Zeugenhinweise gesucht Bautzen: Ermittlungen wegen schwerer Brandstiftung auf geplante Asylunterkunft

29. Oktober 2022, 11:55 Uhr

Auf das als Asylunterkunft geplante Spreehotel in Bautzen ist offenbar ein Brandanschlag verübt worden. Das Landeskriminalamt hat die Ermittlungen übernommen. Ob es einen Zusammenhang mit einer Protestveranstaltung der AfD in dieser Woche vor der Unterkunft gibt, ist derzeit noch offen. Ein Parteimitglied wies jegliche Mitschuld von sich. Fakt ist: Es ist nicht der erste Brandanschlag auf Flüchtlingsunterkünfte in Bautzen. Das Entsetzen über die Tat ist bundesweit hoch.

Auf dieser Seite:

Nach dem Anschlag auf eine geplante Asylunterkunft in Bautzen ermittelt das Landeskriminalamt (LKA). Gemeinsam mit der Staatsanwaltschaft Görlitz werde wegen schwerer Brandstiftung ermittelt, teilte das LKA am Freitag mit.

Unbekannte hatten in der Nacht zum Freitag Fensterscheiben im Spreehotel Bautzen eingeworfen. Im Anschluss war im Inneren des Gebäudes ein Brand ausgebrochen. Vier Personen, die im Haus übernachteten, sind laut Polizei nicht verletzt worden. Informationen zur Schadenshöhe gibt es noch keine.

Zeugenaufruf der Polizei Die Polizei bittet um Hinweise, die zur Aufklärung der Tat beitragen können. Wer am Freitag gegen 5 Uhr im Bereich des Spreehotels auffällige Personen oder Fahrzeuge gesehen hat, kann sich an das das Landeskriminalamt unter der Telefonnummer 0800 855 2055 oder andere Polizeidiensstellen wenden.

Drohgebärden von AfD-Anhängern vor dem Spreehotel

In das bisher leerstehenden Hotelgebäude am Bautzner Stausee sollten am kommenden Donnerstag die ersten 30 Geflüchteten ziehen. Die Familien kommen laut Landratsamt aus Syrien, Nordmazedonien, der Türkei, Afghanistan, Georgien und der Russischen Föderation. Ob an den ursprünglichen Plänen festgehalten werde, sei momentan noch nicht klar. Insgesamt sollten bis zu 200 Geflüchtete in dem Hotel untergebracht werden. Am Dienstag dieser Woche hatte die AfD eine Bürgerversammlung von Landrat Udo Witschas (CDU) im Spreehotel zum Anlass genommen, gegen die geplante Unterkunft eine Protestkundgebung abzuhalten.

Dabei sollen aus dem Kreis der AfD-Anhänger Reporterangaben zufolge auch Drohungen ausgesprochen worden sein. Das Problem würden "die Leute hier schon lösen", habe ein Teilnehmer gerufen. Ob es einen Zusammenhang zwischen dieser Drohungen und dem Anschlag gibt, ist derzeit noch unklar. Der AfD-Landtagsabgeordnete und ehemalige Landratskandidat Frank Peschel wies auf Anfrage von MDR SACHSEN jegliche Schuld von sich. Peschel sagte dem MDR, man habe am Dienstag friedlich demonstriert und die Meinung geäußert. Die Demonstration am Dienstag habe mit dem Anschlag nichts zu tun. "Die Polizei muss ermitteln und dann wird man hoffentlich auch die Täter finden", so Peschel.

An der AfD-Kundgebung hatte auch der AfD-Bundestagsabgeordnete Karsten Hilse gesprochen. Die Demonstrierenden waren nach der Kundgebung zum Spreehotel gegangen, wo ihnen auch Eintritt gewährt worden sei. Dabei sollen einige Teilnehmende den Landrat beleidigt haben.

Am Freitag teilte der AfD-Kreisverband Bautzen mit, man habe das "demokratische Recht zur freien Meinungsäußerung und der Kritik an der bisherigen Asylpolitik wahrgenommen" und lehne "jede Form von Gewalt ab."

Landrat Witschas: "Leichtsinnig Menschenleben gefährdet"

Landrat Udo Witschas verurteilte den mutmaßlichen Brandanschlag. "Ich bin absolut entsetzt und wütend", so Witschas in einer Mitteilung des Landratsamts am Freitagmittag. Zum Zeitpunkt des Brandes hätten Mitarbeiter des Hauses in dem Gebäude gewohnt. "Somit wurden leichtsinnig Menschenleben gefährdet", sagte Witschas.

Aus Hass Häuser anzuzünden, weil man Geflüchtete nicht in seiner Nähe haben möchte, ist zutiefst primitiv und menschenverachtend.

Armin Schuster (CDU) Innenminister Sachsen

Innenminister bezeichnet Anschlag als "primitiv und menschenverachtend"

Auch Sachsens Innenminister Armin Schuster (CDU) zeigte sich schockiert. "Aus Hass Häuser anzuzünden, weil man Geflüchtete nicht in seiner Nähe haben möchte, ist zutiefst primitiv und menschenverachtend", sagte Schuster in einem ersten Statement. Das sei gerade in der aktuellen Lage nicht die Grundhaltung der Sächsinnen und Sachsen. Wer die Brandsätze in das Spreehotel geworfen habe, sei noch nicht bekannt. "Aber wir müssen von einem fremdenfeindlichen Brandanschlag ausgehen", so der Innenminister.

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer bezeichnete den Brand als "widerwärtig" und als "Aggression gegen Menschen in Not". Beim Kurznachrichtendienst Twitter schrieb Kretschmer, die Aufklärung der Tat habe höchste Priorität.

2016 Brandanschlag auf Spreehotel

Das Spreehotel am Bautzener Stausee war schon einmal eine Flüchtlingsunterkunft und im Dezember 2016 Ziel eines Brandanschlags. Damals wurden mehrere Molotowcocktails auf das Gelände geworfen. Drei junge Männer hatten den Anschlag zugegeben und wurden zu Bewährungsstrafen verurteilt.

Brand in geplanter Asylunterkunft im Husarenhof

Auch im Hotel "Husarenhof" in Bautzen war im Februar 2016 ein Feuer ausgebrochen. Das Hotel brannte kurz bevor zum Flüchtlingsheim werden sollte. Während der Löscharbeiten hatten Personen ausländerfeindliche Parolen gerufen.

Wurde nun auch in Bautzen eine geplante Flüchtlingsunterkunft das Ziel eines fremdenfeindlichen Anschlags?! Gegen 3.30 Uhr kam es am Sonntagmorgen am Husarenhof zu einem Feuer des leerstehenden Hotels Am Husarenhof
Im Jahr 2016 brannte die geplante Asylunterkunft "Husarenhof" nach einem Brandanschlag nieder. Bildrechte: imago images / xcitepress

Im November 2016 erhielten zwei Männer mehrjährige Haftstrafen, weil sie Einsatzkräfte während der Löscharbeiten angriffen. Die Brandstifter konnten bis heute nicht ermittelt werden. Das Verfahren wurde 2019 eingestellt.

Der Artikel wird fortlaufend aktualisiert.

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalnachrichten aus dem Studio Bautzen | 28. Oktober 2022 | 08:30 Uhr

Mehr aus Bautzen, Hoyerswerda und Kamenz

Mehr aus Sachsen