Sängerin Julia Neigel
Sängerin Julia Neigel hat Sachsen verklagt. Sie zweifelt die Rechtmäßigkeit der Corona-Schutzverordnung vom November 2021 an, konkret die 2G-Impfpflicht für Konzerte und die monatelange Schließung aller Kulturbetriebe. Bildrechte: picture alliance/dpa | Robert Michael

Corona-Schutzverordnung 2021 Kein Urteil im Prozess der Sängerin Julia Neigel gegen Sachsen wegen "Kultur-Lockdown"

08. Februar 2024, 18:15 Uhr

Im Prozess der Sängerin Julia Neigel gegen das Land Sachsen wegen der Corona-Schutzverordnung vom November 2021 ist kein Ende in Sicht. Zunächst muss geprüft werden, ob die Klage überhaupt zugelassen werden kann. Die Sängerin hatte während der Corona-Pandemie gegen den "Kultur-Lockdown" in Sachsen geklagt. Und es ist auch der Vorwurf im Raum, dass die Richter im Verfahren befangen seien.

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Am Oberverwaltungsgericht Bautzen (OVG) ist am Donnerstag der Prozess der Musikerin Julia Neigel gegen den Freistaat Sachsen weitergegangen. Ein Urteil ist dabei nicht gefallen. Die Sängerin wirft dem Freistaat vor, nach Aufhebung der pandemischen Lage in Deutschland eine laut Infektionsschutzgesetz "gar nicht vorgesehene 2G-Impfpflicht" für Konzerte eingeführt und für Monate alle Kulturbetriebe geschlossen zu haben. Ihrer Ansicht nach habe die Verordnung nicht mit der Verfassung im Einklang gestanden, erläuterte am Donnerstag Oberverwaltungsgerichtssprecher Matthias Mittag MDR SACHSEN.

Die Musikerin sagte dazu MDR SACHSEN: "Ich bin der Auffassung, die kulturelle Teilhabe nach Artikel 15 darf auch in solchen Zeiten nicht außer Kraft gesetzt werden." Sie spräche dabei nicht nur für sich, sondern auch für Kollegen und alle, denen kulturelle Teilhabe wichtig sei und die Kultur erleben möchten.

Klage muss erst noch zugelassen werden

Bevor jedoch der Inhalt der Klage verhandelt werden kann, muss in einem sogenannten Normenkontrollantrag geprüft werden, ob die Klage gegen die Verordnung überhaupt zulässig ist. Bei einer Normenkontrolle geht es darum, Rechtsnormen daraufhin zu überprüfen, ob sie mit höherrangigem Recht vereinbar sind. Allein darum sollte es am Donnerstag gehen, betonte der Gerichtssprecher Mittag. Doch nun muss noch eine weitere Entscheidung getroffen werden.

Julia Neigel warf vier von fünf Richtern, darunter dem Vorsitzenden Richter, Befangenheit vor. Bereits in einem früheren Verfahren, in dem die Musikerin einen Eilantrag gestellt hatte, hätte sie mit diesen Richtern zu tun gehabt. Diese hätten ihrer Auffassung nach eine "vorgefertigte Meinung". Nun muss laut Gerichtssprecher Mittag zunächst geprüft werden, ob tatsächlich eine Befangenheit vorliegt. Erst dann könne über die Zulässigkeit der Klage und dann wiederum über den Inhalt der Klage entschieden werden.

Die Sängerin der Band «Silly» Julia Neigel steht beim Brandenburg-Tag auf der Bühne.
Wenn die Sängerin Julia Neigel mit ihrer Klage Erfolg hätte, würden sich daraus eventuell auch Konsequenzen für andere ergeben. Bildrechte: picture alliance/dpa | Frank Hammerschmidt

Erfolg der Klage hätte Konsequenzen für viele

Hätte der Antrag von Julia Neigel vor dem Oberverwaltungsgericht Erfolg und die Verordnung würde im Nachhinein als rechtswidrig erklärt, könnte die Sängerin vor dem Landgericht auf Schadensersatz und Verdienstausfall klagen. Auch für andere, die durch die strittige Verordnung Verdienstausfälle oder sonstige Nachteile hatten, könnte dieses Urteil dann interessant sein, meinte Gerichtssprecher Mittag. Denn die Entscheidung eines Normenkontrollverfahrens würde nicht nur für die Antragsstellerin gelten, sondern für alle.

Drei mögliche Szenarien zum Prozessfortgang

Matthias Mittag skizzierte drei mögliche Szenarien, wie es mit dem Prozess weitergehen könnte: Entweder werde die Klage als unzulässig abgewiesen, der Senat am Oberverwaltungsgericht komme zum Ergebnis, dass die Klage zulässig sei oder es brauche weitere Aufklärung, um diese Frage zu klären. Der Ausgang entscheide, ob es einen weiteren Verhandlungstermin geben wird. Erst dann werde es um die Frage gehen, ob die Corona-Regeln mit dem Recht vereinbar waren, hieß es.

Die strittige Verordnung ist längst nicht mehr in Kraft. Sie war es dem Sprecher zufolge auch nicht mehr, als die Sängerin ihren Antrag stellte, die Coronaschutzverordnung vom 5. November 2021 zu überprüfen. "Normalerweise seien Normenkontrollanträge dafür da, Verordnungen zu überprüfen, die noch in Kraft sind", so Mittag.

MDR (kav, fgl)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN | MDR SACHSENSPIEGEL | 08. Februar 2024 | 19:00 Uhr

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