Religiöses LebenTränen und Trost bei erstem Gottesdienst neben abgebrannter Kirche Großröhrsdorf
Umarmungen, Tränen, Suche nach Trost: Neun Tage nach dem verheerenden Kirchenbrand in Großröhrsdorf hat die Gemeinde am Sonntag erstmals wieder einen Gottesdienst vor Ort gefeiert. Viele Gläubige und Gäste kamen unter freiem Himmel zusammen. Sie vermissen die Kirche, die bis vorige Woche in barocker Pracht ein Stück Heimat für sie bot.
- Rund 150 Besucher kommen zum ersten offiziellen Gottesdienst nach dem Kirchenbrand in Großröhrsdorf.
- Die Festnahme des mutmaßlichen Brandstifters muss die Kirchgemeinde erst verarbeiten.
- Innenminister nach Festnahme: Kultureller Verlust nicht wieder gut zu machen.
Eine Woche nach dem Brand ihrer Kirche hat die evangelisch-lutherische Gemeinde Großröhrsdorf ihren ersten Gottesdienst vor Ort gefeiert. Rund 150 Gläubige und Besucher kamen in den Pfarrhof. Unter freiem Himmel bedankte sich Pfarrer Stefan Schwarzenberg noch einmal bei allen Einsatzkräften der Feuerwehr, des Technischen Hilfswerks und bei den Gemeindemitgliedern. Am vergangenen Sonntag waren sie im Nachbarort zusammengekommen.
Gemeinde schockiert nach Festnahme eines mutmaßlichen Brandstifters
Zum Gottesdienst waren auch Menschen gekommen, die nicht zur Kirchgemeinde Großröhrsdorf-Kleinröhrsdorf gehören. Sie alle seien "ganz bewusst hierher gekommen, weil wir uns hier neue Hilfe erwarten, ein Stück Trost und eine neue Perspektive", sagte Pfarrer Stefan Schwarzenberg zur Begrüßung. Die Nachricht vom Samstag, dass es sich beim Brand am 4. August um Brandstiftung handelte und ein Tatverdächtiger bereits in U-Haft sitzt, müsse in der Gemeinde erst verarbeitet werden.
Die Polizei hatte einen 40 Jahre alten Mann als Tatverdächtigen festgenommen. Er soll die Brandstiftung gestanden haben. Dem mutmaßlichen Brandstifter sei man auch durch Zeugenbefragungen näher gekommen, bis sich schließlich der Fokus auf ihn gerichtet habe. Die Polizei geht von einem einzelnen Täter aus. Wie und warum er das Feuer in der fast 300 Jahre alten Stadtkirche gelegt hat, wird noch ermittelt.
Innenminister Schuster: Herber kultureller Verlust
Nach dem Brand steht an der Lichtenberger Straße nur noch eine Ruine. Die Flammen zerstörten Dachstuhl, Kirchenschiff und einen Teil des knapp 50 Meter hohen Glockenturms. Viele historische Kunstschätze und Architekturteile sind verloren, neben dem Taufstein, der Taufschale, Kanzel, Orgel und den Emporen wurden auch die geschnitzte Madonna aus dem 15. Jahrhundert und eine Nachbildung des Altars der Leipziger Thomaskirche von den Flammen vernichtet. Sachsens Innenminister Armin Schuster (CDU) sagte nach der Festnahme des Mannes, dass der zügige Ermittlungserfolg den herben kulturellen Verlust nicht wieder gut machen könne.
Es ist ein Stück Heimat verloren gegangen. Das tut natürlich weh, vor allen Dingen im Herzen.
Silvana Zosel | Gottesdienstbesucherin
Fragen und unliebsame Überraschungen
Wie es mit der Kirche und mit dem, was davon übrig blieb, weiter geht, ist weiter offen. Auf unliebsame Überraschung sollte sich die Kirchgemeinde einstellen, sagt Pfarrer Christoph Weber aus Thalheim im Erzgebirge. Vor 23 Jahren war seine Dorfkirche in Rathendorf bei Geithain abgebrannt und wieder aufgebaut worden. Er weiß: "Beim Wegräumen wird das ganze Ausmaß der Schäden zum Vorschein kommen. Darauf muss man gefasst sein." Im Interview mit MDR SACHSEN wünschte er den Großröhrsdorfern Mut, mehrere Varianten für einen möglichen Wiederaufbau zu diskutieren.
MDR (kk)/dpa
Dieses Thema im Programm:MDR SACHSEN | SACHSENSPIEGEL | 13. August 2023 | 19:00 Uhr