfang Januar: "2G+ geht schon fast in Richtung Lockdown für uns".
An diesem Montag nun berät die Landesregierung über 2G+. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte zuletzt auf eine flächendeckende Umsetzung gedrängt. Sachsen-Anhalt und Bayern sind nämlich die einzigen Bundesländer, die bislang darauf verzichten.
Da die aktuelle Regelung für Sachsen-Anhalt am Dienstag, 18. Januar, ausläuft, muss in Staatskanzlei und Gesundheitsministerium nun entschieden werden: 2G+ – ja oder nein. Die aktuelle Verordnung sieht noch vor, dass Besucher von Restaurants und Bars nur einen Nachweis vorlegen müssen, dass sie geimpft oder genesen sind. Bei 2G+ wäre zusätzlich noch ein aktueller negativer Corona-Test nötig. Morgen früh bekommen Sie hier den Überblick, was für Sachsen-Anhalt neu gelten wird – und was nicht.
Was sonst noch so los ist – dazu gibt es hier den weiteren Überblick:
- Magdeburg und die Zerstörung der Stadt vor 77 Jahren im Zweiten Weltkrieg: Das Gedenken vom Sonntag im Video und ein Ausblick auf die Aktionswoche "Eine Stadt für alle"
- Was andere schreiben: Volksstimme über zu die erwarten hohen Energiepreise
- Was wichtig wird: Tauschen Sie schleunigst Ihren Führerschein um!
VIDEO:
Gedenken an die Zerstörung von Magdeburg am 16. Januar 1945 – Auftakt zur Aktionswoche: "Eine Stadt für alle"
Vor 77 Jahren wurde Magdeburg durch alliierte Bomber im Zweiten Weltkrieg zerstört. Für die Opfer des Bombenangriffs vom 16. Januar 1945 haben Vertreter aus Politik und von der Kriegsgräberfürsorge am Sonntag auf dem Westfriedhof einen Kranz niedergelegt. Reporterin Annette Schneider-Solis war dabei:
Am Sonntagabend, nach Eröffnung der Aktionswoche "Eine Stadt für alle", wurde mit einem Kerzenmeer und gemeinsamen Singen der Opfer gedacht:
Bis zum 27. Januar finden nun noch Veranstaltungen wie Mahnwachen, Lesungen und Filmvorführungen statt, wegen der Pandemie meist digital. Das bringt die Aktionswoche in Magdeburg:
#MDRklärt: Gedenken und Mahnen
Das Gedenken an die Opfer der Zerstörung – und das Mahnen, dessen sich heute Initiativen wie "Weltoffenes Magdeburg" annehmen, hat MDRklärt-Experte Max Fürstenberg hier schön zusammengestellt:
Medienschau: Was andere schreiben
- "Saftiger Anstieg bei Strompreisen" – die Volksstimme blickt auf bevorstehende Preiserhöhungen bei den Strompreisen im Land. Gängige Haushaltstarife könnten teils um bis zu 42 Prozent steigen beziehungsweise um 150 bis 450 Euro im Jahr.
- "Hochzeit am 2.2. und am 22.2. beliebt" – die Mitteldeutsche Zeitung blickt auf die beliebten Schnapszahlhochzeitstage und rät: Beeilen Sie sich, wenn Sie einen Termin erwischen wollen. Obwohl die Tage mitten in der Woche liegen, sind sie schon gut gebucht.
Tipp: FAKT IST! aus Magdeburg zur Impfpflicht
Die allgemeine Impfpflicht – kommt sie oder kommt sie nicht? Mit dem Für und Wieder beschäftigt sich die heutige Ausgabe von FAKT IST! aus Magdeburg. Am Abend diskutieren unter anderem Gesundheitspolitiker Tino Sorge (CDU), der Immunologe Prof. Bogdan und Magdeburgs Oberbürgermeister Lutz Trümper (SPD) über die Einführung.
In diesem Zusammenhang lege ich Ihnen die Ergebnisse unseres aktuellen MDRfragt ans Herz. Darin befürwortet knapp die Hälfte der Befragten eine allgemeine Impfpflicht. Alle Ergebnisse hier aufgeschlüsselt in unserem Artikel:
Was heute außerdem wichtig wird
- 🚗 Ab zum Amt: Sachsen-Anhalts Innenministerin Tamara Zieschang (CDU) sieht rechtlich keine Möglichkeit dafür, dass die Polizei über Führerscheine mit abgelaufener Gültigkeit generell hinwegsieht. Auch das berichtet die in Halle erscheinende Mitteldeutsche Zeitung. Die Frist zum Umtausch läuft am 19. Januar aus. Wir haben die Lage hier zusammengefasst:
- 💰 Im Prozess gegen einen mutmaßlichen Tankstellenräuber von Teuchern droht eine Freiheitsstrafe von mindestens fünf Jahren. Das Gericht tagt heute ab 9 Uhr in Halle in dem Fall. Der Angeklagte soll im August 2021 zu einer Tank- und Raststation auf der Autobahn neun in Teuchern das Ladengeschäft mit einem Luftgewehr überfallen haben.
- ⚖ Auftakt im Gerichtsprozess am Landgericht Dessau: Der Fall hatte im Kreis Wittenberg für einiges Aufsehen gesorgt – ein Mann soll im vergangenen Sommer in Pretzsch auf eine Frau einen Brandanschlag verübt haben. Der 31-jährige Angeklagte soll eine Seniorin auf einem Friedhof mit einer brennbaren Flüssigkeit übergossen und angezündet haben. Die Frau erlitt schwere Verbrennungen.
- ⚓ Ausgesetzter Fährbetrieb: Die Elbfähre Elster setzt in den kommenden Monaten nicht über. Das Schiff wird zur turnusmäßigen Reparatur in die Werft gebracht. Heute macht sich ein Schlepper aus den Weg, um das Gefährt abzuholen.
Ich wünsche Ihnen noch einen guten Montag. Doch seien Sie im Harz bitte vorsichtig: Dort gilt eine 📢 Unwetterwarnung des Deutschen Wetterdienstes wegen orkanartiger Böen auf dem Brocken. Bis morgen, auf Wiederlesen!
Über Themen aus "Sachsen-Anhalt am Morgen" berichtet MDR SACHSEN-ANHALT...
...im Hörfunk | MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | ab 05:00 Uhr
...im Fernsehen | MDR um 11 | 11:00 Uhr
...im Fernsehen | MDR SACHSEN-ANHALT HEUTE | 19:00 Uhr
MDR (Mandy Ganske-Zapf), mit Material von dpa
Rotti vor 17 Wochen
Warum soll Wiegand zurücktreten? Er hat alle juristischen Optionen. Und vielleicht bleibt zum Schluß nichts strafbares übrig? Ein Rücktritt ist immer unehrenhaft in so einer Situation. Er hat nichts geklaut. Er hat lediglich mit seinem Drängeln jemanden vor einem Schaden bewahrt.
hansfriederleistner vor 17 Wochen
Inzwischen wurde verfallener Impfstoff, den der Staat teuer eingekauft hat, vernichtet. Werden die dafür verantwortlichen Menschen auch amtsenthoben? Die haben doch größeren Schaden zu verantworten als eine vorgedrängelte Impfung.
ElBuffo vor 17 Wochen
Huch, ist der der auch OB?