Sorbische Bräuche Vogelhochzeit inspiriert junge Bäckermeisterin zu neuen Kreationen

25. Januar 2023, 17:32 Uhr

Während sich gerade zu Jahresbeginn viele Sachsen beim Naschen in Zurückhaltung üben, herrscht in der Lausitzer Backstube von Therese Martin in Räckelwitz Hochkonjunktur. Zur sorbischen Vogelhochzeit und in den Tagen davor gehen ihre dekorierten und verführerisch duftenden Backkreationen wie warme Semmeln über die Ladentheke. MDR SACHSEN hat der Chefin beim Backen über die Schulter geschaut.

Für Bäckermeisterin Therese Martin war die Vogelhochzeit am Mittwoch nicht nur ein arbeitsreicher Tag in ihrer Backstube. Die junge Räckelwitzerin leitete das traditionelle Backen auch erstmals als Bäckermeisterin und Inhaberin einer Bäckerei bei Bautzen an. Erst im Frühjahr 2022 hatte sie nach einer Zwischenstation in Dresden den Betrieb übernommen und konnte zeigen, was sie beim Backen der typischen Vogel- und Nestkreationen drauf hat.

Gezuckerter Teigvogel ist Renner bei Kunden

Wie viele Bäcker der Region hat sich Therese Martin für die Vogelhochzeit vorbereitet. Durch ihre warme Backstube zog kurz nach sechs Uhr morgens süßer Kuchenduft: Die Chefin formte bereits aus Hefeteig die Teigvögel für die Vogelhochzeit. Dafür verknotet sie einen Teigstrang so, dass ein Nest samt Vogel entsteht. Der Klassiker unter den Gebäckarten zum Fest sei der gezuckerte Teigvogel, auf sorbisch "Sroka", berichtet Martin. Allein am Tag der Vogelhochzeit gingen davon rund 1.000 Stück über den Ladentisch. Dazu kommen gefüllte Baiser-Vögel, Cremenester und Sahneschwäne.

Warum wird Vogelhochzeit gefeiert? Die Vogelhochzeit ist ein traditioneller Brauch in der sorbischen Lausitz. Er ist aber auch in anderen europäischen Regionen bekannt. Die Kinder feiern am 25. Januar verkleidet als Vögel oder auch in traditioneller sorbischer Kleidung in Kindergärten und Schulen mit Gesang und szenischem Spiel die Vogelhochzeit. Die Braut ist dabei die Elster (sroka), der Bräutigam die Krähe. Am Vorabend des 25. Januar stellen die Kinder Teller auf das Fensterbrett oder vor die Tür. Am nächsten Morgen sind sie mit Sroka-Gebäck in Form von Teigvögeln gefüllt. Es heißt, die Vögel wollten sich damit für die Fütterung im Winter bedanken. www.regionales.sachsen.de

Bäckermeisterin will eigene Ideen umsetzen

Therese Martin tut das mit viel Fingerfertigkeit. Vor der Übernahme der Räckelwitzer Bäckerei im Frühjahr 2022 hatte sie bereits zwei Jahre bei den damaligen Inhabern mitgearbeitet, um alle Rezepte und Abläufe kennenzulernen. Es sei "schön, wenn man sagen kann: Wir machen das so, und dann wird es auch so gemacht", berichtete Martin MDR SACHSEN. Als Chefin und Bäckermeisterin könne sie eigene oder anderswo kennengelernte Ideen, "Schritt für Schritt" verwirklichen. Dazu gehört in diesem Jahr ein von ihr kreiertes "Knusperkücken".

Die Leute haben alle gute Vorsätze – 'weniger essen, sowieso nichts Süßes'. Und hier bei uns, wir haben die Vogelhochzeit, wo es wieder richtig brummt, das macht natürlich auch Spaß.

Michael Schlappa Bäckermeister aus Räckelwitz

Die früheren Inhaber, Bäckermeister Michael Schlappa und seine Frau, helfen noch mit aus, auch zur Vogelhochzeit. "Manche Kollegen aus anderen Regionen schauen manchmal neidisch in die Lausitz", sagte Schlappa mit einem Augenzwinkern. Während andere Bäcker die guten Vorsätze der Leute "weniger essen, sowieso nichts Süßes" mit ruhigen Geschäften im Januar spürten, würde es in der Lausitz "wieder richtig brummen". Auch Schlappas Nachfolgerin Therese Martin sorgt dafür, dass gute Vorsätze zur Vogelhochzeit kaum eine Chance gegen ihre kunstvollen Backwerke haben.

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN | MDR SACHSENSPIEGEL | 25. Januar 2023 | 19:00 Uhr

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