An einer Tür zu einer Arztpraxis hängt ein Schild mit der Aufschrift «Die Praxis bleibt geschlossen»
Besonders in den ländlichen Gebieten ist die Besetzung freier Arztsitze ein großes Problem. Bildrechte: picture alliance / dpa

Hörer machen Programm Wie groß ist der Mangel an Hausärzten in Sachsen wirklich?

25. Mai 2023, 05:00 Uhr

Der Mangel an Ärztinnen und Ärzten macht sich besonders in den ländlichen Gebieten bemerkbar. Oftmals können Stellen nicht nachbesetzt werden. Doch wie groß ist das Problem in Sachsen? Wie viele Patientinnen und Patienten kommen auf einen Hausarzt? Das hat sich eine MDR AKTUELL-Nutzerin gefragt. Die Zahlen suggerieren jedoch mitunter ein falsches Bild.

Die Suche nach einem Hausarzt oder einer Hausärztin könne beschwerlich sein, erklärt Klaus Heckemann. Er ist der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung in Sachsen. "Wir haben Probleme mit der Versorgung und zwar fast ausschließlich in peripheren Gebieten. Wie die Versorgung genau ist und wie viele Einwohner auf einen Arzt kommen, ist etwas schwierig zu sagen."

In Leipzig kämen dem Plan nach auf einen Hausarzt 1.656 Einwohnerinnen und Einwohner, erklärt Heckemann. Im Vergleich dazu habe ein Hausarzt in Zittau über 300 Patientinnen und Patienten weniger zu betreuen.  "Da würde man ja sagen, die Versorgung in Zittau sei viel besser geplant. Das ist aber falsch. Wir haben in Zittau die älteste Bevölkerung und wir haben in Leipzig die jüngste Bevölkerung in Sachsen. Eine junge Bevölkerung braucht natürlich weniger Hausärzte als ein ältere."

Frau neben Mann auf Stuhl 7 min
Bildrechte: MDR/Andreas Artelt

AOK: Notbehandlung immer garantiert

Das Problem mit der Statistik ist auch Hannelore Strobel von der AOK Plus bekannt. Auch ihr liegt der Plan für die hausärztliche Versorgung vor: "Plauen hat vor einem Jahr 88.099 Einwohner gehabt und 52 Ärzte im Planungsbereich, bei 14 offenen Stellen."

Für die Versorgung gibt es eine Ampel. Diese zeige für Plauen gelb und nicht rot, so Strobel. Im Notfall sei es aber egal, was die Ampel zeige, so Strobel: "Im Notfall muss jeder Hausarzt, auch wenn er überlastet ist und keine Patienten mehr aufnimmt, behandeln. Auch, wenn er die Patienten in seinen Patientenstamm nicht aufnehmen kann. Eine Notbehandlung ist immer garantiert und den Ärzten gesetzlich vorgeschrieben."

CDU: Haben Reihe von Maßnahmen ergriffen

Auch der Politik sei der Landarztmangel bekannt, erklärt Alexander Dierks, fachpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion in Sachsens Landtag: "Wir erleben gerade, dass die geburtenstarken Jahrgänge in großer Zahl in den Ruhestand gehen und die Zahl derer, die in den Arbeitsmarkt nachkommen, geringer ist und wir besonders im ländlichen Raum bei der Besetzung freier Arztsitze Probleme haben."

Dabei habe man seitens der Politik eine Reihe von Maßnahmen ergriffen, erklärt Dierks. So würden in Chemnitz Hausärzte in einem eigenen Studiengang ausgebildet. Es gebe eine Partnerschaft mit einer ungarischen Uni und eine Landarztquote im Medizinstudium. Wer sich also zur Arbeit auf dem Land verpflichtet, kommt besser an einen Studienplatz.

SPD-Sprecherin: Viele Regressforderungen für Ärzte

Simone Lang ist die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD in Sachsens Landtag. Auch sie beobachtet die Entwicklung mit Sorge. Neben dem fehlenden Nachwuchs gebe es für viele Medizinerinnen und Mediziner ein weiteres Problem.

Die Krankenkassen stellten an mancher Stelle Verschreibungen der Mediziner in Frage: "Die vielen Regressforderungen, also wenn ich als Arzt etwas verschreibe und dann immer begründen muss, warum ich das gemacht habe. Das ist dann natürlich ein zusätzlicher Aufwand. Da wünsche ich mir schon eine Minimierung." Dann könnten Hausärzte und Hausärztinnen sich besser auf ihre Arbeit konzentrieren, ist sich Lang sicher.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 25. Mai 2023 | 06:00 Uhr

12 Kommentare

NochJemand vor 47 Wochen

Die Herumrechnerei um den Ärztemangel ist geradezu abseitig.
Ich wohne seit über 4 Jahren in Leipzig - und habe bisher keinen Hausarzt gefunden. Die Praxen in der Nähe meiner Wohnung nehmen keine neuen Patienten an, entferntere Ärzte muss man auch erstmal finden. Und hinkommen.

Von wegen Ärzte werden mit Bagatellen überlastet:
Wenn ich zum Arzt gehe, dann überwiegend wegen der vom Arbeitgeber geforderten Krankschreibung. Allerdings ist die Krankheit meist von alleine vorbei, bevor es mir gelingt, in einem entlegenen Stadtteil eine Praxis zu finden und den Weg dorthin zu organisieren.
Was eine Bagatelle ist und was nicht, kann der Laie schwer beurteilen, vor allem in jungen Jahren. Wenn man nicht arbeitsfähig ist (oder z.B. das Kind nicht zur Schule kann), dann soll man ja eigentlich den Arzt aufsuchen. Kann man aber nicht. Weil keiner einen Termin frei hat.

ElBuffo vor 47 Wochen

Die Woche hat nunmal nur 40h Arbeitsstunden. Gerne auch weniger. Wenn die Praxis zu ist, liegen Arzt und Personal nicht etwa zu Hause auf der Couch. Damit die öffnen kann, müssen sicher erstmal die Räume vorbereitet und hinterher muss wieder abgerüstet und ab und zu auch sauber gemacht/desinfiziert werden.
Arzt und Personal verbringen auch viele Stunden in Pflichtfortbildungen, Abrechnungen und mit Telefonaten und Briefen an Kranken- und Pflegekassen oder der Rentenversicherung. Bereitschaftsdienste gibt es auch noch.
Nur weil das Oma Müller beim Rote Rosen schauen nicht mitbekommt, heißt das nicht, dass außerhalb der Praxisöffnungszeiten nichts passiert.

Lila123 vor 47 Wochen

@AlexLeipzig:

Mitunter werden die Patienten aber auch zu sehr verrückt gemacht durch all die Vorsorgeangebote. Jährlicher Checkup beim Hausarzt, Krebsvorsorge, Kontrolluntersuchung beim Augenarzt, Hautcheck usw. - wenn man die Broschüren der Krankenkasse liest, hat man manchmal den Eindruck man sollte tatsächlich so oft wie möglich wegen jeder Sache zum Arzt.

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