Kamenzer RedeSchriftstellerin Angela Krauß warnt vor der Entmündigung durch neue Technologien
Die Schriftstellerin Angela Krauß hat am Donnerstag die 11. Kamenzer Rede gehalten. Mit der Veranstaltungsreihe erinnert die Arbeitsstelle für Lessing-Rezeption seit 2014 an die Gedankenwelt des Dichters und Dramatikers der Deutschen Aufklärung Gotthold Ephraim Lessing, der in Kamenz geboren wurde. Vor Krauß waren unter anderem bereits Friedrich Schorlemmer, Volker Braun, Hans-Eckardt Wenzel und Clemens Meyer als Redner in Kamenz zu Gast.
- Die Schriftstellerin Angela Krauß hat am 12. September die Kamenzer Rede 2024 gehalten.
- Krauß wurde 1950 in Chemnitz geboren und hat in Leipzig Literatur studiert, wo sie auch heute noch lebt.
- Die Kamenzer Reden sollen an die Gedankenwelt Lessings erinnern, der in der sächsischen Stadt geboren wurde.
Am Donnerstag hat die Schriftstellerin Angela Krauß die Kamenzer Rede 2024 gehalten. Unter dem Titel "Von Verklärung und Aufklärung" zog sie Parallelen von der Epoche der Aufklärung zur Gegenwart und schlug mit Blick auf moderne Technik nachdenkliche Töne an. Der wachsende Einfluss künstlicher Intelligenz und die Omnipräsenz digitaler Kommunikationsmittel führe die Menschen in eine neue, selbstverschuldete Unmündigkeit, warnte Krauß ihr Publikum.
Einsamkeit durch moderne Technologien
Die Allgegenwärtigkeit moderner Technik "lässt uns vereinsamen und sie macht uns mehr und mehr unfähig, dem analogen Einzelnen gegenüberzustehen und angemessen, empathisch, mitwissend zu reagieren," sagte die Schriftstellerin konkret in ihrer Rede. Eine wachsende Abhängigkeit, die zum Problem werden könne, so Krauß, sollte die Technik einmal ausfallen: "Dann gibt’s nur eins, dass ich den Anderen als Menschen kennen muss. Nicht individuell aber als Menschen." Das drohe verloren zu gehen, so Krauß in ihrer Rede weiter.
Die Schriftstellerin Angela Krauß
Krauß wurde am 2. Mai 1950 in Chemnitz geboren. Nach ihrem Studium der Werbeökonomie in Berlin arbeitete sie in der Werbe- und Öffentlichkeitsarbeitsbranche. Von 1976 bis 1979 studierte Krauß in Leipzig am Literaturinstitut "Johannes R. Becher", dem heutigen Deutschen Institut für Literatur. Seit 1981 lebt und arbeitet sie als freie Schriftstellerin in der Messestadt und verfasst Erzählungen, Romane, Lyrik sowie Hörspiele.
Nach der Verleihung des Ingeborg-Bachmann-Preis im Juli 1988 wurde der westliche Literaturbetrieb auf Krauß aufmerksam. Der Suhrkamp Verlag erwarb daraufhin die Rechte an ihrem Debütband "Das Vergnügen", der bereits 1984 im Aufbau Verlag erschienen war, und brachte im Herbst 1988 dieses Prosawerk nochmals auf den Markt. Später veröffentlichte Krauß unter anderem die autobiografisch geprägte Erzählung "Der Dienst" (1990), in der sich eine Tochter an das Leben ihres Vaters erinnert, der sich das Leben genommen hat. Krauß eigener Vater hatte 1968 Suizid begangen.
In dem Roman-Essay "Weggeküsst" (2002) betrachtet die Schriftstellerin eine Kommunikationswissenschaftlerin, die der Orientierungslosigkeit der Menschen auf die Spur gekommen zu sein glaubt. Weitere Werke von Krauß sind das Prosastück "Wie weiter" (2006), der Gedichtband "Ich muss mein Herz üben" (2009), die Erzählung "Im schönsten Fall" (2011), der als "Rede in Versen" bezeichnete schmale Band "Eine Wiege" mit Texten an der Grenze zur Poesie, versehen mit Kindheitsbildern der Autorin. Zuletzt erschien von ihr im Frühjahr 2024 der Prosaband "Das Weltgebäude muß errichtet werden. Man will ja irgendwo wohnen."
Krauß ist Mitglied des PEN-Zentrums Deutschland und der Sächsischen Akademie der Künste, ordentliches Mitglied der Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz sowie der Akademie der Künste Berlin.
Sie wurde für ihr Schaffen bereits mehrfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Lessing-Förderpreis (1995), dem Hermann-Lenz-Preis (2007), dem Wilhelm-Müller-Preis des Landes Sachsen-Anhalt (2013) oder dem Sächsischen Literaturpreis (2024).
Die Kamenzer Rede
Die Arbeitsstelle für Lessing-Rezeption in Kamenz lädt seit 2014 Autorinnen und Autoren ein, aus der Gedankenwelt Lessings mit einer Rede auf die gegenwärtigen Probleme und Fragen zu blicken. Kamenz ist die Geburtsstadt des Dichters und Dramatikers der Deutschen Aufklärung, Gotthold Ephraim Lessing. Krauß hielt den 11. Vortrag des Formats "Kamenzer Reden". Die Rede fand in der Klosterkirche St. Annen statt.
Die erste Kamenzer Rede hielt der jüngst verstorbene evangelische Theologe und Bürgerrechtler, Friedrich Schorlemmer. Ebenfalls zur Kamenzer Rede geladen waren zum Beispiel Feridun Zaimoğlu (2015), Eva Menasse (2017), Volker Braun (2018), Hans-Eckardt Wenzel (2019) oder Clemens Meyer (2023).
Quelle: MDR KULTUR (Michael Ernst), Arbeitsstelle für Lessing-Rezeption Kamenz, Munzinger, Stadtverwaltung Kamenz
Redaktionelle Bearbeitung: op, ts
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Dieses Thema im Programm:MDR KULTUR - Das Radio | 13. September 2024 | 08:40 Uhr